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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Postwesen

tung der sog. Deutschen Post herbeigeführt. Außerhalb Europas fanden die Spanier in Peru und Mexiko bereits vollständig eingerichtete Kuriereinrichtungen vor, als deren Begründer in Peru der Inka Yupanqui Pachacutec genannt wird. Die Postkurse führten von Cuzco, der alten Inkahauptstadt, bis zum Meere; und auch dem Herrscher von Mexiko, Montezuma (1502-20 n. Chr.), wurde die Ankunft der weißen Männer vom Meere aus nach der mexik. Hauptstadt Tescuco durch Kurierreiter mit erstaunlicher Schnelligkeit gemeldet. In Mexiko und Peru führten die Kuriere damals die Quipus, Schnürbündel, als geheime Botschaften mit sich (Quipuschrift).

In der Zeit der Entdeckungen mußten naturgemäß auch die Verkehrsmittel den Anforderungen des in Kultur und Leben sich vollziehenden Umschwungs gerecht werden. Bei der Zersplitterung des Botendienstes unter zahlreiche Anstalten der Fürsten, Universitäten und Städte war es nicht möglich, dem Mitteilungsbedürfnisse der Völker und der Ausbreitung des seit dem Türkenkrieg in Venedig entstandenen Zeitungswesens (s. Zeitungen) mit der bisherigen Form der Boteneinrichtungen zu genügen. Ein Sproß des Geschlechts von Torriani, Herren von Mailand, die sich später wegen ihres Besitzes in dem an Dachswild reichen Gebirge von Tassis bei Bergamo den Namen derer von Tassis beilegten (s. Taxis), hat das Verdienst, geordnete Posten im modernen Sinne eingerichtet zu haben. Nach Rübsams auf archivalischen Studien beruhendem Werke "Baptista von Taxis" (Freib. i. Br. 1889) weisen die ersten Spuren dieser Einrichtungen bis in die Zeit Kaiser Friedrichs III. zurück (1440-93). Dieselben dienten meist für die Bedürfnisse des kaiserl. Hofs in Wien. 1450-60 bestand in Innsbruck ein "Hof-Postamt" und Johann von Taxis war an der Spitze des "Hof-Postgeneralats" von Tirol. Maximilian I. ernannte (18. Aug. 1496 zu Tirano) den Jan von Taxis zum Postmeister über Tirol. Die Feldpost von Sondra und die Post bis Feldkirch und Chur, sodann die niederländ. Route über Lindau, Worms nach Brüssel werden authentisch erwähnt. Am 1. März 1500 ernannte Philipp der Schöne in Gent, der seit 1494 in den Niederlanden und Burgund regierte, Franz von Taxis zum Kapitän und Chef seiner Posten und traf 18. Jan. 1504 mit ihm ein Abkommen, kraft dessen dieser sich verpflichtete, eine Post zwischen den Niederlanden und dem Hoflager Maximilians I. in Wien sowie nach Paris und Spanien ins Leben zu rufen. Die Briefe sollten von Brüssel nach Paris in 44 Stunden, bis Innsbruck in 5½ Tagen, bis Granada in 15 Tagen, bis Toledo in 12 Tagen befördert werden. 1516 schloß Taxis mit Karl I. von Spanien den Vertrag wegen Ausdehnung der Posten über Verona und Rom nach Neapel. Franz von Taxis erhielt 1516 von Kaiser Maximilian die Zusicherung, daß ihm und seinen Nachkommen die Einkünfte aus den Posten zustehen sollten, gegen die Verpflichtung, die kaiserl. Briefe kostenfrei zu befördern. Zugleich erteilte der Kaiser die Genehmigung dazu, daß die "reitenden Boten des Tassis" ohne Ansehung der territorialen Sonderrechte der einzelnen Fürsten und Reichsstände ihre Straße von Wien nach Brüssel ziehen durften. Franz von Taxis starb 1517. Ihm folgte Johann Baptista von Taxis, den Karl V. 1520 zum Generalpostmeister ernannte.

Die Depeschen des Kaisers, die Berichte der Statthalter und Gesandten, die Briefschaften der Kaufleute wurden mit gleicher Schnelligkeit befördert. Die Landesherren der Gebiete, durch welche die Posten zogen, gewann Tassis anfänglich dadurch, das; er ihre Briefschaften unentgeltlich besorgte. Mit der wachsenden Ausbreitung des P. aber (1588 brachte es bereits 100000 Dukaten reinen Überschuß), und als Lamoral von Tassis, dessen Familie vom Kaiser naturalisiert war und den Namen Thurn und Taxis angenommen hatte, 27. Juli 1615 vom Kaiser Matthias zum Reichsgeneralpostmeister mit der Wirkung ernannt wurde, daß ihm dieses Amt "als ein neu eingesetztes Regale für sich und seine männlichen Erben zu Lehn" verliehen war, regte sich die Eifersucht der Reichsstände gegen diese Beeinträchtigung ihrer Territorialrechte, und sie bestritten dem Kaiser das Recht, Reichsposten durch ihr Gebiet zu führen. Nur in Österreich hatte Taxis keine Reichsposten errichtet, dort war 1624 Graf Paar mit dem P. besonders beliehen.

Die Streitigkeiten über das kaiserl. Postreservatrecht wurden fast zwei Jahrhunderte lang mit großer Erbitterung geführt; schließlich nahmen die Unordnungen auf den Postkursen einen solchen Umfang an, daß einzelne der mächtigsten Reichsstände sich veranlaßt sahen, die Reichsposten zurückzuweisen und eigene Territorialposten auf ihrem Gebiet anzulegen. In Brandenburg war dies schon früher (1649) geschehen; der Kurfürst hatte auf Anraten des Hofpostmeisters in Berlin, Matthias, die alten "Ordinariboten" aufgehoben und kurfürstl. Posten von Memel bis Cleve eingerichtet. 1651 schrieb der Große Kurfürst an Taxis, er habe bereits eigene Posten in seinem Lande angelegt und könne keine andern dulden. Die Aufforderung des Kaisers vom 20. Dez. 1659, die Reichsposten ungehindert durch seine Staaten gehen zu lassen, beantwortete der Kurfürst mit einer energisch abgefaßten Note, die für alle Zeiten gegen die Taxissche Post Protest einlegte. Seitdem wurde Kurbrandenburg nicht mehr in der Entwicklung seiner Territorialpost gehemmt. Kursachsen erklärte durch Erlaß vom 17. Dez. 1681 das P. für ein "landesherrliches Regale". Braunschweig-Lüneburg belehnte 1682 die Grafen Platen mit dem Erbgeneralpostamt, und Hannover hielt diese Belehnung aufrecht, bis 1736 das hannoverische P. in Staatsbetrieb genommen wurde. 1720 löste Osterreich das gräfl. Paarsche Erbpostlehn ab und nahm die Posten in staatliche Verwaltung. In den Niederlanden blieb das Taxissche P. bis 1789 in Wirksamkeit und zwar als poste royale gegen eine zuletzt bis auf 135000 Fl. jährlich gesteigerte Pachtsumme. Obwohl dann im §. 13 des Reichsdeputationshauptschlusses vom 25. Febr. 1803 der Besitzstand von Taxis ausdrücklich garantiert wurde, ging er doch mit dem Zusammensturz des Römischen Reichs deutscher Nation rechtlich unter; die Reichsstände erhielten auch im P. volle Souveränität, dergestalt, daß Taxis nur aus Zweckmäßigkeitsgründen und gegen Pachtzahlung in der Ausübung der Territorialpostrechte belassen wurde. In Baden wurde Taxis erst 1811, in Württemberg 1851 (gegen 1½ Mill. Fl. Abfindung) abgelöst; in Hessen-Darmstadt, Nassau, Frankfurt, Kurhessen und den thüring. Fürstentümern verblieben Taxissche Posten bis 1866, zu welcher Zeit Preußen Nachfolger von Taxis gegen eine Abfindungssumme von 3 Mill. Thlrn. wurde. Trotz des fiskalischen Geistes der Thurn und Taxisschen Post, der naturgemäß auf Gewinnerzielung gerichtet war, muß anerkannt werden, daß sie Deutsch-^[folgende Seite]