Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Diese Seite ist noch nicht korrigiert worden und enthält Fehler.

797
Reudnitz - Reumont
ratur durch Ausgaben (Aschines, Demosthcncs,
tenophon), Übersetzungen (z. B. der "Batrachomyo-
machia") und Elementarbücher ("^ollohuia ssi-aeca",
1489) bedeutend; seine griech. Grammatik "^licro-
pk6äiH" wurde 1478 in Orleans gedruckt. Die von
ihm eingeführte Aussprache des Griechischen, der
Itacismus (s.d.), schloß sich an die Aussprache der
Neugriechen an. Bahnbrechend war R. als Kenner
der hebr. Sprache, die er sich mühsam von gelehr-
ten Juden aneignen muhte. Seine "i^uäimOnta,
KedlÄicÄ" (Pforzh. 1506) und die gelehrtere und
selbständigere Schrift "D6 kccentiduZ et ortko^i-H-
pliia 1iuFUH6 IisdrNieae" (Hagenau 1518) waren die
ersten hebr. Lehrbücher eines christl. Gelehrten, seine
Ausgabe der 7 Bußpsalmen (Tüb. 1512) der erste
hebr. Druck in Deutschland. In den wunderlich
mystischen Werken "v6 vordo niiriüco" lBas. 1494)
und "1)6 art6 c^HliLtiell" (Speyer 1494 u. ö.)
suchte er die Kabbala als eine von den Juden
mißverstandene christl. - messianische Gebeimlehre
zu erweisen. Als der sanatische getaufte Jude
Pfefferkorn die Vernichtung aller jüd. Bücher außer
der hebr. Bibel betrieb, protestierte R. in einem auf
Befehl des Kaisers angefertigten Gutachten ent-
schieden dagegen. Auf Pfefferkorns Vorwurf, er sei
von den Juden bestochen, antwortete R. in dem
deutsch geschriebenen heftigen "Augenspiegel" (Tüb.
1511). Diese Schrift veranlaßte die Kölner theol.
Fakultät, vor allem den Ketzerrichter Jakob von
Hoogstraten, R. als Ketzer zu verdächtigen. Der von
beiden Seiten leidenschaftlich geführte streit endete,
nachdem der Bischof von Speyer im Namen des
Papstes 1514 sich für R. entschieden batte, schließlich
1520 doch durch ein den Kölnern günstiges Urteil des
Papstes, der in R. auch die deutsche Reformation
treffen wollte. Der moralische Sieg aber war auf
R.s Seite, für den sogar Kaiser Maximilian eintrat
und um den sich die bedeutendsten Gelebrten des
In- und Auslandes, auch hohe Kirchensürsten, vor
allem aber die gesamten Humanisten Deutschlands
scharten. N. veröffentlichte 1514 die ibm zustimmen-
den Briefe in dem Buch "Olaroruni virorum epiLto-
Ig.6" (Tüb. 1514); der Humanist Crotus Rubianus
persiflierte 1515 das Treiben der Kölner in den be-
rühmten "Upigtolak 0d8cui'0i'uni viroruin" (s. d.),
und Hütten feierte R.s Sieg in dem " ^i-wiupliuä
voc. Rsucliliiii" (Hagenau 1519). Der Reformation
gegenüber verhielt sich R. aus wissenschaftlichen
Gründen kühl, obgleich Melanchthon sein Großneffe
war. Das entfremdete ihm viele seiner frühern
Freunde. Den Toten pries der lobeskarge Erasmus
von Rotterdam überfchwenglich in der Apotbeose
"I>6iiic0iuparNl)i1i1i6i'06^0aiin6l^6uciiIiii0"(1522).
- Vgl. Geiger, I. R. (Lpz. 1871); R.s Briefwechsel
(hg. von L. Geiger in der "Bibliothek des Littera-
rischen Vereins", Tüb. 1875).
Reudnitz, Stadtteil von Leipzig (s. d.).
Reuenthal, Neidhart von, Dichter, s. Neid-
hart (von Neueuchai).
Reugeld (frz. torlait; engl. fockit), Konventio-
nalstrafe beim Rücktritt von einer eingegangenen
Rennverbindlichkeit. (S. Wettrennen und Propo-
siüonen.) - über R. im civil- und handelsrecht-
lichen Sinn s. Reuvertrag.
Reukauf, s. Reuvertrag.
Reuleaux (spr. röloh), Franz, Techniker, geb.
30. Sept. 1829 zu Eschweiler bei Aachen, studierte
an der Polytechnischen Schule zu Karlsruhe Ma-
schineubaukunde, widmete sich dann in Berlin und
Bonn philos. Studien, war hierauf als praktischer
Ingenieur thätig und wurde 1856 Professor der
Maschinenbaukunde in Zürich. 1864 wurde er für
dasselbe Fach und für die von ihm auf neue Grund-
lagen gestellte Maschinengetriebelehre oder Kine-
matik zum Professor am königl. Gewerbeinstitut (seit
1865 Gewcrbcakademie) zu Berlin ernannt. In
demselben Jahre wurde er Mitglied der königl. tech-
nischen Deputation sür Gewerbe, in welcher er für
die Umgestaltung des Patentwesens eifrig eintrat.
1868 erfolgte seine Ernennung zum Direktor der
königl. Gewerbeakademie unter Erhebung zum Geh.
Regierungsrat. R. war serner bis 1884 Mitglied
des kaiserl. Patentamtes und ist es noch bei dem
königl. technischen Oberprüsungsamt. Auf mehrern
Weltausstellungen (London 1862, Paris 1867, Wien
1873, Philadelphia 1876, Sydney und Melbourne
1879-81) war er als Sachverständiger thätig. Von
seinen technisch-wissenschaftlichen Werken sind zu
nennen: "Konstruktionslehre für den Maschinen-
bau" (im Verein mit Moll, Bd. 1, Vraunschw. 1854
-62), "Konstruktion und Berechnung der für den
Maschinenbau wichtigsten Federarten" (Winterthur
1857), "Der Konstrukteur" (4. Aufl., Vraunschw.
1889), "Kurzgefaßte Gefchichte der Dampfmaschine"
(2. Aufl., ebd. 1891), "Die Thomassche Rechen-
maschine" (2. Aufl., Lpz. 1892) und sein wissen-
schaftliches Hauptwerk: "Theoretische Kinematik"
(Braunschw. 1875). Seine 1876 von Philadelphia
aus für die "National-Zeitung" geschriebenen Aus-
stcllungsberichte, die wegen der Strenge und Offen-
heit, mit denen er die Schäden der deutschen In-
dustrie ("billig und schlecht") darlegte, Aufsehen er-
regten, sind u. d. T.: "Briefe aus Philadelphia"
(Vraunschw. 1877) gesammelt erschienen; als Frucht
einer Weltreise veröffentlichte er seinen lebendig ge-
schriebenen Reisebericht "Eine Reise quer durch In-
dien" (Berl. 1884).
Reumont (spr. römöng), Alfred von, Geschicht-
schreiber, geb. 15. Aug. 1808 zu Aachen, studierte
zu Bonn und Heidelberg und ging 1830 als Sekre-
tär des preuh. Gesandten von Martens nach Flo-
renz, 1832 nach Konstantinopel, bereiste Griechen-
land und die Ionischen Inseln und wurde 1835 in
das auswärtige Ministerium gezogen. 1836 der
Gesandtschaft in Rom attachiert, lebte er teils in
Rom, teils in Florenz, bis er 1843 zum Legations-
rat im Ministerium und im Kabinett Friedrich Wil-
belms lV. ernannt ward. 1848 weilte er wiederholt in
Italien und war von 1849 bis 1851 Geschäftsträger
bei Papst Pius IX., erst in Gaeta und Neapel, dann
in Rom, darauf Ministerresident an den Höfen von
Florenz, Modena und Parma. Während der langwie-
rigen Krankheit Friedrich Wilhelms IV. war er 1858
-59 dessen Begleiter in Deutschland und Italien.
Seit 1860 lebte er, von diplomat. Geschäften zurück-
gezogen, teils in seiner Heimat, wo er Vorsitzender
des Aachener Geschichtsvereins war, teils in Italien.
Er starb 27.^lpril 1887 in Burtscheid. Unter seinen
zahlreichen Schriften sind zu nennen: "Röm. Briefe
von einem Florentiner" (anonym; 4 Bde., Lpz. 1840
-44), "Die Carafa von Maddaloni" (2 Bde., Verl.
1851), "Beiträge zur ital. Geschichte" (6 Bde., ebd.
1853-57), "Die Jugend Katharinas de' Medici"
(ebd. 1854; 2. Aufl. 1856), "Die Gräsin von Albany"
(2 Bde., ebd. 1860), "Zeitgenossen" (ebd. 1862), "Ge-
schichte der Stadt Rom" (3 Bde., ebd. 1867-70), "Lo-
renzo de' Medici il Magnisico" (2 Bde., Lpz. 1874;
2. Aufl. 1883), "Geschichte Toscanas" (2 Bde., Gotha