Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Diese Seite ist noch nicht korrigiert worden und enthält Fehler.

665
Ortslazarett - Ortsstatuten
Beschäftigung von Wöchnerinnen für einen solchen
Zeitraum verboten ist. Auch den Ehefrauen der
Mitglieder kann Wöchnerinnenunterstützung ge-
währt werden. Erwerbsunfähigkeit bildet keine
Voraussetzung des Anspruchs.
Das Sterbegeld muß für Mitglieder und kann
auch für Angehörige gewährt werden; für Mit'
glieder beträgt es mindestens das Mache des
durchschnittlichen Tagelohns, höchstens das 40fache
desselben oder des wirklichen Arbeitsverdienstes,
soweit er 4 M. für den Arbeitstag nicht übersteigt',
für Ebefrauen kann es bis zu zwei Dritteln, für
Kinder bis zur Hälfte des für das Mitglied fest-
gestellten Satzes normiert werden.
über die Beiträge und Eintrittsgelder
f. Krankenversicherungsgesetz.
Die Organe der Ortskrankenkasse sind der Vor-
stand und die Generalversammlung. Letztere besteht
entweder aus allen großjährigen, im Besitz der
bürgerlichen Ehrenrechte befindlichen Mitgliedern,
oder aus Delegierten derselben. Sie wählt den
Vorstand aus der Mitte der Kassenmitglieder. Ar-
beitgeber Versicherungspflichtiger Mitglieder baben
Anspruck auf eine ihrem Veitragsverhältnis ent-
sprechende Vertretung in beiden Kassenorganen; in
der Generalversammlung dürfen sie sich durch Ge-
schüftsfübrer oder Betriebsbeamte vertreten lasscu.
Von Beamten der Ortskrankenkasse erwähnt
das Gesetz nur den "Recbnungs- und Kassenführer"
(Rechner, Kassirer, Rendant); größere Kassen be-
sitzen jedoch oft zahlreiches Perfonal, Sekretäre,
Kanzlisten, Kontrolleure, Voten u. s. w. Außer der
Führung der Kasse und der Bücher liegen den Ren-
danten noch mannigfaltige, aus zerstreuten Ge-
setzesvorschriften sich ergebende Pflickten ob. Sie
basten, ebenso wie die Vorstandsmitglieder, der
Kasse wie Vormünder ihren Mündeln. Im übrigen
entbebrt ihre Stellung der nähern gesetzlichen Nor-
mierung. Zur Herbeiführung einer solchen und zur
sonstigen Förderung ihrer gemeinsamen Interessen
ist Anfang 1894 ein "Verband der Verwaltungs-
beamten bei den O. Deutschlands" mit dem Sitz in
Leipzig ins Leben gerufen worden.
Die Verwaltung der Ortskrankenkasse steht unter
der Aufsicht der Gemeindebehörde oder anderer
seitens der Landesregierungen zu bestimmender
Behörden und Oberaufsicht der höhern Verwal-
tungsbehörde.
Zwischen den einzelnen O., wie überhaupt zwi-
scken allen organisierten Krankenkassen herrscht
Freizügigkeit, insofern der Anfpruch auf die gesetz-
lichen Mindestleistungen unmittelbar mit dem Ein-
tritt ohne Wartezeit wirksam wird, auch ein Eintritts-
geld von neu Eintretenden nicht erhoben werden darf,
sofern sie innerhalb des letzten Vierteljahrs fchon
einer andern Krankenkasse angehört hatten. Ferner
besteht unter ihnen eine gesetzliche Verpflichtung zu
gegenseitiger Aushilfe, falls Mitglieder außerhalb
ibres Kassenbezirks erkranken. Endlich gestattet das
Gesetz die Vereinigung mehrerer innerhalb desselben
Aufsichtsbezirks belegener O. und Betriebskranken-
tassen zu einem Verbände behufs Anstellung ge-
meinschaftlicher Rendanten und sonstiger Beamten,
Abschließung gemeinsamer Verträge mit Ärzten,
Apothekern, Krankenhäusern u. s. w., Errichtung
und Verwaltung eigener Krankenhäuser und Rekon-
valescentenanstalten, endlich zur gemeinsamen Be-
streitung der Krankenunterstützungskosten bis zu
50 Proz. ihres Gesamtbetrages. Solche Kranken-
kassenvcrbände sind bisher für die Königreiche
Württemberg und Sachfen, die Großherzogtümer
Hessen und Baden, für Thüringen und Elsaß-
Lothringen und die Regierungsbezirke Schleswig
und Wiesbaden sowie auch in verschiedenen Groß-
städten, z. B. München, gegründet worden. Die
Versuche, einen Verband dayr. Krankenkassen und
einen allgemeinen deutschen Kassenverband ins Le-
ben zu rufen, sind bis jetzt gescheitert.
In Sachsen, Württemberg und Hessen besorgen
die O. auch gemäß §. 112 des Invaliditäts- und
Altersversicherungsgesetzes (s.d.) das Einziehen der
Beiträge und Entwerten der Marken.
Statistik und Litteratur s. Krankenversiche-
rung und Krankenversicherungsgesetz.
Örtslazarett, früher Kantonnements-
lazarett, zeitweiliges Lazarett, das im Frieden
bei größern Truppenübungen in Ortschaften, die
kein Garnisonlazarett besitzen, oder im Kriege im
Bereiche der Kantonnements errichtet wird. Be-
stimmungen über die Ausstattung der O. enthält
die Friedens- und die Kriegssanitätsordnung.
Ortsname, die übliche Bezeichnung der geogr.
Eigennamen, nicht nur derjenigen der Wohnorte,
sondern auch der Länder und Meere, Berge und
Thäler, Flüsse und Seen, Inseln und Vorgebirge
u. s. w. Die wissenschaftliche Bearbeitung der Ö.,
die Toponomastik oder geogr. Namenkunde, be-
saßt sich mit der Erklärung, der Orthographie und
Aussprache der Namen sowie mit der Ergrimdung
der in der Namengebung waltenden Gesetze.
Auf deutschem Gebiet ist, infolge einer auf I.
Grimms Anregung im Juli 1846 gestellten Preis-
aufgabe der Berliner Akademie der Wissenschaften,
als bahnbrechendes Werk erschienen E. Förstemanns
"Altdeutsches Namenbuch" (Nordh. 1859; 2. Aufl.
1872). DenVersuch einer allgemeinen geogr.Namen-
kunde, auf Ergründung der in der Namengebung
waltenden Gesetze gerichtet, unternahm I. I. Egli in
seinen "Nomina. FOoZra^icH" (Lpz. 1872). Die Er-
klärung der O., wie die Angaben zu ihrer richtigen
Schreibung und Aussprache bürgerten sich in die
geogr. Hand- und Lehrbücher ein, und es erschien eine
Reibe von Namenbüchern speciell für das Bedürfnis
der Schule, z. B. Joh. Gelhorn, Wörterbuch zur Er-
läuterung schulgeogr. Namen (Paderb. 1889). Auch
einzelne Länder haben ihre Namenbücher erhalten,
Österreich-Ungarn von Fr. Umlauft (Wien 1886) und
das Deutsche Reich von Kausch (Lpz. 1890). Ein Bild
der geschichtlichen Entwicklung der Toponomastik
giebt I. I. Egli, Geschichte der geogr. Namenkunde
(Lpz. 1886) nebst Fortsetzung in den toponymisckm
Berichten des "Geogr. Jahrbuchs". 1892 fg. erschien
der lexikalische Teil der "Nomina AeoSrapliicI." in
zweiter Auflage und brachte die Erklärung von mehr
als 42 000 geogr. Namen. ftungen.
Ortssendungen, bei der Post, s. Postortssen-
Ortsstatuten, das von den Gemeinden, so-
wohl Stadt- als Landgemeinden, auf Grund der
Autonomie (s. d.) erlassene Recht. O. dürfen dem-
gemäß wie alles autonome Recht den Anordnungen
des Staates nickt widersprechen, sind in diesem Falle
vielmehr ungültig. Kompetent zum Erlaß von O.
sind regelmäßig die Gemeinde-(Stadtverordneten-)
Versammlungen; meist ist das Erfordernis einer
von Staats wegen oder auch von einer höhern
Kommunalinstanz, so in Preußen dem Kreis- oder
Bezirksausschuß, zu erteilenden Genehmigung auf-
gestellt. Vielfach verweisen die Gesetze für Regelung