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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Obstkraut - Obstverwertung

Obstkraut, s. Obstverwertung.

Obstkunde, s. Pomologie.

Obstmaden, kleine Schmetterlingsraupen, die während ihrer Entwicklung in den Früchten verschiedener Obstarten leben und sich vom Obstfleisch oder von den unreifen Samen nähren. Sie stammen von Wicklern (s. d.), die ihre Eier einzeln an die unreifen Früchte oder in die Blüten legen, in die sich die ausschlüpfenden Raupen einbohren. Hauptsächlich sind es die Raupen des Apfelwicklers (Tortrix pomonana L.) und des Pflaumenwicklers (Tortrix funebrana Tr.), erstere an Kernobstfrüchten (Äpfeln, Birnen), letztere an Aprikosen und Pflaumen. Ende Juli verlassen die ausgewachsenen Raupen die Früchte, um sich ein Winterquartier zu suchen; die des Apfelwicklers verkriechen sich hinter die Rindenschuppen des Stammes, die der andern Art bohren sich in die Erde, um sich beide im Frühjahr zu verpuppen. Sofortiges Sammeln und Vernichten des herabgefallenen wurmstichigen Obstes, das Abkratzen der Baumrinde und Umgraben der Baumscheiben im Winter oder Frühjahr schützt vor Überhandnahme der Insekten.

Obstmost, soviel wie Cider (s. d.).

Obstmus, Obstpasten, s. Obstverwertung.

Obstruentia (lat.), verstopfende Heilmittel.

Obstruktion (lat.), Hemmung, Widerstand; medizinisch, s. Stuhlverstopfung; in polit. Beziehung, s. Obstruktionisten.

Obstruktionisten (vom lat. obstruere, hindern), Bezeichnung für diejenigen irischen Parlamentsmitglieder, mit Parnell an der Spitze, die seit 1879 ihre Machtlosigkeit gegenüber der gegnerischen Mehrheit dadurch wett zu machen suchten, daß sie systematisch mit allen Mitteln, namentlich durch endlose Verlängerung der Debatten, eine geordnete Geschäftsführung im Unterhaus zu verhindern strebten. Dies Vorgehen hatte eine Reihe höchst peinlicher Vorfälle im Gefolge, bis man sich zu einer gründlichen Änderung der Geschäftsordnung entschloß, die den O. weitere Versuche unmöglich machte. Das Beispiel der O. hat übrigens mehrfach Nachahmung gefunden, namentlich auch bei den Tories, die Gladstones Home-Rule-Bill durch Obstruktion zu Fall zu bringen suchten, worauf er dasselbe Mittel wie 1887 gegen die Parnelliten anwandte. Auch in den Vereinigten Staaten von Amerika haben die Gegner der Aufhebung des Shermanschen Silbergesetzes (1893) diese Maßregel durch Obstruktion zu Falle bringen wollen.

Obstsenf, s. Obstverwertung.

Obsttreiberei, s. Treiben der Pflanzen.

Obstverwertung, Haltbarmachung der Produkte des Obstbaues (s. d.), Reduzierung ihres Umfangs und Gewichts und Erhöhung ihres Wertes. Es kann dieses erreicht werden durch Einkochen des Obstes, durch Dörren und Weinbereitung; dazu kommt die Branntwein- und Essigbereitung.

1) Einkochen. Man kocht entweder die reinen Obstsäfte oder die mit den feinern Fleischteilen vermischten Obstfäfte zu einer liqueur-sirupartigen (Marmelade) oder noch festern (pastenartigen) Masse ein unter größerm oder geringerm Zuckerzusatz; je dichter die Säfte eingekocht werden, desto weniger Zuckerzusatz ist zur Haltbarmachung des Produktes erforderlich. Obstmus enthält stets die feinern Fleischteile, Pflaumenmus sogar die Haut der Früchte; Obstkraut, insbesondere Apfelkraut, wird bereitet aus dem ausgepreßten Saft vorher gekochter

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Früchte; der Saft wird unter Zuthat von Zucker bis zur Sirupdicke eingekocht; den Zucker pflegt man aber vielfach durch den Saft der Zuckerrunkelrübe zu ersetzen, indem man dem Apfelsaft eine gleichgroße Menge Rübensaft zusetzt und dieses zusammen einkocht. Gelee ist aus gekochten Früchten abgelaufener oder mit ganz gelindem Druck gepreßter, zur Hälfte mit Zucker versetzter, durch Kochen zu einer gallertartigen Masse eingekochter Fruchtsaft. Gehölz oder Latwerge, ein in Süddeutschland beliebtes Produkt, wird in ähnlicher Weise wie das Kraut, jedoch zu gleichen Teilen aus Äpfel- und Birnensaft hergestellt. Obstsenf, ebenfalls in Süddeutschland als Zuthat zu Rindfleisch verwendet, besteht aus gekochtem Apfelmost mit Senfmehlzusatz. Obstpasten, gekochtes, durch ein Sieb geschlagenes, mit einem Zuckerzusatz versehenes, stark eingedicktes und in tafelförmige Stücke getrocknetes Fruchtmark, hält sich sehr lange und wird durch Aufkochen in ein wohlschmeckendes Kompott verwandelt. Früchtenbrot ist ein den Pasten ähnliches, nur mit stärkerm Zuckerzusatz versehenes, als Konfekt gegessenes Produkt der Tiroler Konservenfabriken. Kandierte Früchte, in einer Zuckerumhüllung getrocknete, als Konfekt gegessene Obstsorten mit weichem saftigem Fruchtfleisch. Obstkonserven (eingemachtes Obst) sind in einer Zuckerlösung eingekochte, in verschlossenen Blechbüchsen oder Gläsern aufbewahrte Früchte. Senfobst ist eine in ähnlicher Weise hergestellte, nur mit einem Zusätze von Senfmehl versehene, in Österreich beliebte Obstkonserve. Rumtopfobst, verschiedene mit einem gleich schweren Zuckerzusatze in einem halb mit Rum gefüllten Topf oder Glas konservierte saftige Früchte, die als Kompott gegessen werden.

Zu den Obstkonserven können nur halbreife, sorgfältig gepflückte, tadellose Früchte verwendet werden. Obstsäfte werden in gut verschlossenen Flaschen wie Wein, aber stehend im Keller aufbewahrt, Obstmus und Kraut in Steintöpfen, die mit Pergamentpapier fest verschlossen werden, Obstpasten, in nicht zu große Stücke zerschnitten, in Kistchen.

2) Darren (Dörren). Das Darren des Obstes geschieht in Deutschland vielfach noch im Backofen (Backobst), man erzielt dabei aber nur schlechtes Dörrobst. Geeigneter sind Dörrapparate (Obstdarren). Bevor das Obst in den Apparat gebracht wird, muß es dazu vorbereitet werden; das Schälen und Zerschneiden der Apfel geschieht meist mit Maschinen. Birnen werden mit der Hand geschält, ganz oder in Vierteln gedörrt. Da das Kernobst nach dem Schälen sehr bald eine bräunliche Färbung annimmt, wird es durch Schwefeln gebleicht, oder sofort nach dem Zerschneiden in lauwarmes Salzwasser (25-30 g Salz per Liter Wasser) gelegt; hierdurch wird die weiße Farbe des Obstes recht gut erhalten. Steinobst wird teilweise entkörnt, teils mit den Steinen gedörrt, Pfirsiche werden mit der Maschine geschält. Ein natürliches Aussehen behalten die unentkernten Steinobstfrüchte durch ein Bad in lauwarmem Alaunwasser (2 g Alaun auf 1 l Wasser). Pflaumen giebt man nach dem Dörren ein zweites Bad in Zuckerwasser, worauf sie im Dörrschacht wieder abtrocknen müssen. Das Dörrobst wird in wohlverschlossenen Kistchen aufbewahrt und muß namentlich gegen Ablagerung von Insekteneiern geschützt werden.

3) Weinbereitung. Obstwein kann aus allen Kernobst-, Stein- und Beerenobstarten bereitet wer-