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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Prahm - Präjudiz
Muster, Mäander (s. Taf. IV, Fig. 13) und Haken-
kreuze in feiner Ausführung. Dieje kommen jedoch
nur in dem mittlern Deutschland vor, während im
Norden sich die Keramik wenig von der frühern Zeit
unterscheidet. Von seltsamer Form sind dann die
gennan. Urnen während der Zeit der Völkerwan-
derungen, immer ganz stach und schalenförmig, meist
in der Mitte an der Ausbauchung mit horizontalen
und schräg laufenden Kannelüren versehen und stets
ohne Henkel (s. Taf. IV, Fig. 20). Sie finden sich
ohne Steinsetzungen und ohne irgendwelche Vei-
gefäße, meist auch ohne Beigaben, einfach so mit
den Knochen gefüllt, in der Erde beigesetzt. Von
ganz anderer Technik sind die röm. Gefäße, die in
großer Zahl besonders in den Gräberfeldern und
Ruinenstätten des Rheinlandes gefunden werden:
elegant geformte Graburnen in verschiedenen For-
men, Kannen, Flaschen, Becher, Schalen u. s. w.,
meist aus weißem oder schwarzem Thon, zuweilen
aber auch aus schönem rotem, der sog.ierra. 8iZi1-
law (s. Taf. IV, Fig. 18 u. 19). Alle sind auf der
Töpferscheibe hergestellt, die mit verschwindend
wenigen Ausnahmen bei den german. Gefäßen
vorher noch nicht vorkommt. Bei röm. Gefäßen
kommt ferner zuerst in Deutschland auch die Aus-
gußtülle vor, die bei den alten Germanen, so einfach
und praktisch sie doch eigentlich ist, noch vollkommen
unbekannt war. Der Thon bei allen röm. Gefäßen
ist außerordentlich fein geschlemmt und ebenso gut
gebrannt wie bei unsern modernen. Die frank.
Gefäße aus den Reihengräbern der Merowinger-
zeit, ebenso die aus den Gebieten der Alamannen
und Vajuvaren, ähneln zum Teil den römischen in
Brand und Form, zum Teil sind sie sehr masiiv und
dickwandig, gewöhnlich von schwärzlichem Thon, nur
selten weihlich oder rot. Ausgußtüllen und Henkel
sind selten. Sie sind alle auf der Scheibe hergestellt,
wie sich an den fast überall noch vorhandenen hori-
zontalen Rillen deutlich erkennen läßt. Die Orna-
mentik dieser Zeit ist außerordentlich arm, es sind
entweder flache horizontale Furchen oder horizontale
Reihen von dicht aneinander gedrängten dreieckigen,
viereckigen, kreuzförmigen u. s. w. Einstempelungen,
die oft fast wie Inschriften aussehen.
Am meisten verwandt sind mit ihnen die Thon-
gefäße der slawischen Zeit, nur daß diese durch-
weg roher gearbeitet, immer von grauer oder
bräunlicher Farbe sind. (S. Vurgwall-Typus.)
Prahm, ein flaches, niedriges Fahrzeug, das in
Seehäfen und auf Flüssen zum Fortschaffen schwerer
Lasten dient und je nach seiner Bestimmung ver-
schiedene Namen, z. B. Kohlen-, Wasser-,^Vagger-,
Minen-, Munitionsprahm u. s. w. führt. Scheuer-
prahm heißt ein kleines kahnartiges Boot auf
Kriegsschiffen, das beim Reinigen der äußern
Schiffswände benutzt wird.
Prahöva, linker Nebenfluß der Ialoncha in
Rumänien, entspringt in den Transsylvanischen
Alpen am Predealpaß, stießt durch den Südabhang
des Gebirges in südlich gerichtetem Thale, dem die
Eisenbahn folgt, wendet sich in der Tiefebene nach
Osten. Der Kreis P., einer der reichsten Distrikte
Rumäniens, mit Petroleumquellen und Salzberg-
werken, hat 4650 <ikm und 309400 E.
Prairial (frz., spr. präriäll, der "Wiesenmonat"),
der neunte Monat des franz. republikanischen Kalen-
ders (s.d.), dauerte in den I. I-VII vom 20. Mai
bis 18. Juni, in den I. VIII-XIII vom 21. Mai
bis 19. Juni des Gregorianischen Kalenders.
Prairie (frz., spr. prärih, "Wiese", "Aue"), der
Name, den die franz. Erforscher den großen frucht-
baren, baumlosen Ebenen Nordamerikas, zwischen
Mississippi und den Felsengebirgen, beilegten. Sie
reichen im N. bis zum Saskatchawan und steigen
langsam bis in eine Höhe von 1000 bis 1500 m zum
Felsengebirge an. Sie sind teils flach, teils wellen-
förmig (rollinF pi-airi^), meist holz- und wasserleer,
mit einem üppigen Graswuchs versehen, so daß
der Horizont auf allen Seiten in einem Grasmeer
untertaucht, das, vom Winde bewegt, wie in Wo-
gen auf- und niedersteigt. Die Prairiebrände, die
durch teils zufälliges, teils absichtliches Anzünden
des dürren Prairiegrases entstehen, vernichten jedes
Pflanzenleben, mit Ausnahme der Wurzeln des
Grases, die bald wieder ausschlagen. - Vgl. Schlag-
intweit, Die P. des amerik. Westens (Lpz. 1876).
Prairieeule, s. Prairiekauz.
Prairiehuhn oder Kupidohuhn (^strao 8.
Oupjäonia cuMo 2^., s. Tafel: Hühnervögel I,
Fig. 4), ein Vogel aus der Unterfamilie der Wald-
hühner von der Größe des Haselhuhns, mit schwarz,
hellrotbraun und weiß geschecktem Gesieder. An
jeder Seite des Halses befindet sich eine kahle, orange-
rote Hautstelle, die der Hahn beim Balzen kugelig
aufbläst, und über ihr ein Büschel verlängerter,
wercher, nach hinten gerichteter Federn.
Prairiehund, s. Murmeltier.
Prairiekauz <8p60t7to), Prairieeule, Höh-
leneule, eine Gattung der Eulen (s. d.) mit ziem-
lich hohen Beinen, die nur im obersten Teil befiedert
sind. Es sind mehr Tag- als Nachttiere, die paar-
weise in den Prairien Nordamerikas und den Pam-
pas Südamerikas, und zwar mit Säugetieren
(Prairiehunden, Viscachas u. a.) zusammen in deren
Höhlen wohnen. Sie nähren sich von kleinen Wirbel-
tieren, Insekten u. s. w. Man kennt vier Arten, wovon
die bekannteste dieKanincheneule (8p60t^to ouiii-
cui3.ri3. Mo^'nn) ist, ein 23cni langer und 58 cm
klafternder Bewohner der südamerik. Pampas.
Prairiewolf (Oaniä Ikti-an8 H^?/; s. Tafel:
Wilde Hunde und Hyänen II, Fig.1, Bd.9,
S.427), Coyote, Heulwolf, ein 90 cm langer
Hund mit 40 cm langem Schwänze, der Nordamerika
vom 55." nördl. Br. bis Mexiko bewohnt und zahl-
reiche lokale Farbcnvarietäten bildet; im Norden ist
er langhaarig und wolfsgrau, im Süden kurzhaarig
mit gelbbraunem Pelze. Er ist einer der Stamm-
väter der amerik. Haushunde.
Präjudiz (lat. pra^uäieium), eigentlich eine
vorgefaßte Meinung oder ein Vorurteil. In der
Nechtssprache bedeutet P. die nachteilige Folge,
welche einer Partei daraus erwächst, daß sie eine be-
stimmte Handlung nicht vornimmt; z.B. gegen eine
Partei, welcher im Prozeß ein Eid auferlegt ist, tritt,
wenn sie im Schwörungstermin nicht erscheint, das
P. ein, daß das Gegenteil der zu beschwörenden
Thatsache für wahr angenommen wird. Man be-
zeichnet mit P. aber auch die gerichtliche Entscheidung
einer Rechtsfrage, welche die Richtschnur für künf-
tige gleichartige Fälle abgiedt. Eine besondere Au-
torität kommt naturgemäß den P. der höchsten Ge-
richtshöfe zu; doch ist diese Autorität jetzt eine nur
thatsächliche, indem ältere Gesetze, welche den P.
oberster Gerichtshöfe eine weiter gehende Bedeutung,
sogar Gesetzeskraft, beilegten, durch die Reichsjustiz-
gesetzgebung beseitigt sind. Präjudizie'll nennt
man eine Vorfrage, von deren Beantwortung die der
vorliegenden streitigen Rechtsfrage abhängt.