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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Portugal (Geschichte)

Staatsrecht des Königreichs P. (Freib. i. Br. 1892); ferner die jährlich erscheinenden amtlichen Publikationen: Annuario estatistico do Reino de P. und Commercio de continente do Reino e ilhas adjacentes con paizes estrangeiros.

Geschichte. P. teilte bis zum 13 Jahrh. die Schicksale Spaniens. Erst von den Lusitaniern und andern Völkerschaften iber. und kelt. Stammes bewohnt, dann von den Römern erobert, zur Provinz (Lusitania) gemacht und romanisiert, in den Zeiten der Völkerwanderung von Germanen (Alanen, Sueven, Westgoten), seit dem 8. Jahrh. von den Arabern überschwemmt, geriet um die Mitte des 11. Jahrh. das Land zwischen Minho und Douro unter die Herrschaft Ferdinands I. von Castilien. Dessen Nachfolger Alfons VI. gab dem Grafen Heinrich von Burgund, der zum Kampfe gegen die Ungläubigen ins Land gekommen war und des castil. Königs natürliche Tochter Therese geheiratet hatte, 1095 das Land zwischen Minho und Mondego unter dem Namen Portucalia (von Portus Cale, dem spätern Oporto) als Lehn, mit der Erlaubnis, alles was er den Mauren entreißen würde, dieser Grafschaft hinzuzufügen. Graf Heinrich eroberte noch weitere Strecken, nannte sich Graf und Herr von P. und sagte sich schon 1101 von seinem Schwiegervater los. Nach seinem Tode (1112) führte erst Therese im Namen ihres zweijährigen Sohnes Alfons I. die Herrschaft. Alfons I. (s. d.) entriß ihr (1128) die Gewalt und befestigte seinen Thron durch glückliche Züge gegen die Araber. Nach dem Siege bei Ourique (1139) vom Volke als König begrüßt und 1142 vom Papst Innocenz II. in dieser Würde gegen einen jährlichen Zins anerkannt, wußte er seine Souveränität gegen die Ansprüche der span. Könige von Castilien und Leon zu behaupten. Die Cortes von Lamego 1143 gaben dem Staat seine innere Organisation, und 1147 entriß Alfons den Arabern auch Lissabon. Sein Nachfolger Sancho (1185-1211) setzte durch glückliche Kämpfe und durch wachsame Sorge für den Anbau und die Bevölkerung des Landes das begonnene Werk fort. Alfons II. (bis 1223) und Sancho II. (bis 1245) gerieten in heftige innere Streitigkeiten, namentlich mit dem mächtig emporwachsenden Klerus; Sancho II., vom Papst Innocenz IV. für abgesetzt erklärt, floh zum König Ferdinand nach Toledo, wo er 1248 starb. Alfons III. (gest. 1279) vollendete die Eroberung des arab. Königreichs Algarve 1250, und durch den Frieden mit Castilien 1263 erhielt P. im wesentlichen seine jetzigen Grenzen. Sein Nachfolger Dionysius (bis 1325) befestigte gegenüber der Kirche wieder das königl. Ansehen, förderte Wissenschaften und Ackerbau und legte den Grund zu der merkantilen und maritimen Blüte späterer Zeiten. Wie er dem Übermaß des geistlichen Besitzstandes, den Mißbrauchen des Adels entgegentrat, so förderte er alle bürgerlichen Gewerbe und knüpfte durch den Handelsvertrag von 1308 zuerst die Verbindung mit England an. Ihm folgte Alfons IV. (gest. 1357) und Pedro I. (gest. 1367), der Gemahl der Ines de Castro (s. d.). Mit Pedros Sohn, Ferdinand I., erlosch 1383 der Mannsstamm des burgund. Hauses. Seine Tochter Beatrix, mit Johann, dem Thronerben von Castilien, vermählt, war die rechtmäßige Königin; aber die Portugiesen zeigten sich einer Verbindung mit Castilien so abhold, daß Pedros unehelicher Sohn Johann I. von den Ständen als König anerkannt wurde.

Mit ihm beginnt die sog. unechte burgund. Linie. Durch den Sieg bei Aljubarrota (14. Aug. 1385) befestigte sich Johann gegen die Castilier auf dem Thron, führte den bis 1411 dauernden Krieg glücklich fort, stellte im Innern die Königsmacht von neuem fest und begann auch zuerst die portug. Macht nach außen auszubreiten. 1415 ward Ceuta erobert und einer der Söhne des Königs, Heinrich (s. d.) der Seefahrer, gab den ersten Anstoß zu den auswärtigen Entdeckungsfahrten, welche die spätere Kolonialmacht P.s begründet haben. Die ersten Kolonien (Porto-Santo und Madeira) wurden 1419 und 1420 in Besitz genommen. Auf Johann I. (gest. 1433) folgte dessen Sohn Eduard (gest. 1438), dann Johanns Enkel Alfons V. (gest. 1481), welcher 1471 Tanger eroberte, aber um den Besitz Castiliens einen erfolglosen Krieg führte. Die Entdeckungsfahrten wurden unter ihm fortgesetzt und bis Oberguinea ausgedehnt. Sein Sohn Johann II., 1481-95, trat der Übermacht des Adels entgegen, zog die verschleuderten Krongüter ein und unterdrückte eine Verschwörung des Adels, dessen Häupter, die Herzöge von Bragança und von Viséu, mit dem Leben büßten. Indessen hatte Bartol. Diaz das Vorgebirge der Guten Hoffnung entdeckt (1486), und seit Columbus, der sich vergebens an den portug. Hof gewandt, seine Weltfahrt nach dem Westen begonnen, ließ auch König Johann II. ein Geschwader ausrüsten, um Entdeckungen dort zu machen. Hierdurch entstand ein Streit zwischen P. und Castilien, bis endlich durch den Vertrag von Tordesillas 7. Juni 1494 eine Demarkationslinie festgestellt wurde, welche, 2770 km westlich von den Azoren und Kapverdischen Inseln laufend, die künftigen castil. und portug. Eroberungen schied. P. war nun eine Weltmacht geworden und verlebte unter Johanns II. Nachfolger, Emanuel I., bis 1521, seine glänzendste Periode. Vasco da Gama fand 1498 den Seeweg nach Ostindien, dessen Produkte P. unermeßlichen Reichtum zuführten. Unter den Vicekönigen Almeida und Albuquerque wurde das portug. Kolonialreich mit der Hauptstadt Goa in Ostindien begründet, Ceylon erobert, die Molukken unterworfen, Verbindungen mit China angeknüpft. Cabral, durch einen Sturm nach Westen getrieben, entdeckte 1500 Brasilien. Die Macht P.s stand nun auf ihrem Höhepunkte; Lissabon war die erste Handelsstadt Europas; der mächtig angespornte Helden- und Unternehmungsgeist des Volks gab sich in allen Gebieten des Lebens kund. Emanuels Nachfolger Johann III. (1521-57) neigte zu der klerikalen Politik, die in der nämlichen Zeit Spaniens Aufschwung lähmte und in P. dieselben Nachteile im Gefolge hatte wie dort. Nach Johanns Tod folgte ihm sein dreijähriger Enkel Sebastian, anfangs unter Vormundschaft. Von den Jesuiten erzogen, ging dieser mit Einseitigkeit dem Gedanken nach, der Bekehrer und Überwinder der Mauren in Afrika zu werden, verlor aber 1578 in der unglücklichen Schlacht bei Alcazar (4. Aug.) sein Leben. Ihm folgte sein Großoheim, der Kardinal Heinrich, der schon 1580 starb und die burgund. Linie schloß.

In dem Streite um den Thron gelang es Philipp II. von Spanien (in Portugal Philipp I.) als Sohn der ältesten Schwester Johanns III. sich des Landes zu bemächtigen und die andern Kronprätendenten zu überwinden. Ohnedies schon im Verfall begriffen, ward P. unter Philipp und seinen beiden gleich-^[folgende Seite]