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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Reservātum ecclesiastĭcum; Reservātum rustĭcum; Reserve; Reserveanstalten; Reservedivisionen; Reservefonds

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Reservatum ecclesiasticum – Reservefonds

steuer-Gemeinschaft, die besondern Rechte Württembergs hinsichtlich der Biersteuer, des Post- und Telegraphenwesens, des Reichskriegswesens und des Eisenbahnwesens, endlich die Exemtionen Bayerns von der Biersteuer-Gemeinschaft, von der Reichspost und Telegraphenverwaltung, von der Reichseisenbahngesetzgebung, von der Reichsgesetzgebung über das Heimats- und Niederlassungswesen, über das Immobiliarversicherungswesen und insbesondere seine Sonderstellung hinsichtlich des Militärwesens und der Festsetzung des Militäretats. (S. Deutschland und Deutsches Reich [Staatsrechtliches, Bd. 5, S. 146 fg.].) Das Reservatrecht in betreff der Branntweinsteuer ist durch die neueste Gesetzgebung auf diesem Gebiete beseitigt. Die litterar. Kontroversen über die R., an welchen sich besonders Laband, E. Löning, Hänel, Zorn beteiligt haben, sind teilweise noch unerledigt. S. die Lehrbücher des Reichsstaatsrechts von Laband, G. Meyer, Zorn, dazu die Monographien von Laband und E. Löning in Hirths «Annalen des Deutschen Reichs» (1874, 1875).

Reservātum ecclesiastĭcum (lat., Geistlicher Vorbehalt), die Bestimmung des Augsburgischen Religionsfriedens von 1555, wonach kath. geistliche Reichsstände durch Übertritt zum Protestantismus ihre Benefizien verwirken sollen. Erst durch den Westfälischen Frieden wurde dieselbe Norm auf prot. geistliche Reichsstände ausgedehnt.

Reservātum rustĭcum (lat.), s. Auszug.

Reserve (frz.), Vorbehalt; Zurückhaltung, gemessenes Wesen; etwas zur Aushilfe vorrätig Gehaltenes. Handelstechnisch bezeichnet R. die Rücklagen, namentlich aus dem Reingewinn der Aktiengesellschaften, aus den verdienten Prämien bei Versicherungsanstalten (Prämienreserve) u. s. w. (S. Reservefonds.) – In der Wehrverfassung heißt R. die nach der aktiven Dienstzeit (s. d.) unter Vorbehalt der Wiedereinstellung entlassene Mannschaft, durch welche bei der Mobilmachung (s. d.) die aktive Armee und Marine auf Kriegsstärke gebracht wird; ferner die im Kriegsfall neuorganisierten Truppenteile (Reserveregimenter, Reservebataillone), die zur Unterstützung und Verstärkung der im Felde stehenden Truppen dienten (s. Ersatzreserve). Die Pflicht, in der R. zu dienen, nennt man Reservepflicht; sie bildet einen Teil der Dienstpflicht (s. d.) und ist in den einzelnen Staaten verschieden (s. die Artikel über das Heerwesen der einzelnen Staaten). Im taktischen Sinne ist R. die bei Beginn eines Gefechtes zur Verfügung des Höchstkommandierenden ausgeschiedenen und zurückgehaltenen Truppen, bestimmt, für alle Wechselfälle des Kampfes zur Hand zu sein und den letzten Entscheidungsstoß auszuführen oder abzuwehren. Zur Zeit der Linientaktik kannte man die R. nicht, was eine Hauptschwäche dieses Systems war; die Form der sog. schrägen Schlachtordnung schuf in dem zurückgehaltenen (refüsierten) Flügel etwas der R. Ähnliches. Richtige Verwendung der R. ist das ausschlaggebende Moment für jede Gefechtshandlung; Napoleon sah hierin «das Genie des Krieges». In dem gegenwärtigen Angriffsgefecht sind alle Truppen, die nicht von vornherein in der ersten Linie auftreten, als allmählich einzusetzende R. zu betrachten; im Verteidigungsgefecht unterscheidet man Abschnittsreserve und Hauptreserve.

Im strategischen Sinne versteht man unter R. solche Heeresteile, die im eigenen Lande zurückgehalten werden. Gerechtfertigt ist ein solches Verfahren nur dann, wenn diese Heeresteile thatsächlich noch nicht operationsfähig sind.

In der Forstwirtschaft sind R. Aufspeicherungen am Holzvorrat, die der Erhaltung eines strengen Nachhaltsbetriebes in unvorhergesehenen Fällen dienen sollen. Man unterscheidet stehende R., Bestände, die bei der Forsteinrichtung außer Rechnung bleiben, und fliegende R., wobei man den wirklichen Vorrat einer Betriebsklasse etwas über den normalen hält. Beide Arten von R. sind zu verwerfen.

Reserveanstalten, in Österreich-Ungarn die Sanitäts- sowie diejenigen Formationen, welche Munition, Verpflegung, Schanzzeug, Trainmaterial u. s. w. der Armee nachführen. Brücken- und Telegraphentrains gehören nicht zu den R.

Reservedivisionen, die Verbände mehrerer in Erste Reserve gestellter Schiffe oder Fahrzeuge in der deutschen Marine. Nur ein Schiff der betreffenden Reservedivision ist mit voller Besatzung in Dienst gestellt; die Besatzung dieses Stammschiffs hält auch die übrigen zur Reservedivision gehörigen Schiffe in kriegsbereitem Zustand. R. nennt man ferner die zur Verstärkung der Feldarmee bestimmten, aus Mannschaften der Reserve und Landwehr gebildeten Divisionen. In den letzten Jahren sind R. bei Kaisermanövern in Deutschland aufgestellt worden.

Reservefonds, derjenige Teil eines Vermögens, welcher zur Deckung unvorhergesehener Verluste zurückgelegt wird, namentlich bei der Berechnung des zur Verteilung gelangenden Gewinnes ausgeschlossen bleibt. Wenn er nicht einen besonders verwalteten Teil des Vermögens bildet, wird er zu diesem Behuf in der Bilanz, ebenso wie die Schulden, von dem Gesamtvermögen als Passivum in Form eines Reservecontos abgezogen. Nach dem Deutschen Handelsgesetzbuch Artikel 185 b und 239 b ist (zur Deckung eines aus der Bilanz sich ergebenden Verlustes bei Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien) ein R. zu bilden, in welchen einzustellen sind 1) von dem jährlichen Reingewinn mindestens der zwanzigste Teil so lange, als der R. den zehnten oder den im Gesellschaftsvertrage bestimmten höhern Teil des Gesamtkapitals nicht überschreitet; 2) der Gewinn, welcher bei Errichtung der Gesellschaft oder Erhöhung des Gesamtkapitals durch Ausgabe der Aktien für einen höhern als den Nominalbetrag erzielt wird. Wird der R. in zinstragenden Papieren angelegt, so sind, wenn die Statuten nicht etwas anderes bestimmen, die Zinsen des R. ein Teil des Gesamteinkommens und wie dieses zu behandeln; sie müssen nicht, bloß deshalb, weil sie aus dem R. fließen, wieder dazu geschlagen werden. Selbstverständlich muß der R. fortgeführt bez. aufbewahrt werden, bis der Zweck seiner Verwendung eintritt; der Generalversammlung steht nicht die Befugnis zu, über eine andere Verwendung des gesetzlichen R. zu verfügen. Enthalten aber die Statuten Bestimmungen über die Ansammlung eines höhern R. als im Gesetze bestimmt ist, so können diese statutarischen Bestimmungen durch Statutenänderung abgeändert werden (Entscheidung des Reichsgerichts vom 8. Juli 1891). Für Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften enthält das Gesetz vom 1. Mai 1889, §. 7, die Bestimmung, daß das Statut bestimmen muß die Bildung eines R., welcher zur Deckung eines aus der Bilanz sich ergebenden Verlustes zu