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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Radiant - Radiernadel
Radiant, s. Sternschnuppen.
Rabiaten, s. Strabltiere.
Radiation (lat.), Strahlung, soviel wie Insola-
tion ss. d.); auch das durchstreichen mit sich kreuzen-
den Strichen.
Radiationspunkt, s. Sternschnuppen.
Radicieren, s. Radizieren.
Radieren (lat.), schaben, kratzen; besonders
Zeichen- oder Schreibfehler mittels Radiergummis
(s. d.) oder Radiermessers tilgen; dann mit einer
Nadel, der Radiernadel (s. d.), eine Zeichnung in
eine Mctallplatte eingravieren (s. Radierkunst).
Radiergummi, ein Gummi, der besonders zu-
bereitet ist, um Bleistift- oder Tintenlinicn vom
Papier zu entfernen. Je nackdem er crsterm oder
letztermZwccke dicnen soll, muß er weniger oder mehr
hart, mehr oder weniger schwesclfrei sein. Für Or-
namentzeichnungcn u. s. w. wird hauptsächlich engl.
Waffelgummi (rot) oder ^peckgummi (schwarz) ge-
braucht, lim in Schattierungen Nuancen zu legen,
wird der plastische sog. Knallgummi benutzt, der
die Eigenschaft hat, beim Betupfen dunkler Stellen
dieselben aufzuhellen. Viel im Gebrauch sind auch
für Radieren von Vleiftiftstrichen größere stücke
von Vuffergummi, Gummiradreifen, Villardbanden
und Packungen, welche den großen Vorzug haben,
das Papier nicht anzugreifen und lange weich zu
bleiben. Zum Wegradieren von Tinte bedarf man
eines scharfen, harten Gummis.
Radierkunst, Ätzkunst, eine Eigenart der
Kupfcrstcchtunst (s. d.), bei der eine Zeichnung zum
Zwecke der Vervielfältigung auf der Kupferplatte
durch Ätzung vertieft und abdruckfähig gemacht wird.
Die Kupfcrplatte (auch Stahl- oder Zintplattc) wird
mit einem durch Anrauchen angeschwärzten Firnis
gleichmäßig überzogen (grundiert). In diesen Ätz-
grund hinein wird die Zeichnung mit verschieden
starken Radiernadeln eingeritzt, so daß jeder Strich
das blanke Kupfer aufdeckt. Hierauf wird die Platte
mit Ätz Wasser (Salpetersäure und andere Ätz-
mittel) behandelt, welcke die Platte nur da angreift,
wo der Grund durch die Nadel entfernt wurde. Je
länger man die Säure wirken läßt, desto mehr ver-
tiefen sich die Linien, weshalb solche Stellen, welche
im Druck zart erscheinen sollen, gegen die Wirkung
der ^äure durch Auftragen eines die Ätzung ver-
hindernden Lackes beizeiten geschützt werden müssen.
Nach der Ätzung kann der Radierer mit der "kalten
Nadel", einer scharf geschliffenen Schneidnadel, oder
mit dem Grabstichel des Kupferstechers die Platte
noch überarbeiten. Der durch die Einschnitte dieser
nstrumcnte entstehende Grat kann mit dem Scha-
er entfernt werden; bleibt er stehen, so hält er die
Druckfarbe an seiner Kante zurück uuo ermöglicht
dadurch besondere Druckwirkungen. Mehr nock als
bei dem Kupferstick kann die Wirkung der Radierung
durch geschicktes Einschwärzcn der Platte gesteigert
werden. Der Druck geschieht in derselben Weise wie
bei dem Kupferstich ^'. Kupferdruck): die versckicde-
nen Plattcnzustände der Radierungen heißen ebenso
wie die Kupferstichabdrücke (f. Kupferstechtunst).
Schon im Mittelalter war die Ätzung auf Metall
zur Verzierung von Harnischen, Schilden u. dgl. in
Übung. Druckfähige Ätzuugcn (auf Eisen) scheinen
Daniel Hopser und Dürer zuerst gemacht zu habeu.
Dürers Platten entstanden 1515-18. InTeutsck -
land radierten in älterer Zeit namentlich H. S.
Lautensack, Hirschvogel, Elsheimer, Umbach, Wen-
zel Hcllar, dve Meriau, dann Dietrich, Chodowiecki.
In Italien sind hervorzuheben: Parmeggianino,
Giov. Batt. Franco, Stefano della Bella, Guido
Reni, Salvator Rosa, Tempesta und im 18. Jahrh.
Canaletto, Piranesi. Eine großartige Entwicklung
fand die Radierung in den Niederlanden: die
beiden Teniers, Cornelis Schut, Lucas van Uden,
Esajas van de Velde waren tüchtige Radierer. Sie
alle übertraf Rembrandt (s. d.). Von seinen Schülern
und Nachahmern zeichneten sich als Radierer aus:
Jan Livens, Jan van Vliet, Ferdinand Vol. Her-
cules Seghers suchte die Technik zu erweitern, er
schuf farbige Radierungen. Hervorragende Radierer
waren noch Cornclis Bega, Adriaen van Ostade, Jan
Both, Zccman, Waterloo, Swanevelt, Berghem,
Everdingcn, Pottcr, Dujardin, Ruisdael, endlich
Romcijn de Hooghe, Jan Luiken, Dusart. Unter den
franzöfifchen Radierern ältererZcit feien genannt:
Jacques Callot, Claude Lorrain, Morin, Le Clerc,
de Voifsicu,Moreau; von den Spaniern: Liagno,
Carducko, Ribera und Francisco Goya. In Eng-
land fand die Radierung erst in unferm Jahrhun-
dert bedeutende Vertreter; von ältern seien genannt:
Cotman, Eromc, Andrew Geddcs, Wilkie, Read,
Palmer der Ältere und Turner.
Im 19. Jahrb. hat die Radierung als Original-
oder Malcrradierung (s. Maler-Radierer) und
als reproduzierende Kunst ihrer malerischen Wirkung
und schnellern Herstellung wegen große Bedeutung
gewonnen. Nach einer Zeit der Vernachlässigung
fand sie in den fünfziger Jahren in Frankreich bei
mcbrern Malern, die sich zu der Richtung des I^av-
8aF6 intime bekannten, eifrige Pflege. Eugene Blerv,
Charles Iacque, Charles Meryon, dann Fe'lir
Bracquemond, Jules Iacqucmart, Leopold Flameng
sind an erster Stelle zu nennen. Seitdem blüht die
Radierung noch immer in Frankreich, lim die Wieder-
erweckung der Radierung in Deut fch land hat Wil-
liam Unger das größte Verdienst; erfand in den letzten
Jahrzehnten eifrige Nachfolge. Ilnter den modernen
Originalradicrern Deutschlands verdienen besondere
Erwähnung: Mcnzel, Max Klinger, Stauffer-Bcrn,
E. M. Gcygcr, B. Mannfeld, Gleichen-Rußwurm,
Peter Halm, unter den reproduzierenden I. L. Raad
und Toris Raab, W. Hecht, Karl Köpping, Wocrnle,
Krauskopf, Holzapfl, Krüger, Krostewitz, Forbcrg,
Kühn, Klaus. Vereine zur Pflege der Originalradie-
rung baben sich in Düsfeldorf, Weimar, Berlin und
München gebildet. Vielfach fördernd wirkte und
wirkt die Gesellschaft für vervielfältigende Kunst in
Wien. In England hat besonders die Original-
radierung eifrige Pflege erfahren; Tisfot, Hcrkomcr,
Slocombe, Macbeth, Strang, Seymour-Haden,
Hefeltine babcn Vortreffliches geschaffen. Auch in
Nordamerika ist die Originalradierung in Auf-
schwung, wir nennen z. V. Smillic, Peter Moran,
Falconer, Colman, Kruscman van Elten, Church,
Nicoll, Wbistlcr, Parrish. In Italien haben Gilli
! und viele Maler geistreich behandelte Originalradie-
! rungcn geschaffen, in Spanien besonders Fortuny
! und neuerdings dc los Rios, dieser als Rcproduzent,
! Vorzügliches geleistet. In Holland zeichnen sich
! als Radierer aus Storm van'sGravesand und Zilcken,
' in R u ft land der Rembrandt - Radierer Massaloff
und Bobroff, in Skandinavien die Schweden
Ha'gg, Gellcrstedt, Boberg, Tallbcrg, Zorn: der
3corweger Peters, der Däne Vloch. - Über die
Litteratur s. Kupferstechkunst.
Radiernadel, Reißnadel oder Reißspike,
ein zugespitzter, in Holz gefaßter StaWift, womit