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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Obstagium - Obstbau
allen Obstsorten nur in ganz geringer Menge ent-
halten. Die stickstofffreien Extraktstoffe bestehen haupt-
sächlich aus Pektin. Stärke und Fett kommen in
frischem O. in ganz geringen, kaum nachweisbaren
Quantitäten vor, dagegen enthalten die zu den Süd-
früchten gehörenden Bananen sowie die Brotfrucht
Stärkemehl und die Oliven Fett in größerer Menge.
Das Aroma des O. wird durch den höhern oder ge-
ringern Grad des während des Neifens der Früchte
sich bildenden Fruchtäthers (s. d.) bedingt. Der
fettige Glanz und der reifartige Überzug der Ober-
haut mancher Sorten besteht aus Wachs. Die chem.
Bestandteile der drei wichtigsten Obstartcn in Pro-
zenten sind folgende:

off





Obstsorten

tickst


R'3 2






w Z


Äpfel, frisch ....
84,8
0,4
__
7,2
5,6
1,5
0,5
Birnen, frisch . . .
83,0
0,4

8,3
3,7
4,3
0,.".
Pflaumen, frisch . .
81,2
0,8

6,1
5,8
5,4
0,7
Äpfel, gedörrt . . .
27,9
1,3
0,8
42,8
20,5
4,9
1,"'.
Birnen, gedörrt . .
29,4
2,1
0,3
29,1
30,5
6,9
1,7
Pflaumen, gedörrt .
29,^
2,4
0,5
44,3
20,6
1,5
1,4
An Nährstoffen enthält je 1 kF frische Apfel 148,
Birnen 140, Pflaumen 159: gedörrte Apfel 723,
Birnen 710, Pflaumen 784 Werteinheiten. Wegen
des sehr hohen Wassergehaltes und des sehr geringen
Stickstoffgehaltes des frifchen O. wird es meist nur als
Genuhmittel und nur das Dörrobst als Nahrungs-
mittel angesehen. Doch werden die im Obstsaste auf-
gelösten Nährstoffe leichter und fchneller verdaut und
ins Blut übergeführt als die vieler anderer sehr stick-
stossreicher Nahrungsmittel. - Vgl. E. Lucas, Ein-
leitung in das Studium derPomologie(Stuttg.1878)'.
ders., Leitfaden für angehende Pomologen lebd.1879);
Stoll, Osterr.-ungar. Pomologie (4 Bde., Kloster-
neuburg 1883-84); Oberdieck, Deutschlands beste
Obstsorten (Lpz.1881); Lauche, Deutsche Pomologie
i2.Ausg., 6 Bde., Verl. 1887); Kittel, Die wertvoll-
sten Obstsorten Deutschlands (Düsseld. 1896).
Obstaglum (mittellat.), soviel wie Einlaqer.
Qbstakel llat.), Hindernis.
Obstbau, die Kultur des Obstes (s. d.). Sie wird
in ganz Europa und in andern Weltteilen eifrigst be-
trieben, jedoch find die Obstarten sehr verschieden.
Während die eigentlichen Obstarten im subtropi-
schen Klima schon den Südfrüchten weichen, ist ihre
Auswahl im Norden auf das härteste Becrenobst
beschränkt. In Mitteleuropa unterscheidet man
vier Haupt-Obstregionen: 1) die Weingegend,
wo alle unsere Obstarten freistehend und im Winter
ungedeckt gedeihen; 2) die Weizengegend, wo
die schwerreifenden Sorten die bessern Lagen bean-
spruchen und Feigen sowie Pfirsichen im Winter
gedeckt werden müssen; 3) die Korngegend, die
Gegend der Apfel, Birnen, Kirschen und Pflaumen;
Wein gedeiht hier nur an Südmauern, Pfirsich nur
am Spalier, Aprikosen in sehr geschützten Lagen an
Dochstämmen, Maronen nur in warmer Lage an
Anhöhen; Wein, Pfirsich und Aprikose müssen im
Winter gedeckt werden, die Feigen erfrieren schon
unter der Decke; 4) die .Hafergegend, die Gegend
des Veerenobstes außer Wein und Maulbeere; hier
gedeihen nur härtere Sorten des Kernobstes in bes-
sern Lagen. An der Hebung des O. arbeiten viele
Vereine, Staats- und Privatinstitute sowie bedeu-
tende Obstbaumschulen, so für Deutschland in
Berlin, Trier, Stuttgart. Durch ausgedehnten O.
in Norddeutschland sind die Gemarkungen Werder
und Guben, sowie das ?Alte Land" bei Hamburg
bekannt; in Sachsen, Thüringen und besonders
in Eüddeutschland wird viel und gutes Obst ge-
baut; trotzdem deckt die Durchschnittsernte den
Bedarf an Obst in Deutschland noch lange nicht.
Nicht jede Lage und nicht jeder Boden ist für
O. geeignet; auf ungünstigem Terrain kostet die
Unterhaltung einer Obstplantage stets mehr als sie
einbringt. Für unsere wichtigsten Obstbäume
(Apfel, Birnen, Kirschen und Pflaumen) gelten fol-
gende Regeln: der beste Boden ist ein nicht zu trock-
ner, lehmiger Sandboden, der nicht zu flachkrumig
ist und nicht an Grundwasser leidet; alle gegen Süd,
West und Ost sanft abfallenden Lagen sind günstig,
zumal wenn sie im Nord und Ost von Wasserflächen
begrenzt sind; ebenso gehören Inseln, soweit diesel-
ben nicht überschwemmt werden oder an dem hohen
Grundwasserstand zu leiden haben, zu den besten
Obstlagen, dagegen sind Gegenden, die von Nacht-
frösten zu leiden haben, insbesondere tief gelegene
Thäler und Schluchten, für O. nicht geeignet. Äuf
Moor- und Torfboden gedeiht kein Obstbaum; nas-
ser Boden kann durch Drainage, magerer durch tie-
fes Rigolen und Mischen mit Kompost, Bauschutt,
Mergel und Dung verbessert werden.
Von größter Bedeutung für das Gedeihen des
Obstes ist die Auswahl der Obstsorten; für den all-
gemeinen Anbau in Deutschland empfehlenswerte
Obstsorten giebt es nur sehr wenig; von Äpfeln:
Charlamowsky, Prinzenapfel, Winter-Gold-Par-
mäne; von Birnen: Williams Christbirne, Gute
Louise von Avranches, Napoleons Butterbirne;
von Pflaumen: die Hauszwetsche und große grüne
Reineclaude; von Kirschen: die große schwarze Knor-
pelkirsche und rote Maikirsche. Man beschränke
sich auf eine kleine Auswahl Sorten und pflanze
nicht zu dicht an; für die größern und breit wachsen-
den Obstbäume giebt man 12 in Abstand, für Bir-
nen 10 in, für (Sauerkirschen und Pflaumen 7 in;
fürZwergobst: Pyramiden 3-5 in, Spindeln 1^ m,
Cordons 2-3 m, Spaliere je nach räumlicher Aus-
dehnung der vorgezeichneten Form ^ - 4 m. -
Über weitere Behandlung s. Obstbaumpflege.
Geschichtliches. Der O. wurde bereits von den
Griechen und Römern betrieben und von letztern
wurden die bessern Obstsorten nach Gallien und
Germanien eingeführt und dort das Pfroysen ge-
lehrt. Eifrige Förderer waren dann die Mönche,
besonders die Benediktiner. Eine größere Ausdeh-
nung gewann der deutsche O. zuerst in Schwaben
durch die Verwendung des Obstes zu Cider. Viel
schneller und allgemeiner hatte sich der O. in Frank-
reich entwickelt, wozu die Kartäusermönche viel bei-
trugen. Bis vor 50 Jahren wurde fast der gesamte
Bedarf Deutfchlands an bessern Obstbäumen von
Frankreich gedeckt, das auch die erste Litteratur über
O. erzeugte. Erst im 19. Jahrh, erschienen gründ-
liche deutsche Arbeiten wie die von Diel, Dittrich,
Lucas, Iahn, Oberdieck, Lauche u. a. Der Bezug
guter Obstbäume in Deutschland wurde zuerst durch
Errichtung von Staats- und Provinzial-Obstbaum-
schulen erleichtert. Zugleich wurden verschiedene
staatliche und private Lehranstalten für Pomologen
gegründet (s. Gartenbauschulcn). Am meisten ge-
wann aber der O. durch den 1866 in Berlin ge-
gründeten Deutschen Pomologenverein, der durch
i'ein Vereinsorgan "Pomolog. Monatshefte" und
rurch seine alle 3 Jahre abwechselnd in Süd- und