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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Pözl - Pozzo di Borgo
im S. an Bosnien, im W. an Velovär und Agram
und hat 4982,9') (ikni und (1890) 202836 meist kath.
kroat. E. (10727 Deutsche, 9429 Ungarn), darunter
53508 Griechisch-Orientalische, 4449 Evangelische,
1928 Israeliten. Das Komitat ist meist gebirgig,
waldig, gut bewässert, fruchtbar, aber nur mähig be-
baut. Haupterzeugnisse sind Mais und.Hülsenfrüchte,
dann Forstprodukte. Die Viehzucht liefert namentlich
Schweine. Die Mineralquellen von Lipik und Da-
ruvär haben guten Ruf. Das Komitat P. um-
faßt die königl. Freistadt P., die Stadt Brod und
6 Stuhlbezirke. - 2) Königl. Freistadt rechts an der
Orljava, Sitz der Komitatsbehörden und eines Ge-
richtshofs, hat (1890) 4077 meist kath. kroat. E.,
Ruinen der ehemaligen Festung, mehrere Kirchen,
ein kroat. Staats-Obergymnasium, eine Haupt-
schule, Landesackerbauschule, ein Waisenhaus; Wein-
und Tabakbau, Seidenzucht und Viehhandel.
Pözl, Ios. von, Staatsrechtslehrer, geb. 5. Nov.
1814 zu Pechtersreuth bei Waldsassen in der Ober-
pfalz, studierte zu München, habilitierte sich 1843
in Würzburg und wurde 1845 außcrord. Professor
daselbst, 1847 Professor des bayr. Verfassungs- und
Verwaltungsrechts in München. 1848 ins'Parla-
ment nach Frankfurt gewählt, gehörte er zur Partei
des Augsburger Hofs. Seit 1858 war er Mitglied
der bayr. Zweiten Kammer, 1865 - 69 erster Prä-
sident derselben, seit 1872 Mitglied der bayr. Kam-
mer der Reichsräte. Er starb in der Nacht vom
9. zum 10. Jan. 1881 in München. Er schrieb ein
"Lehrbuch des bayr. Verfassungsrechts" (Münch.
1851; 5. Aufl. 1877), ein "Lehrbuch des bayr. Ver-
waltungsrechts" (ebd. 1856; 3. Aufl. 1871; Suppl.
1874), einen Kommentar zu den bayr. Wassergesetzen
vom 28. Mai 1852 (in "Die Gesetzgebung des König-
reichs Bayern", hg. von Dollmann, Bd. 2, ebd.
1859; 2. Aufl. 1881) und einen "Grundriß zu Vor-
lesungen über Polizei" (ebd. 1866). Mit Arndts
und Bluntschli begründete er 1853 die "Kritische
Überschau", seit 1859 u. d. T. "Kritische Viertel-
jahrsschrift für Gesetzgebung und Rechtswissen-
schaft" erscheinend.
Pozoblanco, Bezirksstadt im N. der span. Pro-
vinz Cordoba, 500 in hoch auf einer steinigen Hoch-
ebene (Los Pedroches) mit anstehendem Granit und
vielen isolierten Blöcken, trocknem, heiterm, im
Winter kaltem Wetter, teils fruchtbarem Ackerlande,
teils steiniger, mit Cistheide oder Eichcngehölz be-
deckter Steppe, hat (1887) 11556 E.; Schaf- und
Schweinezucht, Bau von Getreide und Hülsenfrüch-
ten in Überstuß und Gewinnung von Silber und
weißem Marmor. ftnrg (s. d.).
Pozsony (spr. pössonj), ungar. Name von Preß-
Pozuzo, deutsche Kolonie am Ostabhang der
Anden in Peru, nahe Huanuco und dem obern Hual-
laga, liegt am Zusammenfluh des Flusses P. und
des Huancabamba, über die drei Srahtbrücken füh-
ren, und zählt 85 deutsche, aus Tirol und Rhein-
land stammende Familien mit 488 Köpfen, und
60 Indianer, die zum Teil deutsch sprechen. Die
von Schütz von Holzhausen 1857 ins Leben gerufene
Kolonie entwickelt sich leidlich, besonders seit Grün-
dung einer Cocamfabrik. Tabak, Kaffee und Zucker-
rohr werden in Menge angebaut. Es gab 1892:
338 Stück Rindvieh, 275 Schweine und 5000 Hüh-
ner. - Vgl. Schöpf, Die Tirolerkolonie am P.
(Salzb. 1892).
Pozzo, Andrea dal, deutsch-ital. Baumeister
(vielleicht ursprünglich Brunner geheißen), geb.
1642 zu Trient, gest. 1709 in Wien, trat 1665 in
den Jesuitenorden ein, wurde Koch im röm. Kolleg
und durch deutsche Kavaliere, die sein Talent er-
kannten, der Malerei und Baukunst zugeführt. Er
ist vor allem Gelehrter der Geometrie, ein Meister
der architektonischen Perspektivenmalerei, über welche
er das große mit Tafeln geschmückte Werk "?6i--
8p66tiv3.e pictorum at^ue arcliitkctoi-uin" (2 Tle.,
Rom 1693; Augsb. 1708, von Johannes Boxbarth
und G. K. Bodenehr, wiederholt aufgelegt) veröffent-
licht hat. Er malte zunächst Dekorationen für die
großen Kirchenschaufeste der Jesuiten und schmückte
die Ignatiuskirche in Rom u. a. mit der gemalten
Decke im Langhause, führte den meisterhaft erdachten
plastischen und bildlichen Schmuck des Chors aus
und schuf (1700) die glänzendsten Altarwerke Roms:
den Altar des heil. Luigi Gonzaga in der Ignatius-
kirche und den Loyolaaltar in der Iesuskirche, ferner
den Altar in der Sebastianskirche zu Verona. Nach
feinen Plänen wurde 1700-6 der Dom zu Laibach,
1701 die Iesuitenkirche zu Trient ausgeführt. Sein
Hauptwerk ist der Umbau der Universitätskirche zu
Wien (um 1704). In Bamberg baute er seit 1686
die Martinskirche (1720 vollendet). P. brachte die
Barockarchitektur zu ihrer höchsten Vollendung nach
ihrer malerischen Seite hin.
Pozzo di Borgo, Karl Andr., Graf, russ.
Diplomat, geb. 8. März 1764 in Alata auf der
Insel Corstc'a, wurde Advokat und 1791 in die Le-
gislative Nationalversammlung gewählt, wo er sich
den Girondisten anschloß. Er verließ aber Frank-
reich um seiner persönlichen Sicherheit willen und
wandte sich seit Herbst 1792 Paoli (s. d.) zu. P.
übernahm unter der engl. Herrschaft auf Corsica
den Vorsitz des Staatsrats und schiffte sich beim
Abzüge der Engländer mit diesen ein. Der corsische
Familienhaß gegen die Bonapartes brachte P. vol-
lends in das Lager der Gegner der Revolution.
Nachdem er in mehrern geheimen Sendungen, z. B.
1798 in Wien, für die Koalition thätig gewesen war,
trat er in rusf. Dienste, ging 1805 zur engl.-neapolit.
Armee als rusf. Kommisfar, ebenso 1806 zum preusi.
Heer. Der Bund Rußlands mit Napoleon bewog
ihn, vorübergehend den russ. Dienst zu verlassen
und 1809-10 in Osterreich, dem Orient, Groß'
britannien seine Thätigkeit gegen Napoleon fort
zusetzen. 1812 begann der wichtigste Teil seines
öffentlichen Wirkens. Er brachte den Bund mit
Schweden zu stände, drängte Alexander zur Fort-
setzung des Krieges, suchte Bernadottes bedächtiges
Zögern zu überwinden, ging dann als russ. Kom-
missar ins schwed. Lager und im Jan. 1814 nach
England, um die brit. Politik zu entschiedenem
Handeln zu bestimmen. Kaiser Alexander I. be-
lohnte ihn mit dem Posten eines russ. Botschafters
in Paris und nahm ihn mit auf den Wiener Kon-
greß. Nach der Rückkehr Napoleons von Elba eilte
er zu Ludwig XVIII. nach Gent, begab sich hierauf
ins Hauptquartier Wellingtons und wurde bei
Waterloo leicht verwundet. Nach dem Ausbruch der
Julircvolution von 1830 ward seine Stellung
schwierig. In Paris sah man in ihm den Vertreter
der Politik Rußlands gegen Polen, und es kam
nach dem Falle Warschaus zu Demonstrationen, die
seine Abberufung im Frühjahr 1832 zur Folge
hatten. Indessen ward er bereits nach einigen Mo-
naten wieder nach Paris gesandt, 1834 zum Bot-
schafter in London ernannt, blieb auf diesem Posten
bis 1839 und zog sich dann als Privatmann wieder