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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Öchelhäuser - Ochrida
^chelhäuser, Wilhelm, Industrieller, Politiker
und Shakespeareforscher, geb. 20. Aug. 1820 in
Siegen, tratmit14Jahren als Lehrling indiePapier-
sabrik seines Vaters, des Erfinders des Strohpapier-
Maschinensystems, bereiste 1844 und 1845 im Auf-
trag des preus;. Finanzministeriums England und
Frankreich znm Studium der dortigen Papierfabri-
kation, trat 1848 als Ministerialsekretär ins Reicks-
handelsministerium, wurde dann Ministerialassessor
und war 1851 Mitglied der zollvereiusländischen
VerichterstattumMommission zur ersten Londoner
Weltausstellung. 1852 wurde er zum Bürgermeister
von Mülheim a. d.Ruhr gewählt und vertrat 1852
-53 die Kreise Duisburg und Rees im preuß.
Abgeordnetendause. 1856 trat er in die Dcssaner
Deutsche Kontinental-Gas-Gesellschaft ein, deren
Leituug er 1857-90 führte. 1874 wurde er von
Preußen zum Geh. Kommerzienrat ernannt, 188!)
geadelt, verzichtete aber für seine Person auf die
Führung des Adelstitels. 1893 ernannte ihn dic
Universität Erlangen zum Ehrendoktor der Philo-
sophie. 1878-93 war O. als Vertreter des zwei-
ten anhält. Wahlkreises Mitglied des Dentschen
Reichstags, wo er der nationailibcralen Partei an-
gehörte. Von seinen Schriften seien qenannt: "Die
wirtschaftliche Krisis" (Berl. 1870), "Die Nachteile
des Aktienwesens und die Reform der Aktiengesetz-
gebung" (ebd. 1878), "Die Tarifreform von 1879"
(ebd. 1880), "Die Arbeiterfrage" (ebd. 1886), "Die
socialen Aufgaben der Arbeitgeber" (2. Aufl., ebd.
1887), "Sociale Tagesfragen" (2. Aufl., ebd. 1889).
Auf dem Gebiete der Shakespcareforschung gab er
die Anregung zur Gründung der Deutschen Shake-
speare-Gesellschaft, deren Präsident er gegenwärtig
ist, leitete nur Ulrici und von Friesen die von die-
ser Gesellschaft veranstaltete Shakespeareansgabe,
lieferte eine vollständige Bühnenbearbeitnng sämt-
licher zur Aufführung geeigneter 27 Dramen Shakc-
fpeares und eine Volksausgabe der Echlegel-Ticck-
schen Shakespeareübersetzuna. (14. Aufl., Stuttg.
1894) und veröffentlichte "Einführungen in Shake-
speares Vühnendramen und Charakteristik sämt-
licher Rollen" (3. Aufl., Mind. 1894) und "Shakc-
speareana" (Berl. 1894). Er schrieb noch "Erinne-
rungen aus den 1.1848-50" (Berl. 1892).
Öchcr, Mineral, s. Ocker.
vokstus, auch I1oc6w8 (ital. occkoNo), in der
mehrstimmigen Musik der ersten Vokalperiode eine
in sehr künstlicher Schreibart gehaltene Satzform,
bei der die beteiligten Stimmen einander schnell im
Pausieren abzulösen hatten. Der 0. ist eine der
ältesten Formen des Vi3c^ntu8 und kommt noch im
14. Jahrh. vor. Die sprachliche Herkunft des Wortes
ist unentschieden.
Ochil Hills (spr. oktt), 40 km lange Gebirgs-
kette im S. der schott. Grafschaft Perth, erstreckt
sich vom Forth-River gegenüber von Stirling bis
in die Nähe der Mündung des Earn-Niver in den
Firth of Tay, bietet vortreffliche Schafweiden und
enthält etwas Kohlen, Kupfer, Eisen und Silber.
Die höchsten Gipfel sind der Ben Cleuch (720 m)
und der King's Seat (643 m).
Ochino (spr. okihno), Vernardino, ital. Refor-
mator, geb. 1487 zu Siena in Toscana, war erst
Franziskaner, dann seit 1534 Kapuziner, wurde
Beichtvater Papst Pauls III. und zweimal, 1538 und
1541, Kapuzinergeneral. Da er immer offener die
Lehre von der Rechtfertigung durch den Glauben
vortrug, wurde er 1542 nach Rom geladen, ließ sich
aber auf dem Wege dorthin in Florenz von Peter
Martyr Vermigli zur Flucht bereden und kam 1543
nach Genf, wo er den ital. Flüchtlingen predigte. Er
ging 1545 nach Basel und von da nach Augsburg
als Prediger der Flüchtlingsgemeinde bei St. Anna.
Durch Karls V. Armee 1547 verscheucht, wurde er
in London Prediger seiner flüchtigen Landsleute.
Nach Marias Thronbesteigung ging er 1553 nach
Straßburg und Genf, 1554 nach Basel und wurde
1555 Prediger der Locarner Flüchtlingsgemeinde
in Zürich, von wo er 1563 wegen seiner Hinneigung
zum Socinianismus und seiner Verteidigung der
Polygamie verbannt wnrde. Er wandte sich dann
nach Nürnberg und später nach Krakau. Von hier
verwiesm, erkrankte er und starb 1566 zu Scklackau
in Mähren. - Vgl. Benrath, Bernardino O. von
Siena (Lpz. 1875; 2. Aufl., Braunschw. 1892).
Ochlokratie (grch.), Massen- oder Pöbelherr-
schaft, eine Entartuug der demokratischen Staats-
form, bei der die niedern, besitzlosen Klassen die
staatliche Herrschaft innehaben.
Ochötfk. 1) Bezirk im mittlern Teil des russ.-
sibir. Küstengebietes, sehr gebirgig und waldreich,
zwischen dem Ochotskischen Meer und dem Stanowoj-
gebirge, hat 180 226 hkin; Fischfang, Jagd, Nenn-
tierzucht. Die Bewohner sind meist Tungusen, Kor-
jaken und Jakuten. - 2) Bezirks- und Hafenstadt
im Bezirk O., unter 59° 21' nördl. Br., am Nord-
ufer des Ochotstischen Meers, an einer Bucht, die
durch den Zusammenfluß der Ochota und Kuchtuja
gebildet wird, hat (1885) 200 E. O. wurde 1716
Hafenstadt und hatte Bedeutung, bis 1844 die russ.-
amerik. Compagnie für Fischerei und Pelzhandel
nach Ajan übertragen wnrde.
Ochotskisches Meer, auch Tun gusisch es
Meer oder Lamutisches Meer, Golf des Gro-
ßen Oceans, 2460 km lang, 1275 Kni breit, mit
764311 hwn Oberfläche, wird gebildet von der
Halbmfel Kamtschatka, dem übrigen russ.-sibir.
Küstengebiet (bis zur Münduug des Amur), den
Inseln Sachalin, Iesso und den Kurilen. Mit dem
Japanischen Meer ist cs verbunden durch den Ta-
targolf und die Lape'ronsestraße, mit dem Großen
Ocean durch eine Reihe von Straften, die zwischen
den Kurileninseln hindurch führen. Das O. M. hat
viele tief einschneidende Baien, im N. die Penschiw
ginsche, Gishiginsche und Tauische Bai; im SW.,
den Schantarinseln gegenüber, die Uo-, Tugur- und
Akademiebai (Ulbanbai); im SO. an der Südküstc
Sachalins die Terpenija- und die Aniwabai. Die
Küsten sind gröfttenteils steil und gebirgig, durchweg
unwirtlich, von November bis April, zuweilen sogar
bis Anfang Juli mit Eis bedeckt, während das
übrige Gewässer eisfrei bleibt. Nebel sind sehr
häufig und andauernd, Stürme wehen im Winter
vom Lande, im Sommer vom Meere her und brin-
gen dichte Nebel und Staubregen. Das Meer ist
reich an Seetang (53) und Mollusken (70 Arten);
Walfischfang betreiben feit 1847 die Amerikaner.
Ookrea., die Vlatttntc, s. Blatt. I> Para.
Ochr el-Gersch, in Ägypten ^o des Piasters,
Ochrida (slaw. Ockriä, grch. ^eki-iäa, türk.
Ocbri), Stadt im türk. Wilajet Monastir in Alba-
nien, an dem 269 hkni großen, 690 iu ü. d. M. ge-
legenen See von O. (im Altertum I^cu3 I^cli-
nitiä), am Fuß einer steilen Bergkette, an der nach
Saloniki führenden Heerstraße (Via I^natia. der
Römer), in fruchtbarer Gegend, Residenz eines dem
bulgar. Exarchat in Konstantinopel untergeordneten