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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Patent

der Patentierung erwachsen können, angeregt wird. Einen Rechtsgrund findet diese Monopolisierung überdies in dem geistigen Eigentum des Erfinders oder Anmelders, das er nach der Patentierung so lange ausnutzen darf, als es läuft, und ausnutzen kann, wenn es im Gewerbe Aufnahme findet und nicht durch neuere Erfindungen überholt wird. Dieses geistige Eigentum wird auch dann anerkannt, wenn nicht eine große geistige Anstrengung, sondern der Zufall, und wenn er einen Menschen ohne Erfindergenie zu einer nützlichen Erfindung geführt hat. Ja, das deutsche Gesetz erteilt, abweichend von andern Patentgesetzen, den Anspruch auf das P. dem ersten Anmelder, auch wenn er nicht der erste Erfinder, selbst wenn er gar nicht der Erfinder ist. Wer in einer vor mehr als 100 Jahren erschienenen, inzwischen nicht wieder verlegten Druckschrift eine auch sonst nicht veröffentlichte und nicht vorbenutzte Erfindung dargestellt findet, hat, obschon er selbst gar nichts erfunden hat, Anspruch auf ein deutsches Reichspatent, wenn er diese Erfindung zur Patentierung anmeldet, sofern sie noch heute eine gewerbliche Verwertung zuläßt.

Daß der Anmelder einen legitimen Rechtsgrund für sein Recht auf die Erfindung hat, wenn er sie von dem Erfinder gekauft, ererbt hat, oder wenn sie für ihn von einem seiner Bediensteten oder Arbeiter gemacht ist, versteht sich von selbst. Ob das letztere der Fall ist oder ob der Beamte oder Arbeiter, welcher im Dienst eines Fabrikanten unter Benutzung der Erfahrungen, welche er in dessen Geschäft gemacht hat, der dortigen Einrichtungen und Materialien, das Recht hat, seinem Dienstherrn gegenüber die Erfindung als sein geistiges Eigentum zu behaupten, ist nach dem Dienstvertrage zu beurteilen. Einen illegitimen Erwerb will das Gesetz nicht schützen. Hat der Bedienstete nach dem Dienstvertrage die Erfindung für seinen Dienstherrn gemacht, aber das P. für sich genommen, so kann der Dienstherr die Abtretung des P. nach bürgerlichem Recht fordern; freilich nicht von dem Dritten, welcher das P. durch Cession in gutem Glauben erworben hat. Ebenso hat der Erfinder, welcher etwa seine Erfindung als Fabrikgeheimnis benutzt, ohne sie patentieren zu lassen, nach bürgerlichem Recht gegen einen andern, der sich Kenntnis der Erfindung durch eine unrechte That (Bestechung von Arbeitern, erzwungenen oder rechtswidrigen Eintritt in die Fabrik gegen Verbot u. dgl.) verschafft, also die Erfindung entwendet und darauf für sich ein P. genommen hat, einen Anspruch auf Abtretung dieses P.

In dem Patentgesetz ist überdies ausgesprochen, daß ein Anspruch auf Erteilung des P. nicht stattfindet, wenn der wesentliche Inhalt seiner Anmeldung den Beschreibungen, Zeichnungen, Modellen, Gerätschaften oder Einrichtungen eines andern oder einem von diesem angewendeten Verfahren ohne Einwilligung desselben entnommen, und von dem letztern aus diesem Grunde innerhalb des Erteilungsverfahrens Einspruch erhoben ist. Der Einspruch darf erhoben werden, und darin geht das Patentgesetz weiter als das bürgerliche Recht, auch wenn der Anmelder selbst nicht unredlich verfahren ist, vielmehr in gutem Glauben von einem Dritten, welcher unredlich Kenntnis genommen hat, die Mitteilung der Erfindung erhalten hat. Hat der Einspruch die Zurücknahme oder Zurückweisung der Anmeldung zur Folge, so kann der Einsprechende, falls er innerhalb eines Monats seit Mitteilung des hierauf bezüglichen Bescheids des Patentamtes die Erfindung, seinerseits anmeldet, verlangen, daß als Tag seiner Anmeldung der Tag der Bekanntmachung der frühern Anmeldung festgesetzt werde. Das hat die Folge, daß, wenn inzwischen die Erfindung offenkundig geworden oder von einem Dritten, der selbständig erfunden hat, zur Patentierung angemeldet ist, dies dem Einsprechenden nicht schadet. Wird von dem Patentamt der aus diesem Grunde erhobene Einspruch zurückgewiesen und das P. dem ersten Anmelder erteilt, so bleibt dem Benachteiligten der Anspruch aus dem bürgerlichen Recht, soweit dieser reicht. Er kann namentlich auch von dem Entwender Schadenersatz in Geld fordern. Er kann aber auch auf Vernichtung des erteilten P. klagen (§. 10, Nr. 3). Wird diese ausgesprochen, so wird die mit der Patentierung offenkundig gewordene Erfindung Gemeingut.

Anspruch auf die Erteilung des P. hat nur der erste Anmelder (§. 3) oder sein Rechtsnachfolger. Denn der Anspruch auf das P. wie das Recht aus einem erteilten P. gehen auf die Erben über, welche sich als solche zu legitimieren haben. Ebenso können dieser Anspruch und dieses Recht beschränkt und unbeschränkt durch Vertrag oder durch Verfügung von Todes wegen auf andere übertragen werden (§. 6.). Eine Form für solche Übertragungen ist im Patentgesetz nicht vorgeschrieben, sie richtet sich nach bürgerlichem Recht. Selbstverständlich muß die Übertragung dem Patentamt nachgewiesen werden, wenn darauf Rücksicht genommen werden soll. Liegen für dieselbe Erfindung zwei oder mehr Anmeldungen vor, so hat derjenige den Vorzug, welcher zuerst angemeldet hat. Er kann also Einspruch erheben, wenn, während die Verhandlungen über seine Anmeldung schweben, auf die spätere Anmeldung das Aufgebotsverfahren (s. unten) eingeleitet wird. Einspruch kann auch von dem Ersten und jedem Dritten erhoben werden, wenn jenem bereits das P. erteilt ist. Er und jeder Dritte kann, wenn auf die erste Anmeldung das P. erteilt ist, Nichtigkeitsklage erheben, wenn auf die zweite Anmeldung, sei es früher, sei es später, ein P. für dieselbe Erfindung erteilt ist. Ist die später angemeldete Erfindung teilweise Gegenstand einer frühern Anmeldung oder eines darauf erteilten P., so hat der spätere Anmelder nur Anspruch auf Erteilung eines P. in der entsprechenden Beschränkung, d. h. das P. ist so weit zu versagen, als es Gegenstand einer frühern Anmeldung ist. Wird es dennoch unbeschränkt erteilt, so kann bloß auf Grund der Thatsache, daß auf die frühere Anmeldung ein P. erteilt ist, auch wenn dasselbe noch nicht veröffentlicht ist, Klage auf teilweise Vernichtung erhoben werden.

Die zur Patentierung erfolgende Anmeldung der Erfindung ist bei dem Patentamt (s. d.) schriftlich zu machen. Für jede Erfindung ist eine besondere Anmeldung erforderlich. Das bedeutet nicht, daß die technische Einheit der Erfindung in verschiedene P. zerrissen werden soll. Da neben dem einen mechan. Verfahren (s. oben) das P. auch auf das dadurch zu erzielende Erzeugnis erteilt werden darf, so können beide in einer Anmeldung zusammengefaßt werden. Ebenso darf die Anmeldung einer Maschine das Verfahren mit derselben umfassen. Eine Erfindung kann in der Zusammenfassung bekannter oder unbekannter Teile zu einem Ganzen (einer Maschine oder einem Verfahren) bestehen (Kombinations-^[folgende Seite]