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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Rennfahne - Renntier
reien und Lohgerbereien,Bleichereien,Stärkefabriken,
Schiffbau und Handel mit Leinwand, Garn, Flacks,
rotem Honig, Vieh, Geflügel und namentlich Butter.
- N., das alte Oonäato, war ehemals die Haupt-
stadt der Bretagne, mit der es nach dem Ausfterben
der Herzoge 1532 an Frankreich kam.
Nennfahne, s. Reichsrennfahne.
Renngefehe, f. Wettrennen.
Renngestüte, f. Pferdezucht (S. 55).
Nennte, John, brit. Civilingenieur, geb. 7. Juni
1761 in Schottland, hatte schon vor feinem 18. Jahre
mehrere Mühlen erbaut, während er im Winter in
Edinburgh Physik studierte. 1786 leitete er den Bau
der Albion-Mühlcn in London, dann anderer in West-
indien und England. Ferner baute er unter andern
die Southwark- und die Waterloobrücke in London,
den Crinan-, Lancaster-, Avon- und Kennetkanal,
vor allem aber die Docks in London, Hüll, Dublin
u. s. w. In den Häfen von Portsmouth, Chatham
und Plymouth führte er bedeutende Arbeiten aus.
Sein wichtigstes Werk im Hafenbau ist der Meer- !
dämm auf der Reede von Plymouth, zum Schütze
des Hafens. R. starb 16. Okt. 1821 zu London.
Sein Sohn, George R., geb. 3. Jan. 1791,
unterstützte ihn beim Bau der Southwark- und >
Waterloobrücke und machte sich dann auch durch
zahlreiche, felbstündig unternommene Werke be-
kannt. Von ihm rührte z. V. der Entwurf zu den
berühmten Docks in Sewastopol her, die 1855 nach
der Einnahme dieser Stadt von den Alliierten zer-
stört wurden. Er starb 30. März 1866.
Dessen jüngerer Bruder, Sir JohnR., geb. 1794,
hat sich gleichfalls als Civilingenieur einen Namen >
erworben und wurde 1831 bei Eröffnung der von
ibm erbauten neuen Londoner Brücke zum Ritter
gefchlagen. Er leitete die Arbeiten zur Austrock-
nung der Sümpfe in Lincolnshire, vollendete den
vom Vater begonnenen Hafen zu Ramsgate und
richtete die Werfte in Whitehaven und Cardisf ein.
Er starb 3. Sept. 1874 zu London.
Rennspindel, ein Bohrer (f. d., Bd. 3, S. 238 d).
Rennftahl, s. Eisenerzeugung (Bd. 5, S.925!)).
Rennstieg (Rennsteig) oder Rennweg
(Renn ^Reen^ mundartlich früher soviel wie Rain,
d. i. Markung oder Grenzscheidung), ein uralter!
Grenzweg, der von der Saale bis zur Werra über !
den Kamm des Thüringer Waldes läuft und Tbü- !
ringen von Franken scheidet. - Vgl. Zicgler, Der
R. des Thüringer Waldes (Dresd. 1862); Christian
Junckers Beschreibung des R. (1703; hg. von P.
Mitzschke, Meining. 1891): Roßner, Der R. des
Thüringer Waldes, jetzt und früher (Naumb. 1892).
Renntier (richtiger Rentier; schwed. reu),
eine Gattung der Hirsche (s. d.), die in beiden Ge-
schlechtern ein am Ende plattgedrücktes, vorwärts
gebogenes Geweih mit schaufelförmiger Auqen-
Mosse, serner eine behaarte, nur zwischen den schief
stehenden Nasenlöchern nackte Schnauze, eincn
langen und dicken Kopf, einen kurzen und dicken
horizontalen Hals, plumpe, dicke Füße mit breiten,
ausgeschweiften Hufen und niedrige Statur besitzt.
Beim Laufen knacken die Füße in eigentümlicher
Weife. Das N. ist über den ganzen Norden Euro-
pas, Asiens und Amerikas verbreitet und dem aus-
gedehnten Wohnbezirke entsprechend in Größe und
Färbung zahlreichen Veränderungen unterworfen,
die aber alle einer Art, dem R. ((^6lvn3 tai-anäuZ ^.,
f. Tafel: Hirsche, Fig. 3), angehören. Im Winter
bewohnt das R. die Ebenen. Im Sommer treiben
die Hitze und die Fliegen die R. in die Gebirge. Die
Heimat des R. beginnt dort, wo Pferd, Rind und
Schaf nicdt mehr existieren können. An sein Vor-
kommen ist das Dasein der arktischen Völkerschaften
geknüpft, die jenes zum halben Haustier herange-
zogen haben. Die Bezeichnungen für das R. sind
sehr zahlreiche, die Lappen allein haben deren fast 80.
Die Größen der Herden eines Besitzers sind sehr
verschieden. 200 R. genügen, um die Familie des
Besitzers gerade zu erhalten, 500 gestatten ein
sorgenfreies Leben, 800 lassen den Besitzer als reich
gelten, dock giebt es im östl. Sibirien unter den
Korjaken solche, welche bis zu 40000 Stück ihr Eigen
nennen. Im norweg. Lappland giebt es nach amt-
licher Feststellung 80000 zahme R., in die sich etwa
1200 Besitzer teilen. Die meisten besitzen höchstens
500 Stück, einzelne 2-3000. Der Besitz der Nenn-
tierherde bringt es mit sich, daß ihr Herr ein stetes
Wanderleben führt; ist die Weide abgefressen, so
muh der Wohnsitz gewechselt werden. Die Herde
bedarf der fortwährenden Überwachung, wobei zahl-
reicke Huude wichtige Dienste leisten. Im Winter
müssen die R. das Futter aus dem Schnee heraus-
scharren, wobei ihnen die breiten Hufe von großem
Nutzen sind. Friert aber der Schnee, so daß ihn das
Tier nicht mehr durchschlagen kann, so muß der Be-
sitzer die Herde in den Wald treiben und hier Bäume
fällen, um jener die wenigen Flechten der Stämme
und Äste als Nahrung zu verschaffen. Ende Sep-
tember treten die R. in die Brunft; die Tiere setzen
dann nach einer Tragzeit von 30 Wochen im April
ein Kalb. Stets muh bei der Zucht auf Blutauf-
frisckung Bedacht genommen werden, denn die zah-
men R., die an und für sich schon viel schwächer sind
als die wilden, entarten sehr schnell, verwildern
aber auch ebenso leicht und werden dann wieder
kräftig und lebhaft wie ihre freilebenden Verwandten.
Die fangenden Tiere müssen auch dem Menschen
einen Teil der Milch liefern und werden zu diesem
Zwecke mit Wurfschlingen eingefangen, gefesselt und
alsdann gemolken. Die wenige Milch :st süßlich
und fett und wird teils sofort verbraucht oder im
Sommer zu kleinen, scharfen aber wohlschmeckenden
Käsen verarbeitet. Im September, bevor die Hirsche
brunften, wird ein Teil derselben geschlachtet. In
Nordamerika vermengen die Indianer das Fleisch
der dort Caribou genannten R. mit dem Talg und
bereiten daraus Pemmikan, eine Art von trocknem
Wintervorrat. Aber auch das, was vom R. nicht
zur Nahrung brauchbar ist, findet Verwendung: das
Fell zur Kleidung und zu Zeltdecken, die Sehnen zu
Zwirn und Rockschnüren u. s. w. Auch seine Kraft
muh das R. in den Dienst des Menschen stellen,
doch wird es nur in Sibirien zum Reiten und Last-
tragen benutzt. Das schwächere R. der Lappen wird
vor den bootförmigen Schlitten gespannt und be-
fördert in einer Stunde 100 K3 etwa 12 km weit.
In Norwegen wird das N. nur im Winter als Zug-
tier gebraucht, die sibir. Korjaken spannen im Gegen-
satz zu den Lappen stets zwei R. ein. Die allzu-
grohe Vermehrung der R. wird außer durch Wolf,
Luchs und die Infekten, als deren schlimmste die
Renntierbrcmse zu nennen ist, durch Seuchen ver-
bindert und es ist nichts Neues, daß Lungen- und
Klauenseuche oft Hunderttausende hinraffen und den
Reichtum eines Mannes, ja des ganzen Landstriches
in kürzester Zeit vernichten. Wärmere Gegenden
sind dem R. nicht angemessen und schon die Gegend
um Petersburg ist für sie zu warm. Daher konnte