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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Ordinieren - Ordonnanz
Ordinieren (lat.), die Ordmation (s. d.) erteilen;
ärztlich verordnen.
OrÄnanov (spr. ohrdnenß), in England einer-
seits die allgemeine Bezeichnung aller Geschütze, so
daß ein Hanädook kor 0. gleichbedeutend mit einem
Handbuch für Artillerie ist, andererseits Name einer
Behörde, der die Sorge sür das gesamte Artillerie-,
Ingenieur-, Garnison- und Kasernenwesen anheim-
fällt. Diese Behörde (0. Departinent) ist unmittel-
bar dem Kriegsamt untergeordnet.
Ordnung (lat. oräo), in der Naturgeschichte
z.V. (in der Botanik) eine Hauptabteilung, die einer
Klasse unter- und einer Familie übergeordnet ist.
Im juristischen Sinne bezeichnet O. (oräi-
nAtio) ein eine ganze Materie umfassendes Gesetz.
So giebt es Gerichts- und Prozeß-, Städte-, Ge-
meinde-, Kirchen-, Polizeiordnungen, Gewerbeord-
nungen, Mühlenordnungen, Forstordnungen u.s.w.
Rechtsordnung heißt die gesamte, lebendige recht-
liche Verfassung eines Landes.
Ordnungsparteien, in Deutschland im Gegen-
satz zur socialdemokratischen Partei die übrigen
polit. Parteien, die die bestehende gesellschaftliche
Ordnung aufrecht erhalten wollen.
Ordnungsruf, in öffentlichen Versammlungen
und parlamentarischen Körperschaften das dem Prä-
sidenten bei Ordnungsverletzungen der Mitglieder
zu Gebote stehende Disciplinarmittel. Nach den
für das preuß. Abgeordnetenhaus und den Deut-
schen Reichstag geltenden Geschäftsordnungen kann
der Präsident einen Abgeordneten wegen Ordnungs-
oerletzungen irgend welcher Art lediglich zur Ord-
nung rufen und nach zweimaligem O., wenn zuvor
auf diese Folge hingewiesen wurde, die Entziehung
des Wortes nach Beschluß des Hauses ohne Debatte
verfügen. (S. auch Geschäftsordnung.)
Ordnungsstrafe, im weitern Sinne die Dis-
ciplinarstrafe (f. Disciplinargewalt) und die Exeku-
tivstrafe (s. d.). O. im engern Sinne werden im Ge-
setze vorgesehen: a. als Strafen für Schöffen, Ge-
schworene, Zeugen u. s. w. wegen Nichterfüllung
ihrer gefetzlichen Pflichten; d. als eigentliche, vom
<Htrafrichter zu verhängende Strafen, welche nach
besonderer gesetzlicher Vorschrift (namentlich im Ge-
biete der Zoll- und Steuergesetzgebung) für gering-
fügigere Rechtsverletzungen angedroht sind. Jene
Finanzgefetze strafen uämlich mit der ordentlichen
Zoll- oder Steuerstrafe da, wo die Absicht derDefrau-
dation nachgewiesen oder aus gewissen vorliegen-
den Thatsachen zu vermuten ist. Diese ordentlichen
Strafen können, je nach dem Betrage der hinter-
zogenen Abgabe, sehr hoch sein. Liegt jene Absicht
nicht, sondern nur eine Ordnungswidrigkeit vor
(z. B. die Verletzung des amtlichen Verschlusses,
vorschriftswidrige Anzeige wegen bevorstehenden
Brauens und Brennens), so tritt nur die vom Ge-
setze als solche bezeichnete O. ein, welche regelmäßig
einige hundert Mark nicht übersteigt.
Ordnungsübungen, alle turnerischen Bewe-
gungen, durch die bei den übenden ein gewisses
Ordnungsverhältnis in Beziehung auf Aufstellung,
Richtung, Bildung von Reihen und Reihenkörpern,
auf Gliederung, Drehung, Umstellung und Fort-
bewegung derselben bezweckt wird. Die O. hat
zuerst A. Spieß systematisch ausgebildet. - Vgl.
Spieß, Lehre der Turnkunst, Tl. 4: Das Turnen
in den Gemeinübungen (Bas. 1846: 2. Aufl. 1874);
Wassmannsdorff, Die O. (Frankf. 1868); Lion, Leit-
faden für den Betrieb der Ordnungs- und Frei-
übungen l7. Aufl., Brem. 1888): Puritz, Zandbüch-
lein turnerischer Ordnungs-, Frei-, Hantel- und
Stabüdungen (3. Aufl., Hof 1892).
Ordnungswidrigkeit, in der Sprache der
deutschen Zoll- und Steuergesetzgebung die Ver-
letzung der zu einem Thun oder Unterlassen ver-
pflichtenden gesetzlichen und reglementären Vor-
schriften, soweit damit nicht die Absicht einer Ge-
fälleverletzung (Defraudation, s. d.) oder die Über-
tretung eines zeitweise bestehenden Ein-, Aus- oder
Durchfuhrverbotes (Konterbande, f.d.) verknüpft ist.
Die dagegen angedrohten Strafen nennt man Ord-
nungsstrafen (s. d.).
Ordnungszahlen, s. Oräwaiia.
0rüo (lat.), Ordnung (s. d.), Stand, Stufe,
Weihe. (S. 0räiu68 und Ordmation.)
Orüo NÜ882.0 (lat.), ein Teil der röm.-kath.
Meßliturgie, der vom Anfang derselben bis zum
Beginn des Meßkanons reicht. (S. Messe.)
Ordonnanz (frz.), früher die Bezeichnung der von
den franz. Königen erlassenen Befehle; sie zerfielen in
eigentliche O., die alle allgemeinen Gegenstände
des öffentlichen Rechts, Edikte, die die fpeciellern.
insbesondere das Finanzwesen, und Deklaratio-
nen, offene Briefe sl.6ttr63 pat6nt68) und Re-
glements, die die Erläuterung, Bestätigung und
Anwendung der Gesetze zum Gegenstande hatten.
Diese sämtlichen Erlasse besaßen die Eigenschaft
von Gesetzen. Verweigerte das Parlament (s. d.)
die Einregistrierung und damit die Publikation, so
erschien gewöhnlich ein offener Brief, der den Pro-
vinzialbeamten die Publikation und den Unter-
thanen die Beobachtung der O. befahl und auf diese
Weise der Sache vorläufige Rechtskraft verlieh. Die
O. im engern Sinne waren, wie die Edikte und De-
klarationen, vom Könige unterzeichnet, von einem
Staatsfekretär gegengezeichnet, mit dem großen
Siegel beurkundet und vom Siegelbewahrer visiert.
Ludwig XIV. befahl die Veranstaltung einer Samm-
lung aller O., welche die Könige der dritten Dynastie
erlassen hatten. Diese Sammlung zählt gegenwär-
tig eine Reihe von 22 Ioliobänden, welche die O.
von 1051 bis ins 16. Jahrh, enthalten. Seit Ein-
führung der konstitutionellen Charte erhielten die
O. einen wesentlich andern Charakter. Während
Gesetze nur unter Mitwirkung der Kammern zu
stände kommen konnten, sollte die Regierung nach
Art. 14 der Charte im Verordnungswege nur über
die Ausführung der Gesetze Bestimmung treffen,
dagegen weder neue Rechtsgrundsätze ausstellen,
l noch gesetzliche Normen abändern. Die perfide Aus-
legung jenes Artikels in den O. vom 25. Juli 1830
! (s. Frankreich, Bd. 7, S. 101 d) veranlaßte den
^ Sturz der alten Dynastie und die Iulirevolution.
! - O. heißen noch die prozeßleitenden Dekrete der
^ Gerichtshöfe, besonders in Strafsachen. Im wei-
tern Sinne bedeutete das Wort die Vorschriften,
die für einzelne Zweige des militär. Dienstes ge-
geben waren. Ordonnanz mäßig bedeutet nock
jetzt soviel wie vorschriftsmäßig; daher z. V. Or-
donnanz w a s f e n. Außerdem nennt man die Un-
teroffiziere, Gemeinen sowie die Offiziere, die vor-
übergehend den Truppenführern zur Übermittelung
von Befehlen zugeteilt werden, O., Ordonnanz-
offiziere u. s. w., ebenso die vorübergehend zu
bestimmten Dienstverrichtungen bei Offizieren oder
Behörden kommandierten Mannschaften. Die Or-
donnanzreiter (Gemeine und Unteroffiziere)
beißen jetzt in der deutschen Armee Meldereite v.