Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Diese Seite ist noch nicht korrigiert worden und enthält Fehler.

877
Rinderpest - Rindviehzucht
trockne Buenos-Aires-Ochshäute 118 M., für Kipse
145-160 M. - Die deutschen Hauptplätze sür die
Bearbeitung der eingeführten R. sind die Rbeinpro-
vinz (Köln und der Bezirk an der Nabe bis mit
Luxemburg), Rheinhessen (Mainz), die Psalz, Mün-
chen, auch Königreich Sachsen. l
Rinderpest, Löserdürre, Löserseuche,
Viehseuche, Viehpest, Rindviebstaupe,
Übergalle, Großgalle, die verheerendste und
deshalb am meisten gefürchtete Krankheit des Rin-
des. Die N. ist in den russ. steppen einheimisch,
verbreitet sich aber von Zeit zu Zeit als Seuche über
weite Länderstrecken. Zum erstenmal trat sie als
Seuche 1709 -17 auf und überzog ganz Europa;
1726-34 folgte ein zweiter verheerender Scuchen-
ausbruch. Seitdem scheint die R. in Europa statio-
när geblieben zu sein und nur in ihrer Intensität zu
schwanken. 1878-79 herrschte sie zum letztenmal
in größerer Ausdehnung in Deutschland. Die Sterb-
lichkeit unter den an N. erkrankten Tieren beträgt in
Deutschland 90 -95 Proz., in den russ. Steppen
nur 30 - 50 Proz. Die Symptome der Krankheit
sind folgende: Nach einem Inkubationsstadium von
6 bis 9 Tagen, hier und da aber schon nach 36-48
Stunden, tritt hohes Fieber mit gleichzeitigem Ver-
siegen der Milch und Verminderung des Appetits
auf, die Tiere werden auffallend matt, zeigen raubes,
gesträubtes Haar und scharlachrote Färbung der Lid-
bindehaut, der Maul-, After- und ^cheidenscklcim-
haut. Unter starkem Durchfall mit Afterzwang
magern die Tiere sehr schnell ab; auf den sichtbaren
Schleimhäuten bilden sich Schorfe und Geschwüre
mit Absonderung mißfarbigen übelriechenden Se-
krets. Der Tod erfolgt am vierten bis siebenten
Tage. Bei der Untersuchung der gefallenen Tiere
findet man hauptsächlich starke Entzündung der
Schleimhäute des ganzen Verdauungskanal^, dipb-
theritische Versa) orfung und Geschwüre des Epithels
der Schleimhaut, Infiltration der Lymphfollikel des
Darms und der Gekrösedrüsen, Veränderungen,
die auf die Wirkung der Ansiedelung eines Pilzes
zurückzuführen sind. Dieser selbst ist mit Sicherbeit
noch nicht nachgewiesen. Einen kurzen Vacillus hat
Metschnitoff beschrieben. Die Behandlung der R.
ist aussichtslos, deshalb muß die ganze Sorge
darauf gerichtet sein, die Seuche durch Verbot der
Einfuhr des Eteppenviehs und strenge Überwachung
des Vichverkehrs von den Landesgrenzen fern zu
halten. Ist die R. aber einmal ins Land einge-
schleppt, dann vermögen nur die vollkommene Ab-
sperrung der verseuchten Distrikte durch militär.
Cordons, die Tötung aller erkrankten und verdäch-
tigen Tiere und die gründlichste Desinfektion, wie
dieses in dem Rinderpestgcsctze vom 7. April 1869
und der revidierten Instruktion vom 9. Juni 1873
vorgeschrieben ist, eine weitere Verschleppung zu
verhindern. In der That gelang es bei dem letzten
Ausbruch der R. in Deutschland 1878, sie durch die
bezeichneten Maßregeln wirksam zu unterdrücken.
Die R. überträgt sich von: Rind auf sämtliche
Wiederkäuer (Schafe, Ziegen), verläuft aber durch-
schnittlich bei diesen viel milder. Der Genuß des
Fleisches von an N. erkrankten Tieren erzeugt beim
Menschen keine specifischen Nachteile, doch ist er
nicht zulässig, da das Fleisch als verdorben erachtet
werden muß. - Vgl. Roloff, Die R. (2. Aufl., Halle
1877); Gerlach, Maßregeln zur Verbütung der R.
(2. Aufl., Berl. 1875); Dicckerhofs, Die Geschichte
oer R. und ihrer Litteratur (ebd. 1890).
Rinderseuche, Wildseuche, eine Seuche, die
zum erstenmal 1878 in der Umgebung von München
austrat, anfangs die gehegten Hirsche und Wild-
schweine ergrisf, später auf in der Nähe befindliche
Rinder, Pferde und Schweine überging und 1881
unter den Haustieren Oberbayerns eine größere
Verbreitung erreichte. 1889 wurde sie wieder im
nördl. Bayern, wiederholt 1883 und 1889 im König-
reich Preußen beobachtet. Die N. tritt in zwei For-
men auf. Als Ausfchlag (exanthematische Form)
erscheint sie in Form von bedeutenden Schwellungen
der Haut und des Unterhautzellgewebes am Kopfe,
Halse und Wamme, der Schleimhaut der Maulböhle,
der Junge, des Kehlkopfes und des ganzen Respira-
tionstrakts ; daneben bestehen hohes Fieber, Schling-
beschwerden, Erstickungsanfälle, Kolik. Der Tod er-
folgt rasch nach 12-36 Stunden. Auch als Lungcn-
brustfellcntzündung (beim Wild gewöhnliche Form)
tritt sie aus, mit einer Dauer von 5 bis 8 Tagen.
Die Behandlung ist aussichtslos. Der Erreger der
R. ist noch nicht sicher bekannt. Stäbchenbakterien
wurden in Blut und Geweben von an N. verendeten
Tieren nachgewiesen. Nach Huppe ist die N. iden-
tisch mit der Kaninchenseptichämie, Schweinc-scuche,
Hühnercholera und Vrustseuche der Pferde. Nach
Genuß von Fleisck von Tieren, die an der R. gelitten
hatten, ist beim Menschen noch keine Erkrankung be-
obacbtet worden. Die R. kann verwechselt werden
mit Milzbrand (s. d.) und mit Lungenseuche (s. d.).
Rindfleisch, Georg Eduard von, pathol. Ana-
tom, geb. 15. Dez. 1836 zu Cöthen, studierte Medizin
zu Heidelberg, Halle und Berlin, wo er sich nach voll-
endetem Studium unter Virchow pathol.-anatom.
Arbeiten widmete. 1861 wurde er Assistent Heiden-
hains zu Brcslau und habilitierte sich für das Fach
der pathol. Anatomie; noch in demfelben Jahre
wurde er Profektor für pathol. Anatomie in Zürich
und bald darauf außerord. Professor, 1865 ord.
Professor in Bonn, wo unter seiner Leitung das
Pathologische Institut reorganisiert wurde, und im
Winter 1873 nahm er eine Berufung nach Würz-
burg an. N. hat sicb durch eine Neihe monographi-
scher Arbeiten über Skrofulöse, Tuberkulose, Eiter-
bildung u. s. w. bekannt gemacht. In der Histologie
des Blutes lehrte er die Entstehung der kernlosen
aus den kernhaltigen Blutkörperchen kennen. Er
schrieb ferner: "Lehrbuch der pathol. Gewebelehre"
i6. Aufl., Lpz. 1886), "Elemente der Pathologie"
iebd. 1883), "Ärztliche Philosophie" (Rettoratsrede,
Würzb. 1888). Mi.
Nindsfinne, s. Bandwürmer und Finnenkrank-
Rindviehftaupe, s. Rinderpest.
Rindviehzucht, in Europa der wichtigste Teil
der landwirtschaftlichen Viehzucht, denn das Rind-
vieb liefert kräftige Zugtiere, giebt unter allen Vieh-
arten den verwendbarsten Dünger und gewährt
durch Fleifch, Häute (s. Rinderhäute), Milch u. s. w.
mannigfaltigen und großen Nutzen. Wenn auch
unter besondern Verhältnissen andere Zweige der
Tierproduktion, z. B. die Schafzucht, einen höhern
Reinertrag abwerfen, so können sie doch nie die all-
gemeine Wichtigkeit erlangen wie die R. Über den
Ursprung und das Vaterland des zahmen Rindes
sind nur Hvpotbesen vorhanden. Es gehört in die
Klasse der Zweihufer, Ordnung der Wiederkäuer.
In böchster Ausbildung findet man es in gras-
reichcn, mebr feuchten als trocknen Gegenden, be-
sonders in seuchtwarmen Bergthälern und Fluß-
niederungen. Es ist ausgewachsen im dritten bis.