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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Porzellanschnecken - Posamenterie
Gelbgrün, Vlaugrün, später Eisenrot-Zell, Gelb-
braun, Braun, Schwarz und Gold. Anfänglich deko-
rierte man nur mit einer Farbe, später lernte man
das Ineinandermalen verschiedener Farben.
Nachdem die harten Farbenpigmente und das
Flußmittel fein zerrieben und mit einigen Tropfen
Terpentin- und Nelkenöl vermischt sind, werden sie
mittels eines Pinsels auf die Glasur aufgetragen
und so die gewünschte Dekoration nach der, meist
auf den Gegenstand gepausten, Vorlage hervor-
georacht. Die Ränder werden mittels eines vorn
abgeschrägten Pinsels auf einer drehbaren Scheibe
gezogen. Weil durch das erste Brennen die Farben
kälter im Ton werden, müssen dieselben vor dem
zweiten Brennen mit Lasurfarben (Gelb, Gelb-
braun, Rot, Lasurbraun und Gelbgrün) stark über-
zogen werden. Das Dekorieren mit Gold geschieht
in folgender Weise. Das Goldpräparat (ein durch
Königswasser aufgelöstes Gold, dem als Flußmittel
Quecksilberoxyd und Wismut zugesetzt ist) wird
unter Zusatz von Terpentinöl leicht zerrieben und
mit etwas Lavendelöl vermischt, sodann auf den
Gegenstand mittels Pinsels stark aufgetragen. Die
matt aus dem Feuer kommende Vergoldung wird
nun poliert, und zwar Goldränder und schmaler
Golddekor mittels eines spitzen, geglätteten Achat-
steins durch strichweises Drücken und Schleifen;
größere Flächen, die zuvor mit einem aus pulveri-
siertem Wiener Kalk und verdünntem Essig her-
gestellten Brei geputzt und dann davon gesäubert
sind, mit dem Vlutstein. Eine neue Erfindung auf
dem Gebiete der P. (Pariser Weltausstellung 1889)
besteht darin, daß die Porzellangegenstände rot be-
malt und in einen Dünstofen gebracht werden, wo
durch einen Orydationsprozeß ein flammengleicher
Ton erzielt wird; dann erhält die gemalte Dekora-
tion durch ein galvanisches Bad einen Silbernieder-
schlag, der nach dem Brennen des Gefäßes graviert
oder ciseliert werden kann. - Vgl. über P. und ver-
wandte Gebiete die Handbücher von Strele (4. Aufl.,
hg. von Tscheuschner, Weim. 1883), Klimke (3. Aufl.,
Lpz. 1888), Cl. Freitag (2. Aufl., Wien 1894),
Fel. Hermann (2. Aufl., ebd. 1894), sowie Ulke, Kate-
chismus der Porzellan- und Glasmalerei (Lpz. 1894).
Ferner: Göppinger, Vorlagen zum Porzellanmalen
(32 Tafeln in Farbendruck, Münch. 1889-90):
Ther. und Minna Laudien, Vorlagen für P.
(36 Blatt, Franks, a. O. 1891-94); Deminger,
Sammlung von P. aus dem 18. Jahrh. (32 Farben-
drucke, Lpz. 1892); vgl. außerdem die Litteratur bei
Ornament, Rokoko u. s. w.
Porzellanschnecken ((^pi-HLiäae), Familie der
Kammkiemer mit ovalem, meist hochgewölbtem Ge-
häuse, dessen äußerste Windung fast das ganze übrige
Gewinde überdeckt; die Mündung ist lang, schlitz-
förmig. Die Schalen sind sehr fest, porzellanartig,
oft schön gefärbt, namentlich gesteckt und glänzend.
Die P., zu denen das Kauri (f. d., (^pi-^en. monota
D.) gehört, sind besonders in den tropischen Mee-
ren zahlreich.
Porzellanthon, soviel wie Kaolin (s. d.).
Porzellanturm, s. Nanking.
Porzellanwaren. Wegen seiner Haltbarkeit,
Widerstandsfähigkeit gegen chem. Agentien, und
weil es nächst dem Glase das am reinlichsten sich
haltende Material zu Geschirren ist, eignet sich das
Porzellan vorzüglich zu allerlei Tafel- und Ge-
brauchsgeschirr, Pfeifen- und Puppenköpfen, Schil-
dern, Knöpfen u. dgl., ferner zu Gefäßen und Appa-
raten für chem. und Physik. Zwecke, wie Abdampf-
pfannen, Tiegel, Röhren, Retorten, Isolatoren.
Sodann aber läßt das Porzellan auch bei seiner
weißen, bildsamen Masse die Darstellung zarter
künstlerischer Formen und eine farbenprächtige Be-
malung (s. Porzellanmalerei) zu und wird deshalb
zur Herstellung von Luxusgegenständen, wie Vasen,
Nippfiguren, Lithophanien (s. d.), ja selbst Blumen
(durch Mischung der Porzellanmasse mit Sirup),
Spitzen u. dgl. verwendet. In der Neuzeit beschäf-
tigt sich, abgesehen von den berühmten Kunstfabriken
(s. Porzellan), insbesondere die Privatindustrie mit
der Herstellung von P. für den täglichen Gebrauch.
In Deutschland giebt es etwa 180 Porzellanfabriken
(vorzugsweise in Thüringen, Sachsen, Schlesien,
Nheinprovinz), in Osterreich 120 (besonders im
nördl. Böhmen), in Frankreich 100, in Großbritan-
nien 90, in Rußland 40 Porzellanfabriken; in
diesen allen werden jedoch auch Fayence, Steingut,
Wedgwood und andere Thonwaren gefertigt. 1893
betrug in Deutschland die Ausfuhr 16,8, die Ein-
fuhr 0,8, in Österreich-Ungarn 10,2 und 0,8, in
Frankreich 8,2 und 3,i Mill. M.
I>082.62. (span.), Wirtshaus, Schenke.
Pofadowfky-Wehner, Arthur Adolf, Graf,
Freiherr von Postelwitz, Staatssekretär des Reichs-
schatzamtes, geb. 3. Juni 1845 zu Großglogau,
studierte in Berlin, Heidelberg und Vreslau die
Rechte und Staatswissenschaften, war dann zwei
Jahre beim Stadtgericht zu Breslau thätig, wid-
mete sich seit 1869 der Landwirtschaft und trat
1871 bei der Negierung zu Posen in den Verwal-
tungsdienst. 1873 wurde P. Landrat des Kreises
Wongrowitz, 1877 des Kreises Kröben. 1882 für
den Wahlkreis Fraustadt-Kröben in das preuß. Ab-
geordnetenhaus gewählt, schloß sich P. der freikon-
servativen Partei an, übernahm 1885 die Leitung
der provinzialständischen Verwaltung der Provinz
Posen und wurde 1889 zum Landesdirektor mit
dem Titel Landeshauptmann erwählt, in welcher
Stellung er die ständische Verwaltung der Provinz
neu organisierte. Seit 1884 gehörte er auch der
Provinzialsynode von Posen und der General-
synode der evang. Landeskirche Preußens an. 1893
erfolgte seine Ernennung zum Wirkl. Geheimrat
und zum Staatssekretär des Reichsschatzamtes, in
welcher Eigenschaft er im Frühjahr 1894 die von
dem Reichskanzler berufene Kommission zur Be-
ratung von Maßregeln behufs Hebung und Befesti-
gung des Silberwertes leitete. P. veröffentlichte
Broschüren über die Errichtung einer Landeskultur-
rentenbank der Provinz Posen, über die auslän-
dische Konkurrenz und ihre Folgen für die Land-
wirtschaft, über die Altersversicherung der Arbeiter
sowie eine "Geschichte des schles. uradligen Ge-
schlechts der Grafen P." (Vresl. 1891).
Posamenterie (frz. pÄZZeinsutsi-iL), dasjenige
Gewerbe, welches sich ursprünglich mit der Herstel-
lung der zu Besätzen bestimmten Borten, Tressen,
Litzen, Gimpen u. s. w. beschäftigte. Später zog
die P. auch die Verfertigung von Schnüren, Flecht-
werk aus letztern, Fransen, Quasten, Rosetten, Kan-
tillen, der übersponnenen Knöpfe u. s. w. in ihren
Vereich, so daß sie jetzt fast den ganzen Ausputz ge-
webter Stoffe liefert. Die Arbeit der P. ist teils
Hand-, teils Maschinenarbeit. DerPosamentier-
stuhl oder Borten wirkstuhl enthält die wesent-
lichen Teile des gewöhnlichen Webstuhls meist in
etwas abgeänderter Form und ist zur Herstellung