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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Pauli (Georg Reinhold) - Paulinus
in München für den technischen Staatsdienst aus.
Nachdem er an dem Bau des Main-Donau-Kanals
teilgenommen hatte, wobei er in den Plänen zum
erstenmal die jetzt allgemein gebräuchliche Einzeich-
nung der Isohypsen anwendete, wurde er Professor
nnd Rektor der Technischen Kochschule in München
und kam dann in das Oberbaukolleg, dessen lang-
jähriger Leiter er war. Von den von ihm gebauten
Brücken sind die Großhesseloher Brücke über die Isar
und die Mainzer Eisenbahnbrücke zu erwähnen.
Nach ihm ist der Paulische Träger (s. Eisen-
brücken) benannt. In den Adelsstand erhoben, starb
er 26. Juni 1883 in Kissingen. Sein Standbild
(von Knoll) steht neben denen von Watt, Stephenson
und Steinheil im Münchener neuen Bahnhof.
Pauli, Georg Reinhold, Geschichtschreiber, geb.
25. Mai 1823 zu Berlin, studierte in Berlin und
Bonn Philologie und Geschichte, arbeitete seit 1847
auf engl. und schott. Bibliotheken und war 1849-
52 Privatsekretär bei Bunsen, dem damaligen preuß.
Gesandten zu London. 1855 habilitierte sich P. in
Bonn, wurde 1857 ord. Professor der Geschichte in
Rostock, 1859 in Tübingen. Wegen eines scharfen
Aufsatzes in den "Preuh. Jahrbüchern" (Aug. 1866)
über die polit. Verhältnisse Württembergs an das
niedere Seminar nach Schönthal versetzt, trat er
aus dem württemb. Staatsdienst, wurde 1867 ord.
Professor der Geschichte in Marburg und 1870 in
Göttingen. Er starb 3. Juni 1882 in Bremen.
Nnter seinen wissenschaftlichen Arbeiten, die sich
sämtlich durch Gediegenheit der Forschung sowie
durch lichtvolle Darstellung auszeichnen, sind her-
vorzuheben: "König Alfred und seine Stellung in
der Geschichte Englands" (Berl. 1851); die Fort-
setzung der von Lappenberg (s. d.) begonnenen "Ge-
schichte von England" (vom 12. bis zum Beginn
des 16. Jahrh., Bd. 3-5, Gotha 1853-58), "Bil-
der aus Altengland" (ebd. 1860; 2. Aufl. 1876),
"Geschichte Englands seit den Friedensschlüssen von
1814 und 1815" (Bd. 1-3, Lpz. 1864-75), "Aus-
sätze zur engl. Geschichte" (ebd. 1869; Neue Folge,
hg. von Hartwig, 1883), "Simon von Montsort,
Graf von Leicester, der Schöpfer des Hauses der Ge-
meinen" (Tüb. 1867). Auch besorgte P. eine kritische
Ausgabe von Gowers "OontssLio NinHntiz" (3 Bde.,
Lond. 1857) und verfaßte eine Charakteristik Oliver
Cromwells im "Neuen Plutarch", Tl. 1 (Lpz. 1874).
- Vgl. Neinhold P., Lebenserinnerungen nach Brie-
fen und Tagebüchern, zusammengestellt von seiner
Witwe. Als Manuskript gedruckt (Halle 1895).
Pauli, Johannes, deutscher Schriftsteller, geb.
um 1455,1479 Franziskaner, 1490 Lektor in Vil-
lingen, 1506 Guardian des Barfüßerklosters zu
Straßburg, 1515 Lesemeister im Franziskanerkloster
zu Schlettstadt, starb um 1530 zu Thann. Sein aus
Litteratur und Volksmund gesammeltes Schwank-
buch "Schimpf und Ernst" (Thann 1519; neue Ausg.
von Österley, Stuttg. 1866; erneuert von Simrock,
Heilbr. 1876) steht an der Spitze der elsäss. Schwank-
liltcratur. Seine Ausgaben von Predigten Geilers
(s. d.) von Kaysersberg sind durch P.s Vorliebe für
das Anekdotenhafte unzuverlässig.
?a.u11ä.na. a.ot:o, eine wahrscheinlich nach
einem Prätor Paulus genannte Klage des durch
betrügerische Veräußerungen seines überschuldeten
Schuldners benachteiligten Gläubigers. Heute steht
die Anfechtungsklage (s. Anfechtung) an deren Stelle.
Paulicianer, eine seit Mitte des 7. Jahrh, in
Armenien hervorgetretene gnostische Partei, wahr-
scheinlich aus den Marcioniten (s. Marcion) hervor-
gegangen; mit ihr verschmolzen sich teilweise die
Überreste der Manichäer (s. d.). Ihr Stifter war
Konstantin, ein begeisterter Verehrer des Paulus,
aus der Nähe von Samosata gebürtig, der um 660
seine erste Gemeinde zu Kibossa in Armenien grün-
dete und um 684 von dem kaiserl. Statthalter Si-
meon hingerichtet wurde. Dieser selbst trat später
auch zu den P. über, wurde unter dem Namen Titus
ihr Haupt und 690 verbrannt. Das Religions-
system der P., die sich selbst einfach Christen und
die Katholiken Römer nannten, ist nur unvoll-
ständig bekannt. Es beruht auf dem Gegensatz
zweier sich bekämpfender Principien und Reiche,
eines guten und eines bösen, in deren Mitte der
Weltschöpfer (der Demiurg), zugleich der Iudengotr
steht; demgemäß verwarfen die P. das Alte Testa-
ment als vom Iudengott herstammend. Das
Schwergewicht legten sie auf die sittliche Seite des
Christentums, das sie zu erneuern und zu aposto-
lischer Einfachheit zurückzuführen gedachten. Im
9. Jahrh, verbanden sie sich, um den blutigen Ver-
folgungen der griech. Kaiser Widerstand zu leisten,
mit den Arabern. Viele von ihnen wurden nach
hartem Widerstand nach Thrazien übergeführt (970).
Hier gewannen sie unter der bulgar. Bevölkerung
neuen Anhang. (S. Bogomilen.) Kaiser Alertos I.
Komnenos versuchte sie Anfang des 12. Jahrh, mit
Gewalt zu bekehren; doch erhielten sich Reste der P.
das ganze Mittelalter hindurch. Jetzt bezeichnet man
mit P. die kath. Bulgaren bei Philippopel, Sistov
und Temesvär, die im 18. Jahrh, aus der Gegend
von Nikopolis auswanderten. - Vgl. Schmidt, Hi-
ätolia. 1>au1ici3,noi'uni orientalinin (Kopenh. 1826);
Lombard, ?Hu1ici6N8, Vulgäres 6t L0n3-1i0iiim63
(Genf 1879); Fermendzin, ^ota. LulF^riak scole-
8iN8tic3. (Agram 1887); Karapet Ter-Mkrttschian,
Die P. im byzant. Kaiserreiche (Lpz. 1893).
Paulina, der 278. Planetoid.
Pauline, Fürstin zur Lippe, geb. 23. Febr. 1769
als Tochter des Fürsten Friedrich Albert von Anhalt-
Bernburg, vermählte sich 1796 mit dem Fürsten
Leopold zur Lippe-Detmold. Als dieser 1802 starb,
übernahm sie für ihren ältesten Sohn Leopold die
vormundschaftliche Regierung, hob die Leibeigen-
schaft auf und traf treffliche Einrichtungen für die
Erziehungsanstalten (s. Lippe, Fürstentum). Eine
geistvolle Dichtung von ihr, "Die Theestunde einer
deutschen Fürstin", worin sie den Gesamtberuf ihres
Geschlechts darstellt, findet sich in der "Iduna" (1805).
Bald nachdem die Fürstin die Regierung ihrem Sohn
übergeben hatte, starb sie 29. Dez. 1820.
Pauliner, Mönche, s. Minimen und Theatiner.
Paulinifche Briefe, s. Paulus (Apostel).
Paulinismus, das Evangelium in der Auf-
fassung des Apostels Paulus (s. d.). ftate.
Paulinscher Apparat, s.Feuerwehrrauchappa-
Paulmus von Nola, Pontius Meropius Ani-
cius, Dichter und Kirchenlehrer, geb. 353 in Bor-
deaux, aus vornehmem, reich begütertem Geschlecht,
in den schönen Wissenschaften und namentlich in
der Dichtkunst trefflich gebildet. Er war 378 Konsul,
zog sich dann vom öffentlichen Leben zurück und lies;
sich 394 mit seiner nunmehr als Schwester neben
ihm lebenden Gattin als Ascet zu Nola in Cam-
panien nieder. Hier wurde er Anfang des 5. Jahrh.
Bischof, erwarb sich große Verehrung durch seine
menschenfreundliche Thätigkeit und starb 431. Ihm
schreibt man auch die Einführung der Kirchenglocken