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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Petroleum
Athanreihe; in geringer Menge sind cmch verschie-
dene Glieder der aromatischen Reihe vertreten. Der
flüchtigste Anteil ist der Petroleumäther (s. d.). Das
bei 70-80" siedende Ol ist das Gasolin oder Cana-
dol. Die Petroleumnaphtha siedet zwischen 80-
100", daran reiht sich das Ligroin (Siedepunkt 100
-120°), Putzöl (120-150°). Das Leuchtöl soll
zwischen 150-300° sieden. In dem höher destillie-
renden Anteil sind noch enthalten Schmier- nnd
Parasfinöl, Vafelin imd Paraffin. Das kaukasische
P. besteht jedoch zum größten Teil ans Kohlen-
wasserstoffen der Naphthcnreihe (s. Naphthene). Es
besitzt demgemäß ein höheres specifisches Gewicht,
liefert weniger und an Qualität nicht ganz so gutes
Leuchtöl, dagegen mehr und bessere Schmieröle. Auch
das galizischeP. enthalt Naphthene neben Äthanen.
Produktion, Handel und Statistik. Für die
Petroleumproduktion kommen hauptsächlich die Ver-
einigten Staaten von Amerika (hier in erster Linie
Pennsylvanien) und Nußlaud (Baku, s. d.) in Be-
tracht. Die amerik. Produktion betrug 1871: 5Mill.
Barrels (zu 42 Gallonen zu 6,5 cngl. Pfd. oder 4,51),
1880: 20, 1890: 45, 1891: 54, 1892: 50,5 und
1893: 48,4 Mill. Barrels. In dem Naphthabecken
der russ. Halbinsel Apscheron bei Baku waren (1894)
472 Bohrlöcher im Betrieb, 102 Bohrungen in
Arbeit. Während 1889 die Gesamterzcugung nur
3,4 Mill. t Rohnaphtha betrug, war sie 1893 schon
auf 5,6 Mill. t gestiegen. Die Ausfuhr von ameri-
kanischem P. betrug'1871: 152 Mill. Gallonen im
Werte von 30 Mill. Doll., 1893: 804 Mill. Gallonen
im Werte von nur 57,5 Mill. Doll., woraus man den
Preisrückgang des P. ermessen kann. Die russ.
Ausfuhr ist von '/. Mill. t im I. 1889 auf 1,05 Mill.
im I.1893 gestiegen. Von dem Gesamtverbrauch
der Erde entfielen 1893 auf amerikanisches P. 58,3,
auf russisches 41,7 Proz.
Die Einfuhr von P. in das Deutsche Neich betrug:
Jahre
Tonnen
Mill. M.
1891 1892 1893
675 528 743 433 765 100
65,4 60,7 47,3
Im 1.1893 wurden ferner eingeführt in Aster-
reich-Nngarn für 13,8, in Frankreich für 30,i und
in Großbritannien für 50,9 Mill. M.
Das Wachstum des Verbrauchs im Deutschen
Reich ergiebt sich aus folgender Tabelle:

Auf den


Anfden
Jahre
Tonnen
Kopf
Jahre
Tonnen
Kopf

K3



1866-70
70 436
1,87
1886-90
556 697
11,61
1871-75
154 504
3,75
1891
675 378
13,53
1876-80
235 280
5,40
1892
743 338
14,73
1881-85
389 335
8,54
1893
764 944
15,01
Die Durchschnittspreise für die Gallone betrugen
nach den Veröffentlichungen des Statistischen Bu-
reaus zu Washington für raffiniertes P.von 70 Grad
Abcl in Neuyork:
Jahr
Cents
Jahr
Cents
Jahr
Cents
1883 1884 1885 1886
8,.4 8,28 7,86 7,07
1887 1888 1889 1890
6,75
7,50 7,19 7,33
1891 1892 1893
6,85 6,06 5,25
März 1893 kostete im Großhandel amerikanisches
P. unverzollt in Bremen 100 kF mit Faß 10 M.
40 Pf., März 1894 nur 9 M. 63 Pf.; russisches P.
kostete verzollt in Lübeck 100 kF 1893: 20 M., 1894:
18 M. 60 Pf. Der Einfuhrzoll beträgt in Deutsch-
land 6 M. für 100 k^.
Laut amtlichen Nachweises waren 1893 in der deut-
schen Einfuhr 32 384 t (1892: 39 456 y rufsisches P.
enthalten, was nur einen Prozentsatz von 4,2 (1892
von 5,2) der gesamten Einfuhr ergiebt. Auch in
Belgien, den Niederlanden, in Frankreich, Spanien,
Portugal, Italien und Großbritannien sowie in
China und Japan wird vorzugsweise amerikanisches
P. verbraucht, wohingegen in Österreich-Ungarn
und der Türkei fast ausschließlich, in Indien "vor-
zugsweise russ. Erdöl konsumiert wird.
Die wichtigsten Plätze für den Petroleumhandel
sind in Deutschland: Bremen, Hamburg, Lübeck,
Danzig, Stettin und Mannheim; in Österreich-Un-
garn: Fiume und Triest; in Frankreich: Havre,
Marseille und Bordeaux; in England: London und
Liverpool.
In den Vereinigten Staaten wnrde 1872 von einer
Kapitalistengruppe, an deren Spitze John D. Nocke-
fellcr steht, die Standard-Oil-Eompany ge-
.gründet, welche sich allmählich zu einem Standard-
Oil-Trust erweitert hat und gegenwärtig über ein
Kapital von 90 Mill. Doll. verfügt. Ihr Bestreben
ist, die Produktion und den Vertrieb des P. zu mo-
nopolisieren und den Markt desselben vollständig
zu beherrschen. Zu diesem Zweck laufte sie viele
selbständige Raffinerien in Amerika aus und gab
ihre Trustaktien dafür, schloß mit den Eisenbahnen
nach der Küste hin Kontrakte ab und suchte später
die Nöhrenleitungen (?ip6 I^iiisä), welche das Nohdl
in die Raffinerien und von diefen zur Küste leiten,
an sich zu bringen. Sie liegt zur Zeit nur noch mil
der I'roäucei'L anä Iloünoi'L ?ip6 I^iris und der
Unitoli 8tHt68 I'ipo 1^in6, ihren amerik. Haupt-
konkurrenten, in hartem Kampfe. Auf dem Konti-
nent sucht sie die selbständigen Importhäuser aus-
zukaufen oder kontraktlich zu ihren Organen zu
machen und, soweit ihr dies nicht gelingt, durch
Herabsetzung der Petroleumpreise konkurrenzunfähig
zu machen. Ihr neuestes Bestreben geht dahin, sich
mit den russ. Naphthaproduzenten, welche eben-
salls durch die äoeiLtö couinierciHie et inänFti'isIis
äe n^Iiw cHZpienns ä6 Lacon (Gebr. Nobel) zu
einem Petroleumring vereinigt sind, zu verbinden,
um eine Abgrenzung der Absatzgebiete herbeizu-
führen und auf solche Weise die von dieser Seite
drohende Konkurrenz auf dem Weltmarkte abzu-
schwächen. Eine Verständigung ist aber bis jetzt
(Ende 1894) nicht erreicht worden. Eine Erhöhung
der Petroleumprcise würde ohne Zweifel die Folge
derselben sein, und es ist begreiflich, daß sowohl die
noch selbständigen Produzenten und Händler als
auch die Konsumenten diesem künstlichen Weltmono-
pol Widerstand zu leisten suchen.
Technisches. Die Gewinnung des Lampenpetro-
leums, Leuchtöls oder Kerosins erfolgt durch frak-
tionierte Destillation des rohen P. in liegenden
Cylindern, die mit Destillationsrückständen geheizt
werden. Der Kühlapparat besteht aus einem in
einen Wasserkasten eingelagerten System von Kühl-
rohren. Von hier gelangt das Destillat nach dem
Empfangskastcn, in welchem die Abscheidung des
Wassers bewirkt wird. Der Empfangskasten hat
verschiedene Abteilungen für einzelne Destillations-