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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Presbyterium - Prescott
presbyterialen Verfassung das calvinistische Dogma
und die schlichten calvinistiscken Kultusformen ein.
Sie versammelten sich in eigenen Häusern, ver-
warfen die bisherige kath. Priesterkleidung, die Be- !
obachtung der .heiligentage, der Fasten- und Apostel-
feste, ferner das Eingen der Gebete, die Anwendung !
des Kreuzes, die Glocken, Orgeln und Altäre, das !
Knieen beim Abendmahl, das Verneigen beim Namen ^
Jesu, die Konfirmation durch die Bischöfe, das Vor- !
lesen aus den Apokryphen, das herkömmliche kano- !
nische Reckt und alle geistlichen Würden, die die >
älteste Kirche nicht gekannt habe. Sie behaupteten, !
daß alle Diener der Kircke unter sich gleich, der Episko-
pat mit seiner ganzen Verfassung nur Hierarchentum
sei, die Kirche sich unabhängig vom Staat regieren,
jede einzelne Gemeinde durch Presbyterien, die
ganze Kirche aber durch die aus denselben hervor-
gegangenen Synoden geleitet werden müsse.
Mit der Gründung dieses kirchlichen Vereins be-
gann das selbständige Austreten der P. in England.
Unter mannigfachem Druck erhielten sich die P. im
stillen, bis 1572 der Prediger Field zu Wandswortb,
einem Dorf bei London, die erste presbyterianiscke
Kirche in England stiftete, deren Leitung elf Pres-
byter oder 'Älteste übernahmen. Bald verbreitete
sich die presbyterianische Kirchenverfassung, be-
sonders von Thomas Cartwright (s. d.) wissenschaft-
lich verteidigt, im geheimen immer weiter, so daß sich
bis zu Elisabeths Tod die Zahl der P. auf 100 000
belief. Die strengen Verordnungen gegen sie stei-
gerten sich noch unter Jakob 1., der ein in Staat
und Kirche unbeschränktes Königtum, gestützt auf
die Grundsätze der Episkopalkirche, erstrebte. Ein
Vereinigungsversuch mit den Staatskircklichen zu
öampton-Court 1604 war vergeblich. Viele P. wan-
derten aus, andere verteidigten ihre Reckte gegen
die königl. Willkür und steigerten die polit. Opposi-
tion gegen den König durch ihren religiösen Fanatis-
mus. Noch größer wurde der Widerstand und der
Haß gegen den König, als Jakob die schott. Kircke,
die sich schon seit der Reformation als Presbyterial-
kirche gestaltet hatte, mit der engl. Episkopalkirche
wieder zu vereinigen suchte. Die neue, der bischöst.
Kirche entsprechende Liturgie, die Karl I. in Edin-
burgh einführen ließ (Juli 1637), gab endlich die
Veranlassung zum Ausbruch der Revolution. In
Schottland bildete sich 1638 eine fast über das
ganze Land sich erstreckende polit.-religiöse Verbin-
dung gegen den König (Covenant). In England
begann das fast ganz presbyterianisch gesinnte Par-
lament im Staate wie in der Kirche zu reformieren
und auf dem Wege der Gesetzgebung die bischöst.
Liturgie und Verfassung durch die presbyterianische
zu ersetzen. Die Wiederherstellung des Königtums
durch Karl II. (1660) bereitete auch der Herrschaft
der P. und der noch weiter gehenden Independenten
(s. d.) ein Ende. Karl II. stellte die bischöfl. Kirchen-
verfassung in England und Schottland her und er-
ließ strenge Gesetze wider die P. Unter Jakob II.
wurde ihre Lage noch schlimmer; unter Wilhelm III.
aber winde die presbyterianische Versassung in
Schottland wiederhergestellt, und in England er-
hielten die P., und mit ihnen die Independenten,
Baptisten und Quäker, durch die Toleranzakte (1689)
wenigstens beschränkte Gewissensfreiheit, indem alle
czegen sie erlassenen Gesetze, mit Ausnahme der
Korporations- und Testakte, aufgehoben, sie aber
verpflichtet wurden, den Ort ihres Gottesdienstes
zuvor anzuzeigen, die Gefalle an die bischöfl. Kirche
fortzuentrichten und die Neummddreisiig Artikel, mit
Ausnabme von Art. 22,34 und 36, zu unterschreiben.
Die kirchliche Einrichtung der P. ist wesentlick
folgende: Jede Gemeinde besteht für sich, wäblt
ihre Mesten, Diakonen und Geistlichen, unter denen
es keine verschiedenen Klassen giebt. Synoden wer-
den nicht gehalten. Die Geistlichen beraten alle
kirchlichen Angelegenheiten, können aber odne Gitt-
deißung der Gemeinde keinen bindenden Beschluß
fassen. Für alle gilt Gewissensfreiheit; die Kirchen-
zucht wird mit Vermahnung und Ausschließung ge-
übt. Der Gottesdienst besteht in Gesang ohne
Orgelbegleitung, Gebet, Predigt und in der Feier
der Sakramente. Die Predigt wird abgelesen, bei
der Taufe der Täufling mit Wasser nur besprengt,
das Zeichen des Kreuzes weggelassen. Paten sind
nicht zugegen, vielmehr legt der Vater des Kindes
oder ein Anverwandter das Glaubensbekenntnis
ab. Beim Abendmahl, das sitzend empfangen wird,
findet Brotbrecken statt. In Sckottland hat sich die
Presbyterialvcrfassung seit Wilhelm III. ganz in
ibrer srühern Strenge erhalten. (S. Schottische
Kirche.) In England dagegen ist die Partei bedeutend
zurückgegangen und zählt gegenwärtig etwa 300 Ge-
meinden mit 67 000 Personen, in Irland etwa
446000 Mitglieder. In Nordamerika, wo die pres-
byterianische Kircke seit Begründung der neuengl.
Kolonien die angesehenste und zahlreichste ist, hat sich
dieselbe neuerdings in viele kleinere Parteien gespal-
ten und umfaßt im ganzen über 7000 Gemeinden
mit 1300000 Angehörigen. - Vgl. Gillett, Iiiswi^
ol td6 ?i-63>>>t8i-ian lüdurcii (2 Bde., Philad. 1864;
2. Aufl. 1875); Weingarten, Die Revolutionskirchen
Englands (Lpz. 1868); Skeats, Hiätoi^ ok tlie ki-66
c1iui-cii68 of llnglanä (2. Aufl., Lond. 1869).
Presbyterium, das Kollegium der Presbyter;
auch der Raum für die Priester in der Kirche, daher
soviel wie (5hor. ^byter).
Presbyter Johannes, s. Johannes (der Pres-
Prescot, Stadt in der engl. Grafschaft Lanca-
shire, 10 km im ONO. von Liverpool, hat (1891)
6745 E.; Steinkohlenbergbau, Baumwollspinnerei
und Fabrikation von Segeltuch und Ilhrmacher-
werkzeugen.
Prescott, William Hickling, amerik. Geschickt-
schreiber, geb. 4. Mai 1796 zu Salem (Massachu-
setts), studierte 1811 -14 im H3.rv3.1-a ^oll^s die
Rechte. Noch auf der Universität hatte er durch einen
Zufall ein Auge verloren, die Sehkraft des andern
ward bald durch anbaltende Arbeit geschwächt, so daß
er sich genötigt sah, seinen jurist. Beschäftigungen
zu entsagen. "Er beschloß, sich ganz dem Studium
der Geschichte zu widmen. Unter den großen
Schwierigkeiten, die ibm sein Zustand entgegen-
setzte, sammelte er 10 Jahre lang die Materialien
zu seiner "Ilistorv ol ^ercliii^nd lniä I8a,d6l1^"
(Vost. und Lond. 1638; deutsch, 2 Bde., Lpz. 1842).
Dieser folgte die "Histm-v 0k tlie coiihi.i68t ok
5l6xic0" (3 Bde., Bost. 1843; deutsch, 2 Bde., Lpz.
1845), welche, durch Stil und Inhalt gleich ausge-
zeichnet, den litterar. Ruf des Verfassers befestigte.
Es folgte die "Hiäwrv ol tlie conquLät okl^eru"
l3 Bde., Bost. 1847; deutsch, 2 Bde., Lpz. 1848).
Seitdem beschäftigte sich P. mit Vorarbeiten zu
einer Geschichte Philipps II.: "IIi8w!'^ "l tlis
rsi^n ol I^kilip II.. HinZ ok ^Min" (2 Bde., 1855;
deutsch, 5 Bde., Lpz. 1856-59). 1857 erschien
"I^its of OIiai-168 V. Hlt6l di8 adäication" als
Supplement zu Robertsons "IIi3t0i^ ot 0Iia,ri63 V."