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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Preiscourant - Preisrevolution
Nachfrage ab, und er unterliegt daher auf einem
gegebenen Markt fortwährenden Schwankungen, mit
Hebung oder Senkung, je nachdem jenes Verhältnis
sich ändert. Aber Angebot und Nachfrage felbst
können sich nickt willkürlich bewegen, sondern sind
von den thatsächlichen Verbältnissen der Produktion
und der Konsumtionsfähigkcit der Bevölkerung ab-
hängig. Entscheidend für den P. sind insbeson-
dere 1>ve Produktionskosten (s. d.). Sind dicse für
alle Produzenten annähernd gleich und kann die
Produktion unter gleichen Bedingungen beliebig
ausgedehnt werden, so wird der P. der Ware nur
vorübergehend mebr betragen können als die Her-
stellungskosten nebst dem landesüdlichen normalen
Kapitalgewinn, da bei Überschreitungen dieser
Grenze bald ein vergrößertes Angebot hemmend
und preisdrückend auftreten wird. Andererseits
aber kann der P. aucb nie längere Zeit hindurch
erheblich unter jenem Normalsatz bleiben, da in
diesem Fall die Produzenten ihre Rechnung nicht
finden, ruiniert werden oder ihren Betrieb be-
schränken oder einstellen, und somit eine Vermin-
derung des Angebots stattfindet, welche wieder ein
Steigen des P. herbeiführt. Demnach wird durch die
Produktionskosten nebst dem landesüblichen Kapital-
gcwinn der sog. natürliche P. bedingt, um wel-
chen der seweilige Marktpreis mit größern oder
geringern Abweichungen zu schwanken pflegt. Han-
delt es sich um Waren, die nur mit steigenden
Schwierigkeiten und Kosten vermehrt werden kön-
nen, so ist der natürliche P. gleich den Kosten (nebst
dem üblichen Kapitalgcwinn) in denjenigen Betrie-
ben, die unter den ungünstigsten Bedingungen
arbeiten, aber zur Befriedigung der effektiven (zah-
lungskräftigen) Nacbfrage noch mitwirken müssen.
In diesem Aall erhalten also die günstiger gestellten
Produzenten in dem P. eine über den gewöhnlichen
Kapitalgewinn hinausgehende3tcn te. Wird ein Er-
zeugnis nur von einem einzigen oder von wenigen
Produzenten, die sich vereinigen können, geliefert,
so bildet sich ein Monopolpreis, der weit über
dem natürlichen P. stehen und den Verkäufern bohen
Gewinn bringen kann, wobei frcilick auch die Ab-
nahme der Nachfrage bei steigendem P. in Betracht
kommt. <S. Monopol und Kartell.) Umgekcbrt
entstehen Schleuderpreise, d. h. P., welche die
Produktionskosten bei weitem nicht decken, wenn
die Nachfrage plötzlich zurückgeht (Modeartikel)
oder die Waren dem Naturverdcrb unterliefen.
Asfektions-und Liebhaberpreise sind solcbe,
die aus besondern persönlichen Gründen für einzelne
individuelle Gegenstände oder für einzig dastehende
Erzeugnisse, wie namentlich Kunstwerke, bezahlt wer-
den. Die Arbeitsteilung in der Verkehrswirtscbaft
führt zu dem Unterschied von Großhandels-
oder Engrospreisen und zu Kleinhandels-
oder Detailpreisen. Bei diesen kann die aus-
gleichende Wirkung von Angebot und Nachfrage,
wie sie sich regelmäßig im großen Verkehr zeigt,
nicht so stark hervortreten.- Für die nominelle Höhe
der Geldpreise einer Ware kommt aber außer den
auf Seite der Ware selbst liegenden Momenten
auch der eigentliche Wert des Geldes, des Wert-
maßes, mit in Betracht. Bei einer sehr bedeutenden
anhaltenden Vermehrung des baren Geldvorrats
wird unzweifelhaft schließlich, wie sich dies auch
deutlich bei der übermäßigen Vermehrung von un-
einlöslichem Papiergeld mit Zwangskurs gezeigt
hat, ei.ue Vervnuvdervmg des Geldwertes gegen die
Vrockhaus' Konversations-Lexilon. 14. Aufl. XIII.
Waren, also ein allgemeines Steigen der P. ein-
treten. Jedoch geschieht dies infolge besonderer
Umstände und Gegenwirkungen keineswegs für
alle Waren gleichmäßig oder in irgend einer an-
gebbaren Proportionalität zu der Geldvermeh-
rung. Zeitweise kann auch der bare Geldvorrat
einen erheblichen Zuwachs erfahren, ohne daß die
P. irgendwie beeinflußt werden, weil das Geld
keine günstige Verwendungsgelegenheit findet und
sich in den Banken aufstaut. Eine Verminderung
des Geldvorrats, z. V. durch große Geldausfuhr,
wird umgekehrt die Warenpreise erniedrigen müs-
sen. Diesem Vorgang suchen aber die großen
Banken durch Erhöhung des Diskonts (s. d.) recht-
zeitig vorzubeugen. Gleiche Wirkung wie eine Geld-
ausfuhr müßte auch eine Geldstosfverteuerung, wie
! sie von den Bimetallisten für das Gold behauptet
wird, auf die Warenpreise üben. (S. auch Preis-
revolution.) Die neuere Lehre vom Grenzwert (s. d.)
betont in der Preisbestimmung besonders den Nutzen
des Gutes und läßt (insofern dasselbe verschiedene
Bedürfnisse mit ungleicher Wichtigkeit befriedigen
kann) für den P. desselben den Nutzen derjenigen
Tcilquantität maßgebend sein, welche das mindest
wichtige Bedürfnis befriedigt. Hierauf bezügliche
Arbeiten von Ievons, Karl Menger, von Bcchm-
Vawerk, Wieser, Walras u. s. w. - Vgl. Wasserrad,
P. und Krisen (Stuttg. 1889): Auspitz und Lieben,
> Untersuchungen über die Theorie des P. (Lpz. 188^1);
^ Zuckerkand!, Zur Theorie des P. (ebd. 1889).
> Preiscourant, Preisliste, Verzeichnis von
i Waren mit Angabe des Preises, zu welchem sie ver-
! käuflich sind. Die P. sind entweder private, wenn
z sie von den einzelnen Geschäftshäusern ausgehen,
! oder amtliche, öffentliche, wenn sie (wie dies
i bei allen Waren, welche einen Markt- oder Börsen-
preis haben, der Fall ist) in offizieller Weise
durch Makler (s. d.) oder unter deren Mitwirkung
verfaßt werden. Im Geld- und Wertpapierhandel
treten die Kurszettel (s. Kurs), im Buchhandel die
^ Kataloge (s. d.) an Stelle der P. Im Warenbandel
z werden in privaten P. aucb die Zahlungsbedin-
gungen, mitunter auch die Frachtsätze u. s. w. mit
angegeben. In rechtlicher Beziehung ist für die Be-
! deutung der P. der Art. 33? des Teutschen Han-
! delsgcsetzbuches wichtig, nach welchem das Ancr-
! bieten zum Verkauf, welches erkennbar für mehrere
! Personen, insbesondere durch Mitteilung von Prcis-
! listen u. s. w., gescbieht, oder bei dem Ware, Preis
! oder Menge nicht bestimmt bezeichnet ist, kein ver-
bindlicher Antrag zum Kauf ist.
Preislifte, f. Preiscourant.
Preisrevolution, eine bedeutende, rasch von
statten gehende und dauernde Veränderung des
allgemeinen Standes der Preise, besonders die
! im 16. Jahrh, eingetretene allgemeine Preis-
! steigerung. Diese wurde schon von dem zcitgenös-
! fischen Schriftsteller Jean Bodin für eine Folge
z des starken Zuflusses von Edelmetall ans Amerika
! erklärt, ^bne Zweifel hat die letztere Thatfache
! wesentlich mit eingewirkt; jedoch steht die P. auch
^ mit der ganzen damaligen Entwicklung der Welt-
! wirtschaft in Zusammenhang. Eine neue Periode
i der P. schien 1848 und 1850 mit den großen Gold-
! entdeckungen in Kalifornien und Australien zu be-
i ginnen, und es fand in der That in den nächsten
Jahrzehnten im großen und ganzen eine erhebliche
Erhöhung der Warenpreise statt. Nach W. Stanley
Ievons sind die Preise von 1849 bis 1869 um
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