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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Ohrenmaki – Öhringen

dem gefährlichen Durchbruch des Eiters nach der Schädelhöhle vorzubeugen, eine operative Eröffnung des Warzenfortsatzes dringend angezeigt, damit dem angesammelten Eiter und den nekrotischen Knochenteilchen ein Weg nach außen gebahnt wird.

7) Die nervöse Schwerhörigkeit und nervöse Taubheit, welche auf Erkrankungen des innern Ohrs oder Labyrinths oder des Gehörnervs oder seiner Ursprungsstelle im Gehirn beruhen, entstehen am häufigsten nach andauernder Überreizung der Gehörnerven, nach heftigen Erschütterungen des Ohrs und starken Gemütsbewegungen, mitunter auch nach schweren fieberhaften Krankheiten, nach der Anwendung von großen Gaben Chinin und Salicylsäure sowie im Verlauf mancher chronischer Nervenleiden (Hypochondrie, Hysterie). Mitunter leistet gegen dieses Leiden die Anwendung des galvanischen Stroms gute Dienste. Manche Erkrankungen des Hörnervenapparats sind mit einem eigentümlichen, zuerst von dem franz. Arzt Menière beschriebenen Symptomenkomplex, bestehend aus Ohrensausen, Schwindel, Erbrechen und Unsicherheit des Ganges, verbunden. (S. Menièresche Krankheit.)

Litteratur. Hagen, Das Ohr und seine Pflege im gesunden und kranken Zustande (Lpz. 1872); Erhard, Vorträge über die Krankheiten des Ohrs (ebd. 1875); von Tröltsch, Lehrbuch der Ohrenheilkunde (7. Aufl., ebd. 1881); Politzer, Lehrbuch der Ohrenheilkunde (3. Aufl., Stuttg. 1893); Schwartze, Lehrbuch der chirurg. Krankheiten des Ohrs (ebd. 1885); Urbantschitsch, Lehrbuch der Ohrenheilkunde (3. Aufl., Wien 1890); Bing, Vorlesungen über Ohrenheilkunde (ebd. 1890); Cozzolino, Hygieine des Ohrs (deutsch von Fink, Hamb. 1891); Handbuch der Ohrenheilkunde, hg. von Schwartze (2 Bde., Lpz. 1892‒93); Jacobson, Lehrbuch der Ohrenheilkunde (ebd. 1893).

Ohrenmaki, Galago (Otolicnus), Name niedlicher Halbaffen von der Größe einer Haselmaus bis zu derjenigen eines Eichhörnchens, die sich besonders durch ihre großen nackten Ohren, den gedrungenen Körperbau, die langen Hintergliedmaßen mit verlängerten Fußgelenken und den langen buschigen Schwanz auszeichnen. An allen vier Händen ist stets der zweite Finger mit einer Kralle bewaffnet, während die andern Fingernägel platt sind. Die Weibchen haben ausnahmsweise sechs Zitzen, schleppen aber doch nur ein Junges mit sich herum. Es sind nächtliche Tiere, die tagsüber auf Bäumen und Büschen schlafen, wobei sie das Ohr durch Falten der großen Ohrmuschel gänzlich verschließen können, nachts aber nach Nahrung ausgehen, die besonders aus Insekten, Eiern, kleinen Vögelchen, süßen Pflanzensäften und Früchten besteht. Sie klettern und springen gut, aber bedächtig, sind munter und lebhaft und lassen sich leicht zähmen. Man kennt mehrere Arten, die alle im tropischen Afrika leben. (S. Halbaffen.) Die bekannteste Art (Otolicnus Galago Wagler, s. Tafel: Halbaffen Ⅰ, Fig. 3) hat eine Körperlänge von 16 und eine Schwanzlänge von 23 cm. Die Ohren sind fleischfarben, so lang wie der Kopf und oval zugespitzt. Der Schwanz ist am Ende buschig, der weiche Pelz ist bei Exemplaren vom Senegal oben mattgrau, der Schwanz rötlich, die Unterseite weißlich; bei solchen von Kordofan ist er oben silbergrau mit rötlichem Anfluge an Hals und Kopf; bei mozambiquanischen erscheint er dunkler, die Rückenhaare sind an der Wurzel schwarz und gehen oben ins Graubraune über, die Unterseite ist weißlichgrau. Er bewohnt das ganze waldige Afrika südlich von der Sahara bis zum Kap. In Tiergärten gelangt er nur selten und findet, da er den ganzen Tag schlafend verbringt, nur selten Freunde. Sein Preis schwankt um 50 M. Als Futter erhält er Mehlwürmer, Ei, Eierbrot und Früchte.

Ohrenpillen (von Pinter), s. Geheimmittel.

Ohrenprobe oder Paukenhöhlenprobe, Untersuchung der Paukenhöhle eines toten neugeborenen Kindes, um aus der Beschaffenheit derselben zu bestimmen, ob das Kind bereits geatmet habe oder tot geboren sei.

Ohrenrobbe, s. Seehunde.

Ohrensausen, s. Ohrentönen.

Ohrenschmalz, s. Gehör.

Ohrenschmerzen, s. Otalgie.

Ohrenschwindel, s. Gehör und Schwindel.

Ohrenspiegel, s. Ohrenkrankheiten.

Ohrentönen oder Ohrensausen, subjektive Gehörsempfindungen, welche infolge einer abnormen Erregung des Hörnervs als Sausen, Klingen, Brausen, Klopfen, Zischen, Brummen, Knacken u. dgl. empfunden werden. Die häufigsten Ursachen des O. sind widernatürliche Erregbarkeit des Hirns, Abnormitäten des Blutlaufs im Gehirn und innern Ohr, Ermüdung und Schwäche des Gehörapparats (bei Blutarmut, gastrischen Zuständen, erschöpfenden Krankheiten), heftige Erschütterungen des Ohrs, große Gaben von Chinin und Salicylsäure; außerdem ist das O. ein sehr lästiges Symptom vieler Ohrenkrankheiten (s. d.). Die Behandlung erfordert die Beseitigung des ursächlichen Grundübels; man hüte sich vor den zahlreichen gegen O. empfohlenen Geheimmitteln.

Ohrenzwang, s. Otalgie.

Ohreulen, s. Eulen (Raubvögel).

Ohrfasan, s. Fasanen.

Ohrhund (Otocyon caffer s. Megalotis Lichtst., s. Tafel: Wilde Hunde und Hyänen Ⅱ, Fig. 5, Bd. 9, S. 427), Großohrfuchs, Kaffer, eine 0,60 m lange Art der Hunde (s. d.) mit 0,30 m langem, buschigem Schwänze und großen, aufrecht stehenden Ohren, von gelbgrauer, unten hellerer Farbe, mit schwarzem Nasenrücken und schwarzen Ohrenspitzen. Bewohnt Süd- und Ostafrika. Er ist erst in den letzten Jahren lebend nach Europa gebracht worden, steht hoch im Preise (200 M. das Stück) und hält sich bei wechselreichem Futter (Fleisch verschiedener Art, Geflügel, Mehlwürmer, Früchte) leicht.

Öhringen (Oehringen). 1) Oberamt im württemb. Jagstkreis, hat 357,69 qkm, 1890: 31072, 1895: 29521 (14642 männl., 14879 weibl. E. in 5 Städten und 38 Landgemeinden. Das Oberamt umschließt mit Ausnahme eines Teils der ehemals dem Kloster Schönthal und den Freiherren von Berlichingen gehörigen Güter nur Hohenlohische Besitzungen, insbesondere die Standesherrschaft Ö. des Fürsten von Hohenlohe-Öhringen (s. d.). – 2) Oberamtsstadt im Oberamt Ö., am Kocherzufluß Ohrn und an der Linie Heilbronn-Crailsheim (Kocherbahn) der Württemb. Staatsbahnen, Sitz des Oberamtes, eines Amtsgerichts (Landgericht Hall) und einer fürstl. Domänenverwaltung, hatte 1890: 3914 E., darunter 161 Katholiken und 171 Israeliten, 1895: 3554 E., Post, Telegraph, ein 1547 gestiftetes Lyceum, Stiftskirche (15. Jahrh.) mit Fürstengruft und interessanten Grabdenkmälern, fürstl. Residenzschloß mit Anlagen und großartigen