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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Rußland (Geschichte von der Urzeit bis 1054)

Swjatoslaw II. Wsewolodowitsch 1246-49.

Andrej I. Jaroslawitsch 1250-52.

Alexander Newskij 1252-63.

Jaroslaw III. Jaroslawitsch 1264-72.

Wassilij I. Jaroslawitsch 1272-76.

Dmitrij (Demetrius) I. Alexandrowitsch 1276-94.

Andrej II. Alexandrowitsch 1294-1304.

Michail Jaroslawitsch 1304-19.

Jurij IV. Danilowitsch 1319-25.

Alexander Michailowitsch 1327-28.

Großfürsten von Moskau:

Iwan (Joan) I. Danilowitsch Kalita 1328-40.

Simeon Iwanowitsch, d. Stolze, 1340-53.

Iwan II. Iwanowitsch 1353-59.

Dmitrij III. Konstantinowitsch 1359-62.

Dmitrij IV. Iwanowitsch Donskoj 1362-89.

Wassilij II. Dmitrijewitsch 1389-1425.

Wassilij III. Wassiljewitsch, der Blinde, 1425-62.

Iwan III. Wassiljewitsch 1462-1505.

Wassilij IV. Iwanowitsch 1505-33.

Iwan IV. Wassiljewitsch, der Schreckliche, 1533-84.

Feodor I. Iwanowitsch 1584-98.

Boris Godunow 1598-1605.

Feodor II. Borissowitsch April bis Juni 1605.

Der (I.) falsche Dmitrij (Demetrius) 1605-6.

Wassilij V. Iwanowitsch Schujskij 1606-10.

Interregnum 1610-13.

Die Romanows:

Michail Feodorowitsch Romanow 1613-45.

Alexej Michajlowitsch 1645-76.

Feodor III. Alexejewitsch 1676-82.

Regentschaft der Sophia Alexejewna 1682-89.

(Iwan V. Alexejewitsch 1682-89.)

Peter d. Gr. 1689-1725.

Katharina I. 1725-27.

Peter II. 1727-30.

Anna Iwanowna 1730-40.

Iwan VI. 1740-41.

Elisabeth Petrowna 1741-62.

Haus Romanow-Holstein-Gottorp.

Peter III. Jan. bis Juli 1762.

Katharina II. 1762-96.

Paul 1796-1801.

Alexander I. 1801-25.

Nikolaus I. 1825-55.

Alexander II. 1855-81.

Alexander III. 1881-94.

Nikolaus II. seit Nov. 1894.

Geschichte. (Hierzu: Historische Karte von Rußland.)

Urzeit. Die frühesten Nachrichten über die Bewohner des heutigen R. finden sich bei Herodot, nach dessen Angabe vom Schwarzen Meere nach Norden hin die Scythen (s. d.) und die Sarmaten (s. d.) wohnten, ein Völkergemisch, dessen nördl. Bestandteile wahrscheinlich slaw. Stämme bildeten. Die letztern treten aber erst später in der Geschichte hervor und gehörten, soweit sie für N. in Betracht kommen, dem östl. Zweige der slaw. Völkerfamilie an. (S. Slawen.) Sie nahmen den westl. Teil des heutigen R. ein, vom Ladogasee im R. bis in das Gebiet der Steppe im S., ohne irgendwie das Meer zu berühren. Im N. und NO. stießen sie an finn. Völker, im SO. und S. an die türk. Stämme der Wolgabulgaren, Chasaren, Petschenegen und Polowzer, im NW. an den bereits in vorhistor. Zeit aus der slawo-lettischen Volksgemeinschaft ausgeschiedenen litauischen Stamm. Die russ. Slawen zerfielen in eine Menge kleiner Völkerschaften, die nur durch das Band der Sprache geeinigt waren. Auch innerhalb der einzelnen Völkerschaften gab es keine dauernde staatliche Gewalt; nur im Kriegsfalle verbanden sich die Bezirke (Wolost) unter einem gemeinschaftlichen Anführer. Den einzigen festen Organismus bildete die Dorfgemeinde (Mir), die erweiterte Familie, die Eigentümerin von Grund und Boden, deren Glieder in der Gemeindeversammlung (Wjetsche) gleichberechtigt über alle Gemeindeangelegenheiten entschieden. Schon früh entstanden bei den Ostslawen Städte, und schon vor dem 9. Jahrh. wurde ein lebhafter Handel nach Skandinavien und nach Griechenland betrieben. Die Handelsstraße ging nordwärts von dem Quellgebiet der Düna über den Ilmensee an den Finnischen Meerbusen der Ostsee und südwärts den Dnjepr hinab bis an das Schwarze Meer.

Warägische Periode. Auf dieser alten Handelsstraße waren schon früh die Normannen oder, wie sie hier hießen, Waräger zu Handel und Raub in das Gebiet der Ostslawen gekommen. Im 9. Jahrh. setzten sie sich in den Gegenden an der Newa und am Ladogasee fest und unterwarfen die Slawen von Nowgorod sowie verschiedene finn. Völkerschaften einem Tribut. Sie wurden zwar von den vereinigten Slawen und Finnen wieder vertrieben; bald jedoch brach innerer Hader unter diesen Stämmen aus, und dieselben beschlossen, sich von jenseit des Meers Fürsten zu holen. Drei Brüder, Rurik, Sineus und Truwor, kamen auf den Ruf mit ihren Gefolgschaften herüber, ließen sich in den Orten Ladoga, Bjeloosero und Isborsk nieder und legten damit den Grund zu dem Russischen Reiche, wahrscheinlich schon vor dem als Gründungsjahr angenommenen J. 862. Der Name "Russen", den Schweden (Normannen) von den Finnen beigelegt (s. auch Rus), ging von der herrschenden Klasse bald aus das beherrschte Volk über. Die warägischen Fürsten und ihre Gefolgschaft, die Drushina (s. d.), verschmolzen im Laufe von zwei Jahrhunderten mit den ihnen an Zahl überlegenen Slawen.

Rurik erbte nach dem Tode seiner Brüder deren Fürstentümer, wurde dadurch alleiniger Herr der nordslaw. Stämme und verlegte nun seine Residenz nach Nowgorod. Inzwischen hatte ein anderer Waräger, Askold, der in Begleitung seines Kampfgenossen Dir an den Dnjepr gezogen war, in Kiew den zweiten slaw.-russ., vom Nowgorodschen Reiche unabhängigen Staat gestiftet. Ruriks Nachfolger, Oleg oder Olaf (879-912), der als Vormund seines Neffen Igor regierte, vereinigte indes schon 882 diesen zweiten russ. Staat mit dem ersten und erhob Kiew zur Residenz des vereinigten Reichs. Gegen Konstantinopel unternahm er 907 einen glücklichen Zug, erzwang einen vorteilhaften Handelsvertrag, gründete mehrere Städte und ordnete das Reich. Igor (912-945) machte 941 einen vergeblichen Angriff auf Konstantinopel und rüstete sich 944 zu einem Feldzug, zu dessen Abwendung der Kaiser Romanos I. den frühern Handelsvertrag erneuerte und erweiterte. Unter Igor drang das Christentum zuerst in R. ein. Als er im Kampfe mit slaw. Stämmen fiel, führte seine Witwe Olga 945-957 die Regentschaft für ihren unmündigen Sohn Swjatoslaw, ließ sich 955 in Konstantinopel taufen, vermochte aber ihren Sohn nicht für das Christentum zu gewinnen. Swjatoslaw (957-972) zeigte sich als kühner Eroberer, brach die Macht der Chasaren, riß die slaw. Wjatitschen von ihnen los und vereinigte dadurch alle slaw. Stämme. Er besiegte auf die Aufforderung des byzant. Kaisers Nikephoros II. die Bulgaren, drang aber weiter vor und kam bis Adrianopel. Bei Silistria wurde er vom Kaiser Johannes I. Tzimiskes geschlagen und fiel auf dem Rückzug 972 im Kampfe gegen die Petschenegen. Er hatte das Reich unter seine drei Söhne geteilt. Der jüngste derselben, Wladimir I., vereinigte 980 wieder das Ganze und regierte bis 1015. Er vermählte sich 988 zu Cherson (bei dem heutigen Sewastopol) mit Anna, Tochter des griech. Kaisers Romanos II., ließ sich am gleichen Tage taufen, machte das Christentum zur herrschenden Religion in R. und bahnte hierdurch die Verschmelzung der ostslaw. Stämme zu dem russ. Volke an. Nach seinem Tode wurde das Reich unter seine acht Söhne geteilt; Swjatopolk (1015-19) nahm als Großfürst von Kiew eine hervorragende Stellung