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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Riesen; Riesenalk; Riesenbetten; Riesenbovist; Riesenburg; Riesendamm; Rieseneisvogel; Riesenfaultier; Riesenfischer; Riesengebirge

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Riesen (in der Architektur) – Riesengebirge

den) hervorgehen, dem die übrigen R. entstammen. Ihn selbst erschlagen später die Götter Odin, Vili, Ve und schaffen aus seinem Leibe die Welt: aus seinem Blut das Meer und die Gewässer, aus seinem Fleisch die Erde, aus seinen Knochen die Berge, aus seinem Schädel den Himmel, aus seinem Hirn die Wolken und aus seinen Haaren die Bäume. Die große Flut überlebt ein einziger Riese (Bergelmir); seine Nachkommen heißen Jöten (altnord. iötunn, angelsächs. eoten oder eten, von itan, althochdeutsch ezzan, essen), d. i. die Gefräßigen, auch Tursen (alt-nord. thurs, angelsächs. thyrs, althochdeutsch turs, von thaúrsjan, dursten), d. i. die Durstigen; in angelsächs. Sprache auch ent (Plural entas), wovon in heutigen deutschen Dialekten noch der Ausdruck «enterisch» für ungeheuerlich, wunderlich geblieben ist; in niederdeutscher Sprache Hüne. Die Wohnung der R. war in dem nordischen Mythos Jötunheim oder Utgard, der Küstenrand der vom Weltmeer umgebenen Erde. Sie bedeuten im allgemeinen die den Menschen schädigenden Gewalten in der Natur, leben bald im Kampfe mit den Göttern, bald auch in friedlichem Verkehr und erscheinen körperlich nicht bloß durch Größe, sondern auch zuweilen durch Gliederzahl, durch mehrere Köpfe, Arme und Hände ausgezeichnet, nach der geistigen Seite aber gewöhnlich frevelhaft, übermütig, gierig, zornig und dumm. Den ergänzenden Gegensatz zu ihnen bilden die elfischen Geister. Die Mythen von den R. leben namentlich in Sage und Märchen noch heute fort. – Vgl. außer den deutschen Mythologien Weinhold, Die R. des german. Mythus (Wien 1858).

Riesen, in der got. Architektur der auf einer Fiale (s. d.) aufsitzende Teil, der in der Form einem Dachhelm entspricht und mit Krabben und Kreuzblume (s. d.) verziert ist.

Riesen, Rutschen, Gleitbahnen oder Laaße, an Berghängen angelegte Rinnen, in denen das eingebrachte Holz durch seine eigene Schwere hinabgleitet. Je nach der Bauart unterscheidet man Holz-, Erd- und Wegriesen. Zum Bau der Holzriesen werden meist runde Stämme in der Weise verwendet, daß 6‒8 Stück derselben eine halbkreisförmige Rinne bilden; durch Zusammenstoßen der einzelnen Rinnen, «Forche», kann den R. beliebige Länge gegeben werden, oft führen sie viele Stunden weit. Ist es möglich, den R. aus benachbarten Quellen Wasser zuzuführen, das das Herabgleiten des Holzes befördert, so baut man die Stammholzriesen etwas dichter, auch aus vierkantig beschlagenen Stämmen, die sich enger aneinander legen lassen, und verstopft die Spalten mit Moos. Das einer Holzriese zu gebende Gefälle schwankt zwischen 5 und 40 Proz. Trocknen Brennholzriesen giebt man 20‒35 Proz., bei der Eisbahn 6‒12 Proz., den Wasserriesen nur 5‒8 Proz., Langholzriesen erhalten trocken 15‒20 Proz., als Eis- oder Wasserriesen nur 3‒6 Proz. Gefälle.

Erdriesen sind flache Rinnen, die an Berghängen sich teils schon vorfinden, teils durch künstliche Beihilfe in verschiedener Art verbessert werden.

Wegriesen finden sich namentlich in einigen Thälern des Schwarzwaldes. Als Rieslinie dient entweder ein zufällig vorhandener oder angelegter Weg mit 10 Proz. und mehr Gefäll. Zum Riesenbau werden die abzuriesenden Langhölzer selbst benutzt. Der Weg wird seitlich mit letztern so eingefaßt, daß ein dritter zu riesender Stamm bequem zwischendurch hinabrutschen kann. Die Sohle wird in verschiedener Weise mit querüber oder in der Längsrichtung eingelegten Hölzern befestigt.

Seit etwa der Mitte dieses Jahrhunderts haben sich zuerst in Tirol, dann in der Schweiz, Savoyen und Deutschland die Seilriesen (s. Seilbahnen) eingebürgert, etwa 3 cm starke Drahtseile, die von einem hochgelegenen Punkte freihängend in das Thal hinabgespannt werden.

Riesenalk, Vogel, s. Brillenalk.

Riesenbetten, soviel wie Dolmen (s. d.).

Riesenbovist, Pilz, s. Lycoperdon.

Riesenburg, Stadt im Kreis Rosenberg des preuß. Reg.-Bez. Marienwerder, links an der Liebe, an der Marienburg-Mlawkaer Eisenbahn, Sitz eines Amtsgerichts (Landgericht Elbing), hat (1890) 4586 E., darunter 643 Katholiken und 123 Israeliten, in Garnison die 1., 4. und 5. Eskadron des Kürassierregiments Herzog Friedrich Eugen von Württemberg Nr. 5, Post mit Zweigstelle, Telegraph, zwei evang., 1 kath. Kirche, Realprogymnasium, Rettungshaus, eine von Friedrich Wilhelm Ⅰ. angelegte Wasserleitung und ein Schlachthaus.

Riesendamm, s. Causeway.

Rieseneisvogel, s. Baumlieste.

Riesenfaultier, s. Faultiere.

Riesenfischer, soviel wie Rieseneisvogel (s. Baumlieste).

Riesengebirge, der mittlere und höchste Teil der Sudeten, das höchste Gebirge des nördl. Deutschlands, erstreckt sich in südöstl. Richtung von den Quellen des Zacken bis zu denen des Bober. Im NW. hängt es durch einen in der Proxenbaude 888 m hoch ansteigenden Sattel mit dem Iserkamm zusammen, im SO. ist es durch einen tiefen Einschnitt, in dem die Straße von Trautenau bis Landeshut führt, vom Überschaargebirge getrennt. Es ist 37 km lang, 22‒25 km breit und bedeckt etwa 1110 qkm. Im S. lagert sich in Böhmen vor das R. eine allmählich sich abdachende Landschaft, während nach N., besonders gegen den Hirschbergkessel hin, das R. mit einem Abfall von 1000 m im Mittel abbricht. Durch ein schmales Längsthal mit muldenförmigen Flächen, welche in ihren Torfmooren, Morästen und Sümpfen die Quellen der Elbe, Iser, Aupa, des Zacken, Bober und Queis enthalten, wird der Zug in zwei parallele Kämme getrennt, einen hohen preuß. Kamm und einen niedrigern südlichen, den böhm. Kamm. Dieser ist durch das Durchbruchsthal der Elbe in zwei Teile zerschnitten, einen westlichen, mit dem Krkonosch (1413 m, Halsträgergebirge) und dem Kesselberg (1434 m), und einen östlichen mit einem deutlich ausgesprochenen First, dem Ziegenrücken (Brunnberg 1555 m). Ebenso wird der preuß. Kamm durch tiefe Scharten zerschnitten; hier liegen der Reifträger (s. d.), das Hohe Rad (1509 m), die Große Sturmhaube (1424 m), die Kleine Sturmhaube (1440 m) und am Ostende die 1605 m hohe Schneekoppe, der höchste Berg Mitteldeutschlands. Im NO. der Schneekoppe folgt der Forstkamm mit der Schwarzen Koppe (1407 m), dann der Schmiedeberger Kamm, an den sich gegen den Bober hin der Landeshuter Kamm anschließt. Sowohl das von der Iser und Aupa eingeschlossene südl. Gehänge, als auch der nördl. Abfall sind durch Schluchten und tief eingerissene Thäler ausgezeichnet, die dem R. den großen landschaftlichen Reiz verleihen. So sind vor allem zu nennen: am Hohen Rad die Große und Kleine Schneegrube, im NW. der Schneekoppe der