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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Ohrkatheter – Oidipus

Kellern (Weinhandel), Rathaus mit renoviertem Saale, Mädchenschule, Oberamtssparkasse, Sparvereinskasse, Bank für Gewerbe und Landwirtschaft; Fabrikation von Schulbänken und landwirtschaftlichen Maschinen, Brauerei, Landwirtschaft, bedeutenden Weinbau und Schafmärkte. In der Nähe das fürstl. Jagdschloß Friedrichsruhe. Nicht weit östlich von der Stadt lief der röm. Grenzwall vorüber, und nördlich von ihr, auf der sog. Bürg, stand eine röm. Niederlassung. Unter den aufgefundenen Inschriften geben zwei Vicus Aurelii als Namen des röm. Ortes an. Historisch bekannt ist die Stadt durch die Union der Protestanten 1603. 1806 kam Ö. an Württemberg. – Vgl. Keller, Vicus Aurelii oder A. zur Zeit der Römer (Bonn 1872).

Ohrkatheter, s. Ohrenkrankheiten.

Ohrklappe, s. Gehör.

Ohrknoten (Ganglion oticum), s. Ganglien.

Ohrkrempe, Ohrläppchen, Ohrleiste, s. Gehör.

Öhrling, s. Ohrwürmer.

Ohrmazd, pers. Könige, s. Hormizd.

Ohrmuschel, s. Gehör.

Ohrpolypen, s. Ohrenkrankheiten.

Ohrringe, ein seit uralter Zeit vorkommender Schmuckgegenstand. Bei den alten Ägyptern waren sie scheiben- oder radförmig, oder bildeten Gehänge; in Vorderasien (2 Mos. 32, 2) ebenso wie an den griech. Stätten der mykenischen Kultur erscheinen sie, oft mit Metallblechen, Steinen, Korallen u. s. w. ausgestattet, schon sehr früh als beliebte Frauenzierde, bei einzelnen Völkern auch für beide Geschlechter, so auch bei den Mesopotamiern (Assyrern und Babyloniern) und den Persern, wo sie im Grabe des Cyrus gefunden wurden. Ihre Gestalt war ringförmig. Die griech. Frauen liebten die tropfenförmigen Ohrgehänge noch besonders mit Anhängseln von Perlen, Gold- und Silberblechen zu versehen, während die Etrusker diesen Schmuck besonders reich und geistvoll ausbildeten. In Rom erreichte der Ohrenschmuck die höchste Kostbarkeit durch auserlesen große Perlen, oft von sehr hohem Werte. Für die Germanen ist der Ohrenzierat durch Gräberfunde, Draht- und Schildohrringe von Bronze, später auch durch Gehänge aus Edelmetall bezeugt. Die Sitte blieb bis beute bestehen. Hier und da, namentlich am Hofe Heinrichs Ⅲ. von Frankreich, trugen auch die Männer O., zumal sich an das Tragen der O. der Glaube knüpfte, daß es Augenkrankheiten verhindere, eine Meinung, die heute noch, obwohl gänzlich unbegründet, bei den niedern Ständen verbreitet ist. Die Ohrenpflöcke südamerik., occanischer und afrik. Völker, welche die Ohrlappen oft in monströser Weise verunstalten, sind als Ersatz der O. anzusehen.

Ohrspeicheldrüse (Glandula parotis, s. Tafel: Mund- und Nasenhöhle des Menschen, Fig. 1, beim Artikel Mund), die größte von den Mundspeicheldrüsen, liegt zu beiden Seiten des Gesichts vor und unter dem Ohr, vom Unterkieferwinkel bis zum Jochbogen reichend, ist von platter, unregelmäßig dreieckiger Gestalt und besitzt einen dickwandigen Ausführungsgang (ductus Stenonianus), welcher am vordern Rande des Kaumuskels den Backenmuskel und die Backenschleimhaut durchbohrt und gegenüber dem ersten oder zweiten Backzahn in die Mundhöhle mündet. Die O. dient neben der Unterkieferdrüse (Glandula submaxillaris, s. dieselbe Tafel und Figur) und der Unterzungenspeicheldrüse (Glandula sublingualis, s. dieselbe Tafel und Figur) der Absonderung des Speichels (s. d.). Über ihre entzündlichen Anschwellungen (Parotitis) s. Bauerwetzel.

Ohrtrichter, s. Ohrenkrankheiten.

Ohrtrompete, Eustachische Röhre, s. Gehör und Tafel: Mund- und Nasenhöhle des Menschen, Fig. 2.

Ohrwurm, s. Ohrwürmer. Bei Hunden nennt man O. eine Entzündung des äußern und mittlern Ohrs mit Absonderung eines schmierigen, äußerst übelriechenden Sekrets an diesen Teilen. Beim O. schütteln die Tiere (besonders langohrige Hunde werden davon befallen) fast ununterbrochen mit dem Kopfe. Behandlung: Reinigung des Gehörganges mit Watte und Salicylspiritus, Einstreuen austrocknender Pulver und Hochbinden der Ohren.

Ohrwürmer (Forficulidae), eine Familie der eigentlichen Geradflügler (s. d.), mit einer Zange am Ende des Hinterleibes, sehr kurzen Flügeldecken und längs und quer gefalteten Hinterflügeln. Es sind nächtliche Tiere, die sich gern in Höhlungen verkriechen, keineswegs aber die Ohröffnungen des Menschen suchen. Sie benagen reife, süße Früchte, zerfressen Nelken, Georginen u. s. w. Man vertilgt sie, indem man die Hornschuhe kleiner Huftiere, kleine Blumentöpfe u. s. w. über die Blumenstäbe stülpt oder kleine Bündel von Reisig oder festem Stroh auslegt und aufhängt. Die O. suchen bei Tagesanbruch diese Verstecke gern auf und werden am Morgen herausgeklopft und getötet. Die häufigste Art ist der gemeine Öhrling, oder Ohrwurm (Forficula auricularia L., s. Tafel: Insekten Ⅳ Fig. 10).

Oichon oder Olchon, Insel im See Baikal (s. d.).

Oidĭpus (Ödipus), nach der Odyssee der Sohn der Epikaste, welche er, ohne daß beide um ihr verwandtschaftliches Verhältnis wußten, heiratete, nachdem er seinen Vater erschlagen. Als Epikaste bald darauf erfuhr, daß sie ihren Sohn zum Gatten habe, erhenkte sie sich; O. herrschte zwar fort als König von Theben, erduldete aber, gequält von den Erinnyen, schwere Leiden. Später ist diese Sage, hauptsächlich durch die attischen Tragiker, vielfach um- und ausgebildet worden. Danach hat sie folgende Gestalt: Laïos, des Labdakos Sohn, König von Theben, heiratete Iokaste, die Tochter des Menoikeus und Schwester des Kreon. Da das Orakel dem Laïos verkündigte, daß der ihm aus dieser Ehe entsprießende Sohn sein Mörder werden würde, ließen die Eltern den Knaben, den Iokaste gebar, mit durchstochenen Füßen durch einen Sklaven auf dem Kithairon aussetzen. Der Sklave übergab aber das Kind einem Hirten des Königs Polybos von Korinth, und der Hirt brachte es seinem Herrn, dessen kinderlose Gemahlin Merope es erzog und von seinen angeschwollenen Füßen O. (d. i. Schwellfuß, wie man den Namen deutete) nannte. Als dem O. später die Dunkelheit seiner Abkunft zum Vorwurf gemacht wurde, wandte er sich an das delphische Orakel, von dem er die Antwort erhielt, daß er seinen Vater ermorden und seine Mutter heiraten werde. Um dem zu entgehen, kehrte er nicht nach Korinth zurück, begegnete aber, da er den Weg nach Theben einschlug, in einem Engpaß in Phokis seinem wirklichen Vater. O. weigerte sich, ihm auszuweichen, erschlug ihn im Streite und setzte dann seinen Weg weiter nach Theben fort. Hier wütete damals die Sphinx (s. d.), welche den Vorübergehenden ein Rätsel aufgab und jeden, der es nicht lösen konnte, tötete. O. löste das Rätsel, befreite so das Land von dem Ungeheuer, erhielt dafür den Thron mit der Hand der Witwe