Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

60

Russisches Heerwesen

Häfen des Baltischen und Schwarzen Meers und Wladiwostok, 2 Flußtorpedocompagnien, 6 Festungsmilitärtelegraphen in den großen Festungen, 4 Festungsluftschifferabteilungen, Festungsbrieftaubenstationen.

Ersatztruppen. Im Kriege werden aufgestellt 192 Infanterie-, 7 Schützen-Ersatzbataillone, 9 Schützencompagnien in Finland, also 1 Ersatzcompagnie für jedes Infanterieregiment und der 7 im europ. Rußland und im Kaukasus stehenden Schützenbrigaden (1 Ersatzbataillon für jedes finn. Schützenbataillon). Auf diese Ersatztruppenteile sind auch die aus der Reserveinfanterie aufgestellten Truppenteile angewiesen.

Im Frieden bestehen 19 Cadres des Kavallerieersatzes (3 Garde-, 1 kaukasisches, Nr. 1-15), für jede Kavalleriedivision 1, für die 2. Garde-Kavalleriedivision 2 Cadres. Jedes Cadre besteht aus 3, das für die 1. Garde-Kavalleriedivision aus 4 Abteilungen, so daß jedes Kavallerieregiment 1 Cadre hat. Die Cadres sind in 8 Brigaden des Kavallerieersatzes vereinigt. Das 15. Cadre ist selbständig.

Die 2 Friedensersatzbatterien entwickeln sich im Kriege zu 8 Ersatzbatterien; von den Batterien der Reserve-Artilleriebrigaden können 40 zu Ersatzbatterien bestimmt werden. Zur Ergänzung der reitenden Batterien besteht bei 5 Reserve- und 1 Ersatzbatterie im Frieden je 1 reitender Zug; im Kriege werden daraus 1 Garde- und 5 andere Batterien.

Im Kriege zweigen die im Frieden bestehenden 2 Reservebataillone Stammcadres für 4 Ersatz-Sappeurbataillone ab.

Im Frieden bestehen 5 Traincadrebataillone; im Kriege 18 Trainbataillone, die auf die Armeen verteilt werden und Transporte aufstellen; 53 fliegende Artillerieparks (Munitionskolonnen); 6 Feldingenieurparks zur Ergänzung des Schanzzeugs für die Feldarmee und die Truppen; 17 Feldtelegraphenparks; 2 Ingenieurbelagerungsparks und Feldluftschifferabteilungen. Hierzu kommen die Sanitätstrains: Truppenlazarette für die Verbandplätze auf dem Schlachtfelde, 68 Divisionslazarette, entsprechend den deutschen Sanitätsdetachements, 266 bewegliche Feldhospitäler, den deutschen Feldlazaretten entsprechend, und 20 Militärsanitätstransporte; Feldbäckereien und Pferdedepots.

An Lehrtruppen bestehen eine Offizierschießschule mit einer Schützencompagnie, Offizierkavallerieschule mit 1 Eskadron, Offizierartillerieschießschule mit 1 Feld- und 1 reitenden Batterie, 1 elektrotechnische Schule, 1 Lehrluftschifferpark und 1 Lehrunteroffizierbataillon.

Über die Grenzwache s. d.

Die Milizen (hauptsächlich Reitersotnien) haben keine ständige Organisation; es stehen im Dienst: das Dagestan-Reiterregiment, die Kuban-, Terek-, Dagestan-, Karsk- und Batummiliz, und die turkestan. reitende irreguläre Division.

Es bestehen: 22 Kadettenkorps (s. d.), 9 Infanterie-, 2 Kavallerie-, 3 Kosaken-Junkerschulen, 6 Kriegsschulen (s. d.), die Nikolaus-Generalstabsakademie, die Michael-Artillerieakademie (s. d.), die Nikolaus-Ingenieurakademie, die Militär-Juristische Akademie; ferner: 3 Gewehrfabriken (Sestrorjezk, Tula, Ischewo), 3 Pulverfabriken (Ochta, Michailow-Schostka, Kasan), 1 Patronenfabrik (Petersburg), 3 Lokalarsenale (Petersburg, Briansk, Kiew) zur Anfertigung von Lafetten, Protzen und Artilleriefahrzeugen, 1 Bezirksartilleriearsenal (Taschkent), Geschützgießerei (Petersburg) und Raketenfabrik (Nikolajew), 18 Bezirksartilleriedepots, 2 Artilleriewerkstätten (Warschau, Tiflis), 6 Bezirksingenieurdepots, 5 Festungsingenieurdepots, 1 Centralingenieurdepot (Bobrujsk), 2 Torpedodepots (Kronstadt, Odessa), 4 Taubenpoststationen (Brest-Litowsk, Warschau, Iwangorod, Nowogeorgijewsk), endlich Hospitäler und Lazarette, 11 Apothekenmagazine, 1 Fabrik chirurg. Instrumente (Petersburg), Intendanturdepot für Hospitalsachen (Brest-Litowsk). Die Intendantur umfaßt 15 Intendanturdepots, 1 Intendanturniederlage für unberührbare Hospitalvorräte (Brest-Litowsk), 2 Montierungswerkstätten (Dünaburg, Kiew), 5 Trainwerkstätten (Wilna, Warschau, Moskau, Kasan), 7 Militärdampfbäckereien, 17 Militärdampfmühlen, 293 Verpflegungsmagazine.

Bekleidung: Grundfarbe für Mütze, Rock (ohne Knöpfe) und Hosen dunkelgrün für Infanterie, Kavallerie und Artillerie, letztere graublaue Hosen. Besatz und Vorstoß an Mützen, die Achselklappen (die 1. und 2. Regimenter der Armeedivisionen rot, der 3. und 4. Regimenter blau mit Divisionsnummer), Kragenspiegel verschiedenfarbig, hohe Kniestiefel. Kosaken: Grundfarbe blau.

Bewaffnung: Hauptwaffe für Infanterie und Kavallerie ist das Russische Gewehr M/91, nach dem Kaliber auch Drei-Linien-Gewehr genannt (drei Linien = 7,6 mm). Es hat einen Lauf mit 4 Zügen, aber keinen Laufmantel. Der Verschluß besitzt viel Ähnlichkeit mit dem des deutschen Gewehrs, die Sicherung weicht ab. Der Magazinkasten unter der Hülse nimmt 5 Patronen auf, der Zubringermechanismus befördert letztere beim Laden in die Hülse. Der Patronenrahmen wird auf das Magazin aufgesetzt, die Patronen werden heruntergedrückt, der Rahmen selbst aber fortgeworfen. Der Kasten unten ist durch einen Deckel geschlossen. Nach dem Heraufbefördern der letzten Patrone ist die Hülse von unten völlig abgeschlossen, und das Gewehr kann in gleicher Weise als Mehrlader wie als Einzellader benutzt werden. Das Korn ist verschiebbar; das Visier gehört dem Treppen- und Leitersystem an; höchste Visiermarke 2700 Schritt (1918 m). Die Patrone wiegt 26,2 g; die Hülse besitzt die allgemein übliche Form, das Treibmittel besteht aus 2,22 g rauchlosem Pyroxylinpulver. Das Geschoß (Hartblei mit Melchiormantel) wiegt 14 g und ist gefettet. Das Bajonett (42 cm lang) befindet sich gewöhnlich, auch beim Schießen, an dem Gewehr, kann aber entfernt werden. Die Anfangsgeschwindigkeit beträgt 620 m. Die Treffgenauigkeit ist geringer, die Rasanz dieselbe wie beim deutschen Gewehr. Für die Dragoner und Kosaken ist das gleiche Gewehr geplant, nur etwas kürzer (1,15 gegen 1,28 m) und leichter (3,9 gegen 4 kg) als das für die Infanterie.

Rußland hat sich von den Großstaaten zuletzt zur Annahme eines Mehrladers entschlossen. Gewehre und Patronen werden in russ. Fabriken gefertigt, doch hat Frankreich als Aushilfe 500000 Läufe geliefert. Die gesamte Infanterie der russ. Feldarmee wird voraussichtlich erst Ende 1897 mit dem neuen Gewehr ausgerüstet sein.

Die Dragoner führen neben dem Drei-Linien-Gewehr den Säbel; Kosaken erstes Glied Lanzen; Feldartillerie Säbel und Revolver. Das Kaliber des schweren Geschützes beträgt 10,68, des leichten 8,69, der reitenden Artillerie 8,69, Gebirgsartillerie 6,35, des Feldmörsers 15,25 cm.