Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Russische Litteratur

48

Russische Litteratur

gestellt; die Kolossalbüste Alexanders I. im Senat von demselben; die Gedenksäule Alexanders I. von Monferrand (1832), mit der Statue des Friedensengels von Orlowski; der Fabeldichter Krylow, 1855 von Baron Clodt im Sommergarten in Petersburg; das Reiterstandbild des Kaisers Nikolaus von demselben, 1859 vor der Isaakskathedrale aufgestellt (s. Taf. I, Fig. 5); das Nowgoroder Denkmal zur Erinnerung an den tausendjährigen Bestand Rußlands (1862) in Form einer Riesenglocke mit Scenen aus der Geschichte Rußlands von Mitjeschin; Katharina II. mit den Figuren ihrer Staatsmänner und Feldherren vor dem Alexandertheater, 1874 von demselben; das Puschkindenkmal in Moskau von Objekuschin und Bogomolow 1880; das Bohdan-Chmelnizkij-Denkmal in Kiew (1873) von Mikjeschin und viele andere. Zu den hervorragendsten Bildhauern der Gegenwart in Rußland gehören: M. Popow, M. Antokolski (s. Taf. I, Fig. 2), M. Tschischow, E. Lanceray (s. Taf. I, Fig. 4). Ein Realismus mit scharfer Charakteristik des dargestellten Gegenstandes ist ihnen allen gemein.

Die Malerei hat sich in Rußland während der letzten zwei Jahrhunderte unter westeurop. Einflüsse überaus reich und vielseitig entwickelt. Bis in die fünfziger Jahre des gegenwärtigen Jahrhunderts war die Nachahmung ital. Muster, der franz. Klassicismus und die streng akademische Richtung vorherrschend. Seitdem machte sich auch auf diesem Gebiete das nationale und volkstümliche Element mit realistischer Färbung nach Kräften geltend. Im 18. und im Anfang des 19. Jahrh. zeichneten sich besonders aus als religiöse und Historienmaler: Losenko (gest. 1773), Antropow (gest. 1792), Akimow (gest. 1814), Ugrjumow (gest. 1823), Lewitzki (gest. 1822), M. Iwanow (gest. 1823), Moschkow (gest. 1839) und andere; als Landschafts- und Marinemaler: Sim. und Sil. Schtschedrin (gest. 1804 und 1830), Pritschetnikow (gest. 1809), F. Aleksjejew, der russ. Canaletto (gest. 1824). Die akademische Richtung vertraten im Laufe des gegenwärtigen Jahrhunderts: Tropinin (gest. 1827), Warnek (gest. 1843), Lebedjew (gest. 1837), Worobjew (gest. 1855), K. Rabus (gest. 1857), Bruni (gest. 1875), Markow (gest. 1878), A. Beidemann (gest. 1869) und Willewalde. An der Spitze der romantischen Richtung standen: K. Brüllow (s. Taf. III, Fig. 4) und seine Schule. Zu dieser Richtung ist auch F. Bronnikow sowie die Landschafts- und Marinemaler Ajwasowskij (s. Taf. III, Fig. 5), Bogoljubow, L. Lagorio, A. Meschtscherski zu rechnen. Das volkstümliche Element führte A. Iwanow in die russische religiöse Malerei ein, während Fedotow, Makowski, Perow, Polenow (s. Taf. III, Fig. 1), Repin (s. Taf. III, Fig. 2), Wereschagin (s. Taf. III, Fig. 3) und viele andere Maler der Gegenwart die realistische Richtung, besonders im Genrebild, vertreten.

Litteratur. Die wichtigsten Publikationen über russ. Kunstgeschichte, meist in russ. Sprache verfaßt, sind: Martinow, Denkmäler der alten Kunst in Rußland (Mosk. 1850); Ramesanow, Materialien zur Geschichte der Kunst in Rußland (ebd. 1863); Kiprjanow, Beiträge zur Geschichte der Architektur in Rußland (Petersb. 1864); Geschichte des russ. Ornaments vom 10. bis 16. Jahrh., mit Abbildungen hg. vom Kunstindustriellen Museum in Moskau (1868-72); E. Viollet le Duc, L'art russe, ses origines, ses éléments constitutifs, son apogée, son avenir (Par. 1877); W. Butowski, Die R. K. und die Ansichten Viollet le Ducs und Buslajews über dieselben (Mosk. 1879); Graf I.^[Ivan] Tolstoj und N. Kondakow, Russ. Altertümer in den Denkmälern der Kunst: I. Klassische Altertümer Südrußlands (Petersb. 1889); II. Scythisch-Sarmatische Altertümer (ebd. 1889); III. Altertümer aus derZeit der Völkerwanderung (ebd. 1890). Ferner gehören hierher die von der Verwaltung der Eremitage herausgegebenen "Altertümer des Russischen Reichs", die Abhandlungen der Gesellschaft für altchristl. Kunst, Berichte der Kaiserl. Archäologischen Kommission in Petersburg, Berichte der Akademie der Künste in Petersburg, Abhandlungen der Kaiserl. Archäologischen Gesellschaft in Moskau. Schließlich enthält die Kunst-Encyklopädie von F. Bulgakow, deren zwei erste Bände 1886 und 1887 erschienen sind, manches dankenswerte Material. Die kurzgefaßte populäre Kunstgeschichte von P. Gnjedicz (Petersb. 1885) enthält einen Versuch, die R. K. neuerer Zeit in den Entwicklungsgang der Kunst wenigstens zum Teil einzureihen. Vgl. ferner N. P. Sobko, Lexikon russ. Künstler des 11. bis 19. Jahrh. (Petersb. 1893).

Russische Litteratur. Das erste Auftreten einer Litteratur in Rußland ist gleichzeitig mit dem Auftreten des Christentums daselbst. Die Sprache, durch welche die neue Lehre vermittelt wurde, war die kirchenslawische (altbulgarische). In Bulgarien war, besonders unter dem Zaren Simeon (890-927), eine große Anzahl byzant. Werke, meist kirchlichen, teils aber auch profanen Inhalts, ins Slawische übersetzt worden (s. Kirchenslawisch). Diese Übersetzungslitteratur fand durch das Mittel der den Russen verständlichen kirchenslaw. Sprache Eingang in Rußland, und die Sprache dieser Litteratur wurde die Kirchen- und Schriftsprache der Russen. Mit der Zeit aber drang durch die russ. Abschreiber der kirchenslaw. Handschriften und durch die Übersetzer immer mehr von den Eigentümlichkeiten der russ. Volkssprache ein.

Die slawisch-byzant. Litteratur und die Anfänge der russischen galten in der ersten Periode für das gesamte Rußland. Der Mittelpunkt des geistigen Lebens war Kiew. Die Schriftsteller waren Geistliche, doch zeigten auch hochgestellte Laien wissenschaftliches Interesse. Die Kirchenschriftsteller und Prediger, z. B. der Erzbischof Luka Shidjata von Nowgorod (11. Jahrh.), der Bischof Cyrill von Turow (12. Jahrh.) u. a., erstrebten möglichstes Erreichen der byzant. Vorbilder, die Laien, wie der Großfürst Wladimir Monomach (12. Jahrh.) in seiner "Unterweisung an seine Kinder", der Verbannte Daniel (13. Jahrh.) in seinem "Traktat an einen russ. Fürsten", schrieben denselben rhetorischen Stil. - Bedeutend waren die ersten Anfänge der Annalistik, die, fälschlich dem Höhlenklostermönch Nestor (gest. um 1114) zugeschriebene sog. "Urchronik" ("Pervonačalnaja lětopis"), in der neben byzant. Chroniken auch einheimische Quellen, zum Teil Heldensagen benutzt sind, und die den spätern russ. Städtechroniken zur Grundlage diente. Für die russ. Sprache und Rechtsgeschichte wichtig ist das älteste (dem Großfürsten Jaroslaw zugeschriebene) russ. Gesetzbuch, die "Pravda russkaja" (11. Jahrh.). Erwähnung verdient auch die schlicht und treu erzählte Pilgerfahrt nach Jerusalem des Abts Daniel (12. Jahrh.). Das einzige erhaltene poet. Denkmal altruss. Zeit ist die "Erzählung (Slovo) vom Heereszug Igors". (S. Igorlied.) Vom Heldengesang, der an den russ. Fürstenhöfen gepflegt ge-^[folgende Seite]