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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Paris (Straßen, Plätze und Denkmäler)

Erweiterung und Neuschaffung von Parks. Der Parc Monceau wurde dem Verkehr übergeben, überall Squares angelegt, das Bois de Boulogne verschönert, das Bois de Vincennes in einen engl. Garten umgewandelt, der Parc des Buttes Chaumont im Norden der Stadt im Arbeiterviertel Belleville angelegt und der zoolog. Garten gegründet. Großartige Kanalisations- und Wasserleitungsarbeiten wurden ausgeführt, neun neue Brücken erbaut und neben Kasernen und Theater viele zum Teil recht mittelmäßige Kirchen erbaut.

Das linke Ufer der Stadt umfaßt sechs Arrondissements, deren drei erste, dem alten P. gehörige, von den drei neuern umschlossen sind. Letztere sind 1861 durch die Einverleibung der Banlieue mit der Stadt verbunden, woran ihre frühern Dorf- und Weilernamen erinnern (Maison Blanche, Croulebarbe, Montparnasse, Montrouge, Plaisance, Grenelle und Javel). Die drei innern Arrondissements datieren auch aus verschiedenen Jahren. Luxembourg und Palais Bourbon sind durch die Einverleibung des ehemaligen Bourg St. Germain des Prés, der unter Ludwig XIV. zum Faubourg St. Germain geworden, mit der Stadt vereinigt. Das Quartier du Panthéon, welches von 1789 ab durch die drei Quartiers Place Maubert, St. Benoist und St. André des Arts gebildet wurde, giebt ziemlich getreu denjenigen Stadtteil wieder, welchen man die Université nannte und welcher nach der Cité der älteste und berühmteste Teil der Stadt gewesen ist. Charakteristisch für das linke Ufer sind die gelehrten Anstalten, vor allen die Sorbonne im Quartier Latin. Das Quartier St. Germain umfaßt die meisten Verwaltungs- und Gesandtschaftsgebäude sowie verschiedene der größern Militäretablissements. Das rechte Ufer mit 14 Quartiers gehört dem modernen und geschäftlichen Leben. Der Stadtteil wird der ganzen Länge nach von den großen Boulevards (s. d.) durchzogen, besitzt die schönsten Promenaden und Parks und schließt neben der Börse und der Banque de France die bedeutendsten Handels- und Finanzinstitute in sich. Hier befinden sich die wichtigsten Kunstsammlungen, die Bibliothèque Nationale, das Hôtel de Ville, das Palais des Präsidenten (Elysée), die ersten Theater. Hier ist der Hauptsitz der Pariser Industrie. Besondere Erwähnung verdienen die Quartiers Passy, Auteuil, Muette und Ranelagh wegen der prachtvollen Villen. In den neu erstandenen Quartiers Courcelles und Monceau befindet sich eine große Anzahl kostbarer Privathotels. Die Entwicklungsperioden des linken Ufers sind mit dem Fortschreiten der Festungsarbeiten verbunden.

P. besitzt 28 Brücken, darunter: Pont d'Austerlitz, 5 Bogen, 1807 erbaut, 1855 erneuert und 1884/85 erweitert; Pont Sully, 6 Bogen, 1874-76 erbaut; Pont de la Tournelle, 6 Bogen, seit 1614 mehrmals umgebaut; Pont St. Louis, 1861 erbaut, mit 1 Bogen, 65 m Spannung; Pont d'Arcole, 1^[ergänzt, Faksimile beschnitten] Bogen von 30^[korrekt: 80] m, 1854-56 erbaut; Pont Notre-Dame, 5 Bogen; Pont au Change, bereits 1141 erwähnt, 3 Bogen, 1858-59 neu erbaut; Pont St. Michel, zuerst 1378 in Stein erbaut, öfters vom Eis zerstört, 55 m lang, 3 m breit; Pont Neuf, 12 Bogen, 238^[ergänzt, Faksimile beschnitten] m lang, mit Reiterstandbild Heinrichs IV.; Pont des Arts, 8 Bogen, 1801-3 erbaut, nur für Fußgänger; Pont St. Pères oder du Carrousel, von 1832^[ergänzt, Faksimile beschnitten] bis 1834 von Polonceau erbaut, mit 4 Kolossalstatuen aus Sandstein von Petitot; Pont Royal, 5 Bogen, 1684-89 auf Kosten Ludwigs XIV. nach Plänen von Gabriel und unter der Leitung des Dominikaners François Romain erbaut; Pont de Solférino, 3 Bogen, 1858-59 erbaut; Pont de la Concorde, 5 Bogen, 1790 vollendet, mit herrlicher Aussicht; Pont des Invalides, 4 Bogen, 1880 erbaut, mit 2 Statuen: Land- und Seewehr; Pont de l'Alma, 3 Bogen, 1854-55 erbaut, mit 4 Statuen; Pont d'Iéna, 5 Bogen, 1806-13, mit allegorischen Figuren; Pont de Grenelle, 6 Bogen, 1875 neu aus Eisen erbaut; Pont du Point du Jour oder d'Auteuil, von de Bassompierre, 1865 vollendet, mit 3 Fahrbahnen, die mittlere auf Arkaden in Form eines Viadukts erhöht für die Eisenbahn.

Von den 10 Inseln und Sandbänken der Seine sind nur noch Ile St. Louis und Ile de la Cité vorhanden.

In der Cité, dem ältesten Teil der Stadt, drängt sich bei Tage der hier belegenen Polizei- und Justizgebäude, der Notre-Dame-Kirche und des Krankenhauses Hôtel-Dieu wegen, zum Teil auch wegen des Blumen- und Hundemarktes ein lebhafter Verkehr zusammen. Vor der Revolution zählte die Cité außer der Kathedrale und dem Palais de Justice 20 Kirchen, den Palast des Erzbischofs, 4 Kasernen und 15000 E.; heute zählt sie nur noch 5612 E. Hier liegt auch die Morgue (s. d.).

Verschiedene Gewerbzweige sind an bestimmten Punkten konzentriert: die großen Boulevards, Rue de la Paix und die Galerien des Palais-Royal besitzen die größten Juwelierläden; in der Rue St. Denis, St. Martin und auf dem Boulevard Sébastopol findet man die besten Baumwollwaren, Articles de P., Eisen- und Stahlwaren sowie die verschiedenen Erzeugnisse der Goldschmiedekunst; in den Rues Paradis und Poissonnière erhält man Porzellan, Steingut und Krystallwaren; Rue de la Verrerie, Ste. Croix de la Bretonnerie, Rambuteau und benachbarte Straßen beherbergen die Droguisten und Spezereihändler; die Rue de Cléry, du Sentier, St. Fiacre, du Mail, de Mulhouse haben Ruf wegen ihrer Tuch- und Leinenwaren, Modeneuheiten und Spitzen; in Rue des Bourdonnais, des Déchargeurs und Ste. Opportune sind Tuch- und Kramwaren; in der Rue Mauconseil und Umgegend wohnen Lederhändler; die Buchhändler wohnen in der Umgegend der hohen Schulen, in welchen die betreffenden Wissenschaften gelehrt werden. Der Faubourg St. Antoine ist Mittelpunkt der Möbelmagazine und Sitz der Tischler. Grenelle ist gleich dem Faubourg du Temple und St. Martin bekannt wegen seiner Metallindustrie und seiner chem. Fabriken. In Grenelle, Charonne und Montreuil liegen die größten Obst- und Gemüsegärten. Bercy ist Sitz der Weinhändler. La Chapelle, Batignolles, Clichy-La Garenne werden von Bahnarbeitern bewohnt. In Belleville und Montmartre leben kleine Rentiers, Beamte und Künstler. Die armen Viertel der Deux Moulins und Cité Dorée sind Hauptzufluchtsort der nach Tausenden zählenden Lumpensammler.

Straßen, Plätze und Denkmäler. Die engen und schmutzigen Straßen des alten P. sind seit ungefähr 1860 verschwunden. Eine der verrufensten, die Rue aux Fèves, hat sich bis 1862 erhalten. Die Gesamtlänge der 2630 klassierten öffentlichen Wege beläuft sich auf 953000 m, von denen 231000 m bepflanzt sind. Diese Wege, in einer Breite von 10 bis 40 m, bedecken 1570 ha. Dazu kommen die öffentlichen Gärten, Kanäle und Kirchhöfe mit 535 ha und 1200 Privatwege. Von den schönsten und wichtigsten