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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Redekunst - Redondillas

Redekunst, die Fähigkeit, eine Rede durch geeignete Ordnung der Gedanken, zweckmäßige Wahl des Ausdrucks, Vortragsweise u. s. w. so einzurichten, daß sie die Zuhörer von den Ansichten des Redners überzeugt oder zum Eingehen auf seine Absichten bewegt. Bei den alten Griechen und Römern war diese Kunst zur größten Ausbildung gelangt (s. Rhetorik) und ein wichtiger Teil der Erziehung. In neuerer Zeit haben sich die Franzosen am treuesten dem Urbilde der Alten angeschlossen, zunächst auf dem Gebiete der geistlichen Beredsamkeit (Bossuet, Bourdaloue u. a.); die Französische Revolution brachte der öffentlichen polit. Beredsamkeit außerordentlichen Aufschwung (s. Französische Litteratur, Bd. 7, S. 172 a). In England gab das Parlament Gelegenheit zur Entwicklung der R., von berühmten Rednern seien genannt die beiden Pitt, Burke, Fox, Macaulay, Beaconsfield, Gladstone u. a. In Frankreich, wie zum Teil in andern roman. Ländern, und in England wird auch jetzt von allen, die im öffentlichen Leben eine bedeutendere Wirksamkeit erstreben, großer Wert auf eine planmäßige Ausbildung zur R. gelegt. In Deutschland ist der R. niemals strenge technische Sorgfalt gewidmet worden. Die große Wirkung der Redner des Mittelalters (Berthold von Regensburg und die Prediger der Mystik) wie der Reformatoren beruhte auf ungeschulter natürlicher Begabung. Erst mit dem Erstarken des öffentlichen polit. Lebens hat auch in Deutschland die Übung und Pflege der R. zugenommen. Schon das Frankfurter Parlament zählte eine Anzahl hervorragender Redner (Gagern, Dahlmann, Radowitz, Blum u. a.); in den spätern preuß. und deutschen Parlamenten ragten u. a. hervor Vincke, Bennigsen, Mallinckrodt, Windthorst, Bebel. Alle übertrifft Fürst Bismarck, der freilich nicht durch bewußte rhetorische Kunst, sondern wie Berthold und Luther durch die schöpferische Urkraft der Rede wirkt. – Vgl. Flathe, Deutsche Reden. Denkmäler zur vaterländischen Geschichte des 19. Jahrh. (2 Bde., Lpz. 1893‒94); Skraup, Die Kunst der Rede und des Vortrags (ebd. 1894); Hilty, Lesen und Reden (ebd. 1895).

Redemptoristen, Redemtoristen (lat., von redemptor, Erlöser), die Mitglieder des von Alfons Maria von Liguori (s. d.) 1732 gestifteten Ordens (daher auch Liguorianer oder Ligorianer). Sie sollten nach der Absicht des Stifters Missionen unter dem Landvolke halten, haben sich aber später der Seelsorge überhaupt gewidmet. Bei Lebzeiten Liguoris fanden sie fast nur in Süditalien und Sicilien Verbreitung. Es entstand sogar eine Spaltung, die erst 1793 beseitigt wurde. 1784 wurde ein Haus in Rom gegründet, das die Residenz des Generals wurde. Im 19. Jahrh. haben sich die R. sehr verbreitet, namentlich in Belgien, Holland, England und Nordamerika. Der erste deutsche Redemptorist war Clemens Maria Hoffbauer, geb. 1751 zu Taßwitz in Mähren, gest. 1820 zu Wien, 1888 selig gesprochen. (Vgl. Haringer, Leben des Clemens Maria Hoffbauer, 2. Aufl., Regensb. 1880.) Er trat 1785 in den Orden, wurde 1793 zum Generalvikar diesseit der Alpen ernannt und gründete 1787 ein Haus in Warschau (von der ihnen überwiesenen Kirche St. Benno hießen die R. dort Bennoniten), das aber 1808 geschlossen wurde. Hoffbauer lebte dann, in der Stille einflußreich wirkend, in Wien. 1820 wurden die R. in Österreich zugelassen. Sie hatten auch Häuser in Bayern (Altötting) und Preußen, bis sie 1873 als den Jesuiten verwandt ausgewiesen wurden; doch wurden sie durch Gesetz vom 9. Juli 1894 im Deutschen Reich wieder zugelassen. Die Redemptoristinnen haben nur einige Häuser.

Redemtĭo (lat.), Erlösung (s. d.); in der Rechtssprache Wiederkauf, Loskauf (aus der Gefangenschaft), Bestechung.

Redende Künste, diejenigen Künste, die sich der Sprache als Darstellungsmittel bedienen: die Dichtkunst und die Redekunst. (S. Kunst.)

Redeteile (lat. partes orationis), die von den griech. Grammatikern aufgestellten und gewöhnlich so gezählten Wortklassen: Substantivum, Adjektivum, Pronomen, Verbum, Adverbium, Präposition, Konjunktion, Interjektion (s. die einzelnen Artikel). Substantiv und Adjektiv werden unter der Bezeichnung Nomen (s. d.) zusammengefaßt, die letzten vier (oder mit Weglassung der Interjektionen als nicht eigentlicher Worte drei) Klassen auch unter dem Namen Partikeln.

Redezeichenkunst, s. Stenographie.

Redhibitōrische Fehler, in der franz. Rechtssprache diejenigen im Gesetz namhaft gemachten Krankheiten oder Fehler der Haustiere, deren Vorhandensein allein die Wandlungsklage (s. d.) rechtfertigt.

Redĭen, s. Saugwürmer.

Redif (arab., «Nachschub»), die Landwehr der türk. Armee (s. Osmanisches Reich, Heerwesen).

Redigast, slaw. Gott, s. Radegast.

Redigieren (lat.), anordnen; Schriftstücke zum Druck fertig machen und herausgeben, die Redaktion führen (s. Redacteur).

Redintegration (lat.), Wiederergänzung, Wiederherstellung.

Redivīvus (lat.), wieder aufgelebt, erneuert.

Redlicher Erwerb, s. Bona fides.

Rednerbühne, s. Bühne.

Rednitz, Quellfluß der Regnitz (s. d.), bildet sich bei Georgensgmünd im bayr. Reg.-Bez. Mittelfranken aus dem Zusammenfluß der schwäb. und fränk. Rezat (s. d.) und nimmt die Roth, Aurach und Schwarzach auf.

Redon (spr. -dóng). 1) Arrondissement im franz. Depart. Ille-et-Vilaine in der Bretagne, hat auf 1252,73 qkm (1891) 93445 E., 7 Kantone und 53 Gemeinden. – 2) Hauptstadt des Arrondissements R., an der Mündung des Oust in die Vilaine, am Kanal von Brest nach Nantes und an den Linien Nantes-Châteaulin der Orléansbahn und Rennes-R. (71 km) der Westbahn, hat (1891) 5441, als Gemeinde 6929 E., eine Kirche (St. Sauveur) aus dem 12. bis 14. Jahrh., daneben Gebäude einer Abtei aus dem 17. Jahrh. (jetzt Institut der Eudisten), einen Gerichtshof erster Instanz, Hafen; Flößerei, Schiffbau, Erzbergbau, Fabrikation von Schmirgel und Ackerbaumaschinen und Export von Kastanien.

Redondēla, Bezirks- und Hafenstadt der span. Provinz Pontevedra in Galicien, prächtig an der Ria (Bucht) von Vigo und den Bahnlinien Orense-Vigo und R.-Pontevedra (19 km) gelegen, hat (1887) 11399 E.

Redondillas (spr. -dilljas, «Rundreime»), früher eine bei den Spaniern und Portugiesen übliche Strophe von vier trochäischen achtsilbigen, seltener sechssilbigen Versen, unter denen der erste und vierte sowie der zweite und dritte, auch wohl der erste mit dem dritten und der zweite mit dem vierten reimte. Später wurde die Benennung von der Strophe auf den achtsilbigen Vers