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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Papier

Ein Produkt der Papierfabrikation ist auch die Pappe. Man nennt so aus Papiermasse bestehende Blätter von beträchtlicher Stärke (bis 10 mm), welche entweder durch unmittelbares Schöpfen dicker Bogen (geformte Pappe), oder durch Aufeinanderlegen mehrerer frisch geschöpfter Bogen und Vereinigung durch Pressen (gegautschte Pappe), oder durch Aufeinanderkleben mehrerer Bogen mit Kleister oder Leim (geleimte Pappe) erzeugt werden. Die erstere Methode giebt niemals eine schöne Pappe, weil die Entwässerung durch Abtropfen nur mangelhaft ist. Die Formen hierfür sind grob gerippt. Das Ganzzeug wird dicker gehalten als bei der Anfertigung von P.; ein Zusatz von Kreide oder Pfeifenthon (bis ein Viertel des Gewichts der Pappe) ist nicht nachteilig. Die gegautschte Pappe ist feiner; dieselbe wird mittels fein gerippter Formen oder Velinformen geschöpft. Die geleimte Pappe dient zu den feinsten Papparbeiten, zu Kreidezeichnungen und Wassermalereien; die Spielkarten sind dünne geleimte Pappe. Eine Pappenmaschine ist in Taf. II, Fig. 3 dargestellt. Aus der Bütte a gelangt der Stoff auf den Knotenfänger b. Dieser besteht aus einem großen Kasten, in welchem ein kleinerer durch Daumenscheiben beständig in rüttelnde Bewegung versetzt wird. Der Boden des kleinen Kastens ist durch ein Metallsieb gebildet, welches alle gröbern Fasern, Knoten und Holzstücke zurückhält, während die feinere Masse hindurchfließt und durch eine Öffnung über dem Boden des großen Kastens in den Raum c übergeht. In diesem sind zwei Wellen e mit hölzernen Flügeln angebracht, durch deren Umdrehung der Stoff beständig gerührt und so ein Absetzen verhindert wird. Ist die Masse im Kasten hoch genug gestiegen, so dringt sie durch das Drahtgeflecht des Cylinders d und gelangt durch eine an der Stirnfläche desselben angebrachte, mit Leder abgedichtete Öffnung in einen Kanal, der sie nach dem Raum h führt. Die groben Teile bleiben am Sieb des Cylinders d haften, werden durch die über demselben liegende Walze abgestreift und durch die Rinne f an den Behälter g abgegeben, von wo sie sodann entfernt werden. Im Kasten h sind gleichfalls zwei Rührwerke kk angeordnet; der in diesem rotierende Cylinder i läßt nicht die Masse, sondern nur das in ihr enthaltene Wasser passieren, das durch eine seitliche Öffnung abfließt. Die Masse legt sich von außen an den Cylinder fest, von welchem sie durch einen endlosen Filz bei l abgenommen und über Spannwalzen durch das Preßwerk m und wieder bei l vorbeigeführt wird. Die obere, durch Hebel und Gewicht beschwerte Walze m übt die Pressung aus und ist derart eingerichtet, daß nach mehrmaligem Umgang des Stoffs, je nach der gewünschten Pappenstärke, die Bogen in gepreßtem Zustand heruntergeschnitten werden können.

Früher teilte man das P. im Papierhandel nach Buch (s. d.), Ries (s. d.) und Ballen (s. d). Seit 1. Jan. 1877 zählt man in Deutschland das Neuries (Schreib- wie Druckpapier) zu 1000 Bogen, das Buch zu 100 Bogen, das Heft zu 10 Bogen; das Schreibpapier kommt meist in Lagen von 5 Bogen in den Handel.

Papiersorten. Dieselben werden durch die Verschiedenheit der Stoffzusammensetzung sowie durch Färbung und Stärke gebildet. Von den Schreib- und Zeichenpapieren sind die Dokumenten- und Wertzeichenpapiere und auch die für Buchführungszwecke dienenden sog. Buchpapiere von zähen, festen und meist surrogatfreien Stoffen; sowohl Maschinen- als Büttenpapiere werden hierzu verwendet. Kanzlei- und Konzeptpapier sowie Postpapier giebt es in den feinsten wie in geringen Stoffen gut geleimt, während Zeichenpapier teils geleimt, teils ungeleimt geliefert wird. Die größte Festigkeit besitzt das japanische, aus Pflanzenfasern angefertigte P. Druckpapiere werden aus weicherm Fasernmaterial und meist halbgeleimt hergestellt; Kupferdruckpapiere, zum Druck auf der Kupferdruckpresse, sind meist ungeleimt. Notendruckpapiere werden stark und in verschiedenen Stoffen angefertigt. Werkdruckpapiere, zu Werken und andern Drucksachen bestimmt, sind in den verschiedensten Stoffmischungen, meist mit Zusatz von Cellulose, Stroh und vielfach mit Holz vorhanden, während Zeitungspapiere aus billigen Surrogaten und besonders aus Holzschliff angefertigt werden. Ganz ungeleimt bleiben die Lösch- und Fließpapiere, ebenso meist das dünne Schrenzpapier. Kartonpapier (s. Karton) dient zur Anfertigung von Kastenkartons, das bessere zum Druck von Postkarten, Adressen und andern Drucksachen; helles, meist holzfreies Kartonpapier wird als Naturkarton oder mit Kreideanstrich in Matt- oder Hochglanz zum Druck von Visitenkarten, Chromobildern u. s. w. verwendet. Packpapiere werden in verschiedenen Färbungen halbgeleimt angefertigt und zu Verpackungen aller Art verwendet; je nach den erforderlichen Eigenschaften besteht der Stoff aus bunten Hadern, Stroh, braunem Holzschliff (Lederpapier), Werg und Tauen (Tauenpapier) u. s. w. Eine besondere Sorte ist das Cigarettenpapier, aus besserm Stoffe, fest und ungeleimt hergestellt, sowie das Seidenpapier, zum Schützen von Bilderabdrucken und Waren sowie zum Kopieren und zum Blattgoldeinlegen. Das zähe, glasige, sog. Sulfitpergament ist ein zur Warenverpackung dienendes Einschlagpapier. Über Buntpapier s. d.

Papierformate. Die lange Zeit üblichen Papierformate mit bestimmten Benennungen sind jetzt durch Größenangaben der Flächen ersetzt. Seit 1884 sind im Deutschen Reiche folgende Normalformate eingeführt oder empfohlen: Nr. 1: Reichskanzlei, beschnitten: 33x42 cm; Nr. 2: Reichskanzlei, unbeschnitten: 34x43; Nr. 3: 36x45; Nr. 4: 38x48; Nr. 5: 40x50; Nr. 6: 42x53; Nr. 7: 44x56; Nr. 8: 46x59; Nr. 9: 48x64; Nr. 10: 50x65; Nr. 11: 54x68; Nr. 12: 57x68; Reichsbriefformat 27x42 cm. Von diesen Formaten giebt es noch zahlreiche Abstufungen in den Größenverhältnissen. Von den frühern Benennungen, wie Kanzlei (33x42 cm), Propatria (34x43 und 36x45), Register (40x50 und 42x53), Mediän (44x56 und 46x59), Royal (48x64 und 54x68), Lexikon (50x65), Imperial (57x78), Olifant (67,5x108,2 cm), wird noch Gebrauch gemacht, indes ist bei den lokalen Abweichungen der Bezeichnungen die Angabe der Maße vorzuziehen.

Papierprüfung. Die Qualität einer Papiersorte hängt hauptsächlich ab von der Beschaffenheit der Rohmaterialien, der Menge der zugeschlagenen Füllstoffe (s. d.) und dem schädlichen Chlorgehalt. Die Natur der Fasern erkennt man teils mit dem Mikroskop, teils durch chem. Reagentien. Holzschliff, der die Festigkeit des P. beeinträchtigt, wird bei Zusatz von Phloroglucin und Salzsäure durch intensiv rote Färbung erkannt. Die Menge der Füllstoffe ergiebt sich aus dem Aschengehalt, der bei einer Verbren-^[folgende Seite]