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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Riesa; Ries (Adam); Riese; Rieselfelder; Ries (Ferd.); Ries (in Bayern)

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Ries (in Bayern) – Rieselfelder

Ries, das Becken eines uralten Seegrundes zwischen dem Fränkischen und Schwäbischen Jura, der Thalkessel der Wörnitz im bayr. Reg.-Bez. Schwaben, nördlich von der Donau, an der württemb. Grenze. Das R. ist eine äußerst fruchtbare Ebene, in der die Städte Nördlingen und Öttingen und eine große Zahl betriebsamer Dörfer liegen. Die Einwohner haben sich in Sitte und Tracht vielfach ihre Eigenart bewahrt. Melchior Meyr (s. d.) hat in seinen «Erzählungen aus dem R.» seine Heimat und ihre Bewohner geschildert. – Vgl. Monninger, Das R. und seine Umgebung (Nördl. 1893).

Ries oder Riese, Adam, bekannt durch sein Rechenbuch, geb. 1492 zu Staffelstein in Franken, lebte als Bergbeamter und Rechenmeister zu Annaberg im sächs. Erzgebirge und starb daselbst 30. März 1559. Er verfaßte die ersten methodischen Anweisungen zur praktischen Rechenkunst in Deutschland: ein kleineres Werk, u. d. T. «Rechenung auff der linihen» (zuerst Erf. 1522, vielleicht schon 1518), und ein größeres: «Rechenung (nach der lenge) aufs der Linihen vnd Feder» in vier Abteilungen (zuerst Erf. 1525); ferner «Ein gerechent Büchlein, auff dem Schöffel, Eimer vnd Pfundgewicht" (Lpz. 1536). Seine Bücher wurden bis Mitte des 17. Jahrh, oft wieder aufgelegt und standen in solchem Ansehen, daß der Ausdruck «nach Adam R.» als sprichwörtliche Bekräftigung für die Richtigkeit von Rechenexempeln diente. Ein Denkmal wurde ihm 1893 in Annaberg errichtet. – Auch Adam R.’ drei Söhne, Abraham, Isaak und Jakob R., verfaßten arithmet. Schriften.

Ries, Ferd., Klaviervirtuos und Komponist, geb. 29. Nov. 1784 zu Bonn als der Sohn des dortigen Konzertmeisters Franz R. (geb. 1755, gest. 1846), studierte Musik in Wien bei Beethoven, war 1805 in Paris, machte bis 1812 Kunstreisen und wandte sich 1813 nach London, wo er eine geachtete Stellung einnahm. Seit 1824 wohnte er in Godesberg bei Bonn auf seiner Besitzung. Er starb 14. Jan. 1838 in Frankfurt a. M. Zu Aachen und anderswo dirigierte er mehrmals Musikfeste, wobei er neue Oratorien («Der Sieg des Glaubens» 1834, «Die Anbetung der Könige» 1837) aufführte; auch mehrere Opern («Die Räuberbraut» 1829, "Liska" 1831) erschienen von ihm. Seine Kompositionen, meist instrumentaler Natur, lassen eigentliche Schöpferkraft vermissen; den größten Erfolg hatte er mit den für Klavier geschriebenen Stücken.

Sein Bruder Hubert R., Violinist, geb. 1. April 1802, ging aus der Violinschule Spohrs hervor, wirkte seit 1836 als königl. Konzertmeister in Berlin. Seine Bedeutung liegt auf pädagogischem Gebiet; er veröffentlichte eine vortreffliche Violinschule, Etüden, Duette, 50 Intonationsübungen, Studien u.s.w. Er starb 14. Sept. 1886 in Berlin.

Huberts jüngster Sohn Franz R., geb. 7. April 1846 zu Berlin, Violinist und Komponist, hat sich durch vier sehr wirksame Suiten für Violine und viele Lieder bekannt gemacht, mußte aber seinem Beruf als Künstler, durch ein Handnervenleiden gezwungen, entsagen. Er lebt in Berlin.

Riesa, Stadt in der Amtshauptmannschaft Großenhain der sächs. Kreishauptmannschaft Dresden, am linken Ufer der Elbe, 7 km von der preuß. Grenze, an den Linien Leipzig-R.-Dresden, Röderau-Chemnitz und der Nebenlinie Elsterwerda-Nossen der Sächs. Staatsbahnen, ist Sitz eines Amtsgerichts (Landgericht Dresden), ↔ Untersteuer-, Kataster- und Hafenamtes,


Textfigur:

hat (1890) 9389 E., darunter 378 Katholiken und 21 Israeliten, in Garnison das Feldartillerieregiment Nr. 32, Postamt erster Klasse mit Zweigstelle, Telegraph, Fernsprecheinrichtung, eine große Elbbrücke aus Sandstein und Eisen, 1876–78 an Stelle der durch Hochflut zerstörten erbaut, 2 Kirchen, 1 Kapelle, altes Rathaus im Renaissancestil, früher Nonnenkloster, höhere Knaben- und Mädchenschule, gewerbliche Fortbildungs-, Schiffer- und Handelsschule, Stadtbibliothek, Stadt- und Johanniterkrankenhaus, Knabenrettungs-, Armenhaus, Sparkasse, Spar- und Vorschußverein, Kanalisation, Wasserwerk, Gasanstalt, Schlachthof, große Quaianlagen und einen Verkehrs- und Winterhafen. Die Industrie erstreckt sich auf Blech- und Röhrenwalzwerk (Zweiganstalt von Lauchhammer, s. d.), Dampfsägewerke, Fabriken für Parkettfußboden, Wagen, Stühle und Sofas, Marmorwaren, Leim, Öl, Küchengeräte, Seife und landwirtschaftliche Maschinen, Dampfschleiferei, Kunstmühle, Lumpensortier- und Exportanstalt, bedeutende Schiffswerft und umfangreiche Sandsteinindustrie. R. ist der bedeutendste Elbumschlagplatz Sachsens, der Verladeplatz für überseeische Güter von und nach Bayern, sowie Stapel- und Handelsplatz für Heringe, Petroleum (Tankanlagen der amerik. Petroleumgesellschaft), Holz, Schiefer, Kohlen, Düngemittel, Getreide, Roheisen, Marmorwaren und Sandsteine.

Riese, Adam, s. Ries, Adam.

Rieselfelder, besonders eingerichtete Ländereien, welche dazu dienen, die Abwässer gewerblicher Anlagen oder städtische Kanalabwässer zu reinigen, ehe diese den öffentlichen Flußläufen zugeleitet werden. Gleichzeitig können die in den Abwässern stets enthaltenen Düngerstoffe (insbesondere Stickstoff und Phosphorsäure) auf diesem Wege für die Landwirtschaft nutzbar gemacht werden. Jedoch ist nicht der landwirtschaftliche Nutzen in erster Linie für die Anlage von R., die zuerst von Chadwick 1836 ernstlich angeregt und von Latham für die engl. Stadt Croydon praktisch angewendet wurde, maßgebend gewesen, sondern vor allem das Bedürfnis der Verhütung von Flußverunreinigungen (s. d.) durch die genannten Abwässer. R. können jedoch nur da angelegt werden, wo in der Umgebung der gewerblichen Anlagen oder Städte geeignetes Terrain vorhanden ist. Insbesondere sind bei der Beurteilung eines zur Rieselfelderanlage bestimmten Terrains zu beachten die Gefällsverhältnisse, die Zusammensetzung und Filtrierfähigkeit des Bodens, die klimatischen Verhältnisse u. a. m. Im speciellen Falle, wenn es sich um Anlagen von R. handelt, ist häufig auch von entscheidender Bedeutung, ob das Abwasser mit natürlichem Gefälle oder unter künstlichem Druck den R. zugeleitet werden kann oder muß, ob der zur Berieselung erforderliche Boden bereits kultiviert ist oder nicht, denn dadurch gestalten sich die Kosten der ganzen Anlage erheblich verschieden. Bezüglich der Gefällsverhältnisse ist zu berücksichtigen, ob Großkultur auf Ackerland und Wiese, welche großes Gefälle (4–5 Proz.), oder Gartenkultur, welche wegen der üblichen wiederholten Bodenlockerung sowie der kürzern Berieselungsdauer geringere Flächengefälle erheischen, betrieben werden soll. Die

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 865.