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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Orthit - Orthopädie

Orthit, ein in tafelförmigen oder langgestrecktstengligen monoklinen Individuen krystallisierendes Mineral, isomorph mit Epidot, von pechschwarzer, rabenschwarzer und dunkelgrauer Farbe, der Härte 5,5-6 und dem spec. Gewicht 3,3-3,8, das namentlich in alten Graniten und Syeniten eingewachsen vorkommt, im Plauenschen Grunde bei Dresden, bei Brotterode und Schmiedefeld im Thüringer Walde, vielerorten in Norwegen und Schweden, dem Ural, Grönland. Mikroskopisch scheint er in sehr verschiedenen Gesteinen weit, wenn auch recht unregelmäßig verbreitet zu sein. Der O. ist ein Silikat von Thonerde, den beiden Oxyden des Eisens, den Sesquioxyden von Cerium, Lanthan und Yttrium, nach der allgemeinen Formel H2R4(R2)3Si6O26 zusammengesetzt, worin R = Fe, Ca, (R2) = Al2, Ce2, La2, Y2. Ein Teil der O. verhält sich, optisch völlig einfach brechend, wie ein amorpher Körper. Beim Erhitzen zeigen manche Varietäten eine dem Verglimmen ähnliche Feuererscheinung.

Ortho... (grch.), als Präfix in Wortzusammensetzungen soviel wie gerade, richtig; bei den Namen chem. Verbindungen Bezeichnung gewisser besonderer Modifikationen derselben. In der organischen Chemie bedeutet es diejenigen disubstituierten Benzolderivate, in denen die Substituenten sich an benachbarten Kohlenstoffatomen, in den Stellungen 1-2 befinden. (S. Aromatische Verbindungen.)

Orthoamidobenzoesäure, s. Anthranilsäure.

Orthoantimonsäure, s. Antimonsäure.

Orthobiotik (grch.), die Kunst, richtig zu leben, s. Hygieine und Makrobiotik.

Orthoborsäure, H3BO3, die gewöhnliche dreibasische Borsäure (s. d.).

Orthoceratiten, Geradhörner, eine Gruppe fossiler Nautiliden (s. d.), Kopffüßer, deren bis zu mehrern Metern lange Schale eine langgestreckte, stabförmige gekammerte konische Röhre darstellt. Sie sind im Silur zahlreich (etwa 850 Arten), vermindern sich aber in den nächst jüngern Schichten sehr rasch an Zahl und sind für die paläozoischen Schichtensysteme bezeichnend, besonders für das Silur (s. Tafel: Petrefakten der Paläozoischen Formationsgruppe I, Fig. 5, beim Artikel Paläozoische Formationsgruppe), wie die nahe verwandten bogenförmig oder spiralig gekrümmten, auch sackförmigen Schalen von Phragmoceras (Fig. 12), Cyrtoceras, Lituites (s. Lituiten) und Gomphoceras. Den O. ganz ähnlich und früher teilweise zu ihnen gezählt sind aus derselben Klasse die zu den Goniatiten (s. d.) gehörigen Baktriten, die zu den Belemnitentieren den Übergang bildenden Arten von Aulacoceras der alpinen Trias und Juragebilde, und die Bakuliten unter den echten Ammonshörnern.

Orthochromatisch (grch., d. i. rechtfarbig), Bezeichnung für eine Art farbenempfindlicher photogr. Platten (s. Photographie).

Orthodiagonale, im monoklinen Krystallsystem die auf der Vertikalachse senkrecht stehende horizontale Querachse, zugleich auch die einzige Symmetrieachse. (S. auch Klinodiagonale.)

Orthodomen, s. Doma.

Orthodoxie (grch.), Rechtgläubigkeit, im Gegensatz zur Heterodoxie (s. Heterodox) und zur Häresie oder Ketzerei das strenge Festhalten an dem überlieferten kirchlichen Lehrbegriff. Die O. beruht immer auf der Voraussetzung einer unfehlbaren äußern Lehrautorität, mag man diese letztere nun in der Lehre einer bestimmten Kirche oder in dem Bibelbuchstaben finden. Die griech. Kirche nennt sich orthodox im Gegensatz zu den andern christl. Kirchen, weil sie den Anspruch erhebt, die echte Tradition der Urkirche unversehrt bewahrt zu haben. In der prot. Kirche heißen Orthodoxe diejenigen, die den Lehrbegriff der Bekenntnisschriften der Reformation gegenüber der Kritik des modernen Denkens als unfehlbare göttliche Wahrheit festhalten.

Orthoepie (grch.), die Lehre von der richtigen Aussprache der Worte, bildet in ältern Grammatiken einen besondern Teil der Lautlehre.

Orthognathen (grch., "Geradzähner"), s. Menschenrassen.

Orthogon (grch.), Rechteck; orthogonāl, rechteckig, rechtwinklig; orthogonale Projektion, s. Projektion.

Orthographie (grch.), s. Rechtschreibung.

Orthographische Projektion, s. Projektion und Kartenprojektion.

Orthokieselsäure, HSiO4, die vierbasische, wahrscheinlich im Wasser lösliche, durch Dialyse gewonnene Kieselsäure (s. d.).

Orthoklas (grch., von orthós, rechtwinklig, und kláein, spalten), der im monoklinen System krystallisierende Kalifeldspat, bei dem die beiden besten Spaltungsflächen, die Basis und das Klinopinakoid, einen Winkel von 90° miteinander bilden; eine dritte, dem Prisma von 118° 47' folgende Spaltbarkeit ist meist nur undeutlich entwickelt. Die Krystalle des O. sind teils kurz säulenförmig nach dem Prisma, teils dick tafelartig durch Vorwalten des Klinopinakoids, teils rechtwinklig säulenförmig durch Streckung nach der Klinodiagonale. Der O. zeigt eine große Neigung zur Bildung von Zwillingskrystallen, namentlich nach dem sog. Karlsbader, dem Bavenoer und dem Manebacher Gesetz. Eine Verzwillingung nach der Längsfläche, wodurch bei den Plagioklasen die Streifung auf der Basis hervorgerufen wird, kann aber hier in charakteristischer Weise nicht vorkommen. Die Härte beträgt 6, das spec. Gewicht der reinsten Substanz 2,571. Das Mineral ist an sich farblos und bisweilen wasserhell (Adular, s. d.), häufiger gefärbt, namentlich in rötlichen und gelblichen Tönen, glasglänzend, auf der besten Spaltungsfläche, der Basis, oft perlmutterglänzend. Chemisch besteht er aus 64,72 Proz. Kieselsäure, 18,35 Thonerde, 16,93 Kali und besitzt die Formel K2Al2Si6O16, doch wird oft etwas Kali durch Natron vertreten. Vor dem Lötrohr schmilzt er schwierig; von heißer Salzsäure wird er nicht merklich angegriffen, durch Flußsäure aber sehr leicht zersetzt. Der außerordentlich weit verbreitete O. ist ein wesentlicher Gemengteil der Granite, Syenite, Porphyre, Gneise und anderer Felsarten, in seiner rissigen und spröden Varietät des Sanidins (s. d.) auch der Rhyolithe, Phonolithe und Trachyte. Die üblichste Richtung, welche die Zersetzung des O. einschlägt, ist die Herausbildung von Kaolin oder Thon, indem dabei die Kieselsäure teilweise, das Kali gänzlich fortgeführt und Wasser aufgenommen wird.

Orthokresol, s. Kresol.

Orthonektiden, Wurmgruppe, s. Dicyemiden.

Orthooxybenzoesäure, s. Salicylsäure.

Orthopädie (grch.), derjenige Teil der Medizin, welcher sich mit den Verunstaltungen und Verkrümmungen des menschlichen Körpers und mit deren Behandlung beschäftigt. Die Verkrümmungen (curvaturae) haben ihren Sitz im Bewegungs-, insbesondere im Knochensystem und können doppelter