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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Polnische Litteratur

lungen von Seklucyan, Petr. Artomius u. a.), erbauliche und polemische Traktate, auch in dramat. Form, eines Niemojewski, Krowicki, A. Wolan (in lat. Sprache), Budny u. a. Zur Abwehr mußte der Katholicismus zu demselben Mittel greifen. Die kath. Bibelübersetzung erschien Krakau 1561, hierauf die treffliche, heute allein approbierte des Jesuiten Jak. Wujek (gest. 1597), Predigtwerke von demselben und von Skarga, Traktate eines Kromer, Hosius, Wujek, Skarga u. a. Gleichzeitig entstand eine nationale Litteratur, hervorragend durch Ausdruck wie Inhalt, in den Werken des Rej, des großen Humanisten J.^[Jan] Kochanowski, des ernsten, früh verstorbenen Sęp Szarzyński, des bürgerlichen Klonowic, des religiösen Dichters St. Grochowski u. a. Die dramat. Litteratur brachte es nicht über Ansätze; nur das Schuldrama wurde in den Jesuitenschulen besonders gepflegt. In Prosa ragen hervor die Geschichtswerke der Bielski (Mart. und Joachim), des Ł. Górnicki, die Chronik Litauens des Maciej Stryjkowski (Königsb. 1581), die meist heraldischen Werke des Bart. Paprocki (gest. 1614, "Herby rycerstwa polskiego", Krak. 1584). Lateinisch wurde die Zeitgeschichte beschrieben von Orzelski, Solikovius, Heidenstein, Warszewicki; poln. Annalen schrieb Sarnicki. Die Sprache der Wissenschaft blieb das Lateinische; dagegen griff das Polnische weit hinaus über seine ethnogr. Grenzen, nach Rußland hin.

17. Jahrhundert. Die mächtige geistige Bewegung ließ nach; das Werk der Reformation ging in der kath. Reaktion zu Grunde. Mit dem Eingehen der Schulen anderer Konfessionen (in Rakow, Lissa u. a.) wurde die Schablone der Jesuitenschulen mit ihrer ausschließlich formal religiösen Bildung alleinherrschend. Die Krakauer Universität verfiel ganz; das wissenschaftliche Leben und das Niveau der allgemeinen Bildung (trotz hervorragender Bildung einzelner) sanken zusehends. Gegen Ende des Jahrhunderts begann die litterar. Produktion zu versiegen und wurde vom Ausland, außer von Rußland, wo polnischer litterar. Einfluß nur noch stieg, nicht mehr berücksichtigt. In der schönen Litteratur stellen sich neue Vorbilder, Stoffe und Stile ein: während in den ersten Decennien der religiöse K. Miaskowski (gest. 1622), der Idyllendichter Szymonowic u. a. noch in den Bahnen der Klassiker und Kochanowskis fortwandeln, herrscht später in der meist erotischen Lyrik der Einfluß des Marini vor, z. B. bei Hieronymus und Andreas Morsztyn; in der Epik der Einfluß des befreiten Jerusalem (in der Übersetzung des P. Kochanowski), z. B. bei Kochowski. Diese reich erblühende Dichtung behandelte entweder Zeitgeschichte, so die Epen des S. Twardowski, W. Potocki u. a., oder romantische Stoffe (bei Twardowski, Morsztyn u. a.), oder religiöse (der Tobias und Aman des Lubomirski, die Messiade des Gawłowicki u. a.). Zahlreich sind auch die Übersetzungen: der Pharsalia, der Metamorphosen, des Rasenden Roland (P. Kochanowski), des "Adone" des Marini u. a. In der didaktischen Poesie ragen die seit 1650 vielfach aufgelegten Satiren des Woiwoden von Posen, Christoph Opaliński (gest. 1655), durch ihre Schärfe und düstere Färbung hervor. Die dramat. Litteratur ist auf das Schuldrama beschränkt, neben Übersetzungen des Corneille und Racine, sowie Nachahmungen ital. Komödien (Lubomirski). Die neulat. Poesie ist glänzend durch Sarbievius, die Lechias des Ines u. a. vertreten. Die Geschichtswissenschaft bedient sich der lat. Sprache in den Klimakteren des Kochowski, bei Rudawski, Wijuk Kojałowicz (Jesuit, gest. 1677, "Historia Lituaniae", 2 Bde.), in der Reformationsgeschichte des Jędrzej Węgierski ("Slawonia reformata", Amsterd. 1679) und Lubieniecki. Der Polyhistor Simon Starowolski (Kanonikus von Krakau, gest. 1656) verfaßte lateinisch litterarhistor. und statist. Werke aller Art, ferner polnisch satir. und homiletische Werke. Lexikalisch thätig war der Jesuit Knapski, dessen dreibändiger Thesaurus auch Adagia umfaßt. In poln. Prosa sind das vollendetste die ästhetisch-moralisch-polit. Gespräche des Großkronmarschalls Lubomirski. Durch Buntheit und Lebhaftigkeit ziehen die Memoiren Paseks (deutsch von Stenzel, Bresl. 1838) besonders an. Der Zahl nach überwuchert die panegyrische Dichtung. Die Prosa der Reden wimmelt von lat. Brocken. Charakteristisch ist auch die Unduldsamkeit der öffentlichen Meinung, die z. B. die Drucklegung der Werke eines Dlugosz verbot.

18. Jahrhundert. Diese ungünstigen Bedingungen herrschten auch unter den Königen aus sächs. Hause vor. Die poln. Gesellschaft schloß sich unduldsam gegen neue Ideen und gegen die Bildung ab, die Jesuitenschulen beschränkten sich in ihrer veralteten Lehrweise auf Latein und Religion; das wissenschaftliche Leben und die litterar. Produktion (außer der panegyrischen und religiösen) waren erloschen, nur einzelne Magnaten, wie die Jablonowski, die Radziwiłł, die Rzewuski, widmeten ihnen ihre Muße. Hervorragendere Leistungen waren das große heraldische Werk des Jesuiten Kaspar Niesiecki ("Korona polska", 4 Bde., Lemb. 1728-43; neue Ausg., 10 Bde., Lpz. 1839-46), die poln. Dichtungen der Drużbacka, die Komödien der Fürstin K. Radziwiłł u. a.

Eine neue Epoche bahnten an die Thätigkeit des Königs Stanislaw Leszczynski, in dessen Umgebung in Nancy viele Polen sich aufhielten, des Piaristen St. Konarski, der die Reform der Schule, der öffentlichen Beredsamkeit und der staatlichen Organisation anbahnte, des Bischofs Jos. Andr. Załuski, der in Warschau eine großartige Bibliothek (300000 Bände; sie wurde 1795 nach Petersburg übergeführt und bildet die Grundlage der dortigen kaiserl. Öffentlichen Bibliothek) sammelte und sie dem Publikum übergab. Diese Keime wurden gepflegt unter König Stanisław August, durch den König selbst, durch den Fürsten A. Czartoryski u. a. Nach Aufhebung des Jesuitenordens wurde der Unterricht unter Staatsaufsicht gestellt. Eine "Edukationskommission" reformierte die Universität und die Mittelschulen; die Kadettenschule des A. Czartoryski wurde zu einer Musteranstalt; treffliche Handbücher verfaßten On. Kopczyński (1735-1817, Begründer einer wissenschaftlichen Grammatik), Gr. Piramowicz (gest. 1801, Organisator des Volksschulwesens) u. a. Der geistige Umschwung trat sofort in der schönen Litteratur zu Tage, welche die alten Bahnen verließ und in Gefolgschaft des franz. Klassicismus Reinheit und Glätte der Sprache sowie Regelmäßigkeit der Komposition erreichte, aber jegliche Kraft und Originalität verlor. Träger dieser Richtung waren Naruszewicz, Krasicki, Trembecki, Węgierski, Kniaźnin (1750-1807), Karpiński. Für das poln. Theater schrieben der Jesuit Franc. Bohomolec, der ungleich talentvollere Zabłocki, Bogusławski und Niemcewicz. Der Roman kam nicht über die Anfänge hinaus; neben zahlreichen Übersetzungen