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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Petrobolen - Petrographie
Petrobolen (grch.), Steinwerfer, soviel wie
Lithobolen, eine Gattung von Wurfgeschützen des
Altertums.
Petrobrusianer, Vrusianer, die Anhänger
Peters de Vruys (Bruis,Vrusius), eines Schwär-
mers des 12. Jahrh., der, aus der Provence stam-
mend, die äußere sichtbare Kirche verwarf, da die
wahre unsichtbare Kirche doch nur in den Herzen der
Gläubigen zu suchen sei. Er eiferte mit Fanatismus
gegen Taufe und Abendmahl, Messe und Cölibat,
gegen den ganzen äußern Kultus, der nur die wahre
Gottesvereyrung hindere, bis er nach 20 Jahren (um
1126) durch den Pöbel verbrannt wurde. Seine An-
hänger, die P., besonders im südl. Frankreich stark
verbreitet, zogen tumultuarisch im Lande umher, zer-
störten Kirchen und Crucifixe, verbrannten Reliquien,
mißhandelten die Priester und wollten sie zur Ehe
zwingen. Nach Peters Tode schlössen sie sich an
Heinrich (s. d.) von Lausanne an, bis es um 1150
Bernhard von Clairvaur und einem päpstl. Legaten
durch Überredung und Gewalt gelang, sie bis auf
wenige Überreste auszurotten.
Petrographie (grch.), Lithologie, Ge-
steinskunde, Gesteinslehre, der Abschnitt der
Geologie, der sich mit der Beschaffenheit der Gesteine
beschäftigt. Die eigentlich petrogr. Untersuchungen
erstrecken sich auf die Ermittelung der mineralischen
Zusammensetzung und Struktur sowie der chem. Kon-
stitution. Die neuere Zeit hat diese Untersuchungs-
methoden sehr gefördert. Die mineralogische
Untersuchung ist einerseits eine makroskopische,
andererseits eine mikroskopische. Die phanero-
meren Gesteine, auf welche die erstere sich allein be-
ziehen kann, besitzen jedoch ihre krystallinischen Ele-
mente fast niemals um und um ausgebildet, mei-
stens haben diese gegenseitig die Entwicklung ihrer
Krystallformen gehemmt; die Spaltungsverhältnisse,
Zwillingsverwachsungen, namentlich aber die Physik.
Beschaffenheit, härte, specifisches Gewicht, Farbe,
Durchsichtigkeit, Glanz, das Verhalten vor dem Löt-
rohr sowie die chem. Eigenschaften bieten sich hier zur
Ermittelung der mineralischen Natur der Gemeng-
teile dar, die man in vielen Fällen aus dem Gestein
zu isolieren vermag. Um die bei einem Gestein
von phaneromerem Habitus gleichwohl oft vor-
handenen mikroskopisch kleinen Gemengteile mine-
ralogisch nachzuweisen und zu erkennen, ist die mikro-
skopische Untersuchung notwendig. Diese, die seit
dem Ende der sechziger Jahre einen großen Auf-
schwung genommen hat, untersucht besonders die
Mineralog. Zusammensetzung und Struktur der
kryptomeren, dem bloßen Auge dicht und homogen
erscheinenden Gesteine. Sie bedient sich dazu der
sog. Dünnschliffe (s. d.). Das Mikroskop zeigt die
Umrisse der Mineraldurchschnitte, die in ihrer Ver-
bindung Schlüsse auf die Krystallform gestatten,
serner die in gleicher Richtung zu verwertende Spalt-
barkeit, sodann die Struktur der Mineralien, die
Gegenwart gewisser bezeichnenden festen oder flüs-
sigen mikroskopischen Einlagerungen. Zugleich aber
gewährt das Mikroskop auch einen Einblick in die
eigentliche Struktur der kryptomeren Gesteine, die
manche Schlußfolgerungen auf genetischem Gebiet
gestattet. Es zeigt sich hier oft ein Detail von Ver-
hältnissen, das makroskopisch überhaupt nicht seines-
gleichen hal' )o lann auch in vielen Fällen Auf-
schluß darüber erlangt werden, welche primären Ge-
meng'teile eines Gesteins früher, welche erst später
zur Ausscheidung oder Verfestigung getommen sind. !
Nimmt man die mikroskopische Untersuchung im
polarisierten Licht vor, so gelangen die optischen
Eigentümlichkeiten der einzelnen Gemengteile zur
Wahrnehmung; es können auf diesem Wege eine
Menge der wichtigsten Anhaltspunkte für dve Er-
kennung der zusammensetzenden Mineralien, auch
der Mikrostruktur, gewonnen werden.
Auch die chemische Untersuchung dn Gesteine ist
eine makrochemische und eine mikrochemische.
Die erstere ist die gewöhnliche quantitative chem.
Analyse des Gesteins, die unternommen wird, so-
wohl um überhaupt seine chem. Bauschzusammen-
setzung kennen zu lernen, als auch um auf Grund dieser
allerhand Schlüsse bezüglich der mineralischen Natur
der Gemengteile zu ziehen, sodann bisweilen auch,
um im Vergleich mit andern für ein Gesteinsvor-
kommnis die etwaige chem. Veränderung, die es im
Laufe der Zeit erlitten hat, die eingetretene Zu-
fuhr und Abfuhr von Stoffen festzustellen. Der
Unterschied zwischen der makrochem. und mikrochem.
Untersuchung besteht bloß darin, daß es bei der
letztern, selbstverständlich in ihrer Ausdehnung be-
schränktern, das bewaffnete Auge ist, das die zu
prüfenden Objekte und die daran erfolgenden Ver-
änderungen erkennt. Die Probierröhrchen, Becher-
gläser, Kolben, Abdampfschalen werden hier durch
den gläsernen Objektträger, ein kleines Uhrglas
oder einen kleinen Glastrog, ersetzt. Löslich-
kcitsverhältnisse, Entwicklung von Gasen, Nildung
von Kieselsäuregallerte lassen sich so an den Teilen
des Dünnschliffs oder des Gesteinsyuwers beob-
achten; auch kann die Entstehung von mikroskopi-
schen krystallisierten Produkten der Reaktion wahr-
genommen und zur Erkennung der Natur des Mine-
rals, an dem dieselbe erfolgt, verwertet werden.
Vgl. hierüber Haushofer, Mikroskopische Reaktionen
(Vraunschw. 1885); Klementund Renard, ReactionZ
niici-oc1iiinihii68 3. cristaux (Vrüss. 1886).
Von erheblichem Nutzen sind noch die Tren-
nungsmethoden, durch die es gelingt, eine oder
mehrere Mineralarten eines gemengten Gesteins
von den andern abzusondern, sei es, um die mine-
ralog. Natur desto leichter und sicherer direkt fest-
stellen zu können, sei es, um diese isolierten Ge-
mengteile für sich einer chem. Analyse zu unterwer-
fen. Diese Trennung selbst wird hauptsächlich ent-
weder auf chemischem oder auf mechanischem
Wege vorgenommen. Im erstern Fall unterwirft
man das feingepulverte Gestein der Einwirkung ge-
eigneter Säuren, die gewisse Gemengteile auflösen
oder zersetzen, andere unangegriffen zurücklassen; oder
man schreitet nacheinander zur Anwendung immer
stärkerer Säuren, wovon die eine diesen, die andere
jenen Gemengteil wegschafft, und hat dann in der
Fluorwasserstoffsäure ein Mittel, durch das die mei-
sten gesteinsbildenden Mineralien, Feldspate, Glim-
mer, Hornblende, Augite u. s. w., selbst der Quarz,
aus dem Gesteinspulver zum Verschwinden gebracht,
und gewisse gerade durch ihre Natur oder Verbrei-
tung sehr bemerkenswerten Gemengteile, wie Tur-
malin, Rutil, Zirkon, Anatas, Staurolith, übrig-
gelassen werden. Diese Rückstände werden dann
der mikroskopischen Untersuchung unterworfen. Bei
der mechan. Trennung bedient man sich einer chemisch
wirkungslosen Flüssigkeit von außergewöhnlich ho-
hem specifischem Gewicht, um die Gemengtcile nach
ihrer verschiedenen Schwere gesondert sich darin ab-
setzen zu lassen, namentlich der sog. Thouletsch cn
Lösung, einer wässerigen Lösung von Quecksilber-