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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Sachet; Sachgesamtheit; Sachkonten; Sachs

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Sachet - Sachs (Hans)

Jurisprudenz zu Prag und Graz, habilitierte sich 1857 in Graz und veröffentlichte einige histor. Arbeiten, verließ jedoch bald die akademische Laufbahn, um sich der belletristischen Schriftstellerei zu widmen. Seit 1873 wohnte S. zu Bruck a. d. Mur bei Graz, siedelte später nach Graz und 1880 nach Budapest über, wo er die Wochenschrift «Belletristische Blätter» veröffentlichte; seit 1881 lebte er in Leipzig, wo er 1882‒85 die internationale Revue «Auf der Höhe» herausgab, dann in Paris, leitete hierauf das Feuilleton der in Mannheim erscheinenden «Neuen Badischen Landeszeitung» und wohnte seit 1890 in Lindheim, wo er 9. März 1895 starb. S.s Romane und Novellen zeigen, bei den Vorzügen einer lebhaften Darstellung, namentlich in der spätern Zeit eine ausgesprochene Hinneigung zum Pikanten und Sinnlichen. Auf die Angriffe, die er deswegen erfuhr, antwortete er in der heftig polemischen Schrift «Über den Wert der Kritik» (Lpz. 1873). Von seinen zahlreichen Romanen, Novellen und Schilderungen seien genannt: «Eine galiz. Geschichte» (Schaffh. 1858), «Das Vermächtnis Kains» (4 Bde., Stuttg. 1870; Bern 1877), «Falscher Hermelin» (4. Aufl., Berl. 1891), «Liebesgeschichten aus verschiedenen Jahrhunderten» (Lpz. 1874), «Kaunitz» (2 Bde., Prag 1861), «Die Ideale unserer Zeit» (3. Aufl., 4 Bde., Bern 1875), «Der neue Hiob» (Stuttg. 1878), eins seiner besten Werke, ferner «Die Einsamen» (Mannh. 1890), «Die Schlange im Paradies» (3 Bde., ebd. 1890), «Im Reich der Töne. Musikalische Novellen» (ebd. 1890), «Naturalistische Kabinettsstücke» (4. Aufl., 2 Bde., ebd. 1893), «Bühnenzauber» (ebd. 1892), «Die Satten und die Hungrigen» (2 Bde., Jena 1894).

Sachet (frz., spr. ßascheh), Kräutersäckchen, besonders ein mit Riechstoffen gefülltes kleines Kissen (Riechkissen) zum Parfümieren der Wäschestücke u. dgl.

Sachgesamtheit, s. Gesamtsache.

Sachkonten, s. Hauptbuch (Bd. 8, S. 876 a).

Sachs, Sahs, Waffe, s. Sax.

Sachs, Hans, deutscher Dichter, geb. 5. Nov. 1494 als der Sohn eines Schneiders in Nürnberg, besuchte die Lateinschule seiner Vaterstadt, vollendete seine Lehrjahre als Schuhmacher und erlernte bei dem Leinweber Leonhard Nunnenbeck die Anfangsgründe des Meistergesangs (s. d.). 1511 begann er seine Wanderschaft und arbeitete in Regensburg, Passau, Salzburg, München, Würzburg, Frankfurt a. M., Köln, Aachen u. s. w.; weitere Reisen sind zweifelhaft. Er kehrte 1516 in die Heimat zurück, wurde Meister in seiner Zunft, verheiratete sich 1519 sehr glücklich und lebte seitdem in wachsender Achtung bei Mitbürgern und Fremden und in behaglichem Wohlstand der Ausübung seines Handwerks und der Dichtkunst. In spätern Jahren scheint er das Schustern ganz aufgegeben und neben der Dichtung lediglich das Sammeln und Abschreiben von Liedern und Sprüchen (auch auf Bestellung) betrieben zu haben. Nach dem Tode seiner ersten Frau (März 1560) heiratete er noch einmal 1561. Er starb 19. Jan. 1576.

Hans S. war einer der fruchtbarsten, vielseitigsten Dichter, die es je gegeben hat. Außer den J. 1518‒23, in denen ihn die Reformation beschäftigte, und 1560‒61, da ihn der Tod seiner Frau lähmte, hat er unausgesetzt poetisch geschaffen. Was er erlebte und was er las, ward ihm zum Reim. Als er 1567 die Summa aller seiner Gedichte zog, fand er 4275 Meisterlieder in 275 verschiedenen Tönen, darunter 13 eigenen; 208 Tragödien, Komödien, Spiele und Fastnachtspiele; etwa 1700 Gedichte in Reimpaaren, Schwänke, Legenden, Erzählungen, weltliche und geistliche Gespräche, Fabeln, Parabeln, Figuren (Allegorien) u. s. w.; 73 Kirchen-, Gesellschafts-, histor. und Buhllieder, 7 Prosadialoge; im ganzen 6048 Stück. Wie die poet. Gattungen, sind auch seine Stoffe überaus mannigfach. Er hat nahezu die ganze Bibel stückweise, zum Teil mehrmals, gereimt, hat deutsche Volksbücher und Ritterromane, lat. und griech. Autoren, soweit sie ihm in Übersetzungen zugänglich waren (namentlich Ovid, Livius, Plutarch und die Kirchengeschichte des Eusebius), Reisebeschreibungen und Chroniken (so die nordische Chronik von Alb. Krantz), humanistische Dichtungen und sogar wissenschaftliche Werke, vor allem aber den Boccaccio als Quellen benutzt. Es war nicht sein geringstes Verdienst, daß er der deutschen Dichtung so gewaltige bildungfördernde Stoffmassen zuführte. Das Gelesene oder Gehörte erzählt er unbefangen wieder, ohne bewußte künstlerische Gestaltung, aber mit einer naiven Anmut und einer lebendigen Auffassung, die noch heute bezaubert. Von dem Schmutz, der der Zeit anhaftet, ist er frei wie wenige. Sein moralischer Standpunkt, der bei ihm eine große Rolle spielt, ist gut bürgerlich beschränkt, doch immer milde und kerngesund. Pathos und Leidenschaft fehlen ihm, nie aber herzlich innige Empfindung.

S. begann als Meistersänger und hat, indem er sich von den scholastischen Stoffen des ältern Meistersangs befreite, auch die Singschule seiner Vaterstadt zur höchsten Blüte gebracht; doch fühlte er selbst, daß die künstlichen Regeln sich überlebt hätten, und hat nach 1556 nur noch wenige Meisterlieder gedichtet, sie auch nicht in die Ausgabe seiner Werke aufgenommen. Der Reformation trat er warm, aber ohne Leidenschaftlichkeit bei. Seine ausgezeichneten vier Dialoge (neu hg. von Reinh. Köhler, Weim. 1858), vielleicht die beste Prosa des Jahrhunderts, stellen seinem versöhnlichen Geiste sowohl wie dem Ernste seiner theol. Studien das beste Zeugnis aus, und sein Spruch von der «Wittenbergischen Nachtigall» (1523), der mit seinem Holzschnitte durch ganz Deutschland verbreitet wurde, that der Reformation gute Dienste. 1530‒48 hat S. neben biblischen Stoffen besonders gern Allegorien aller Art behandelt, wohl durch die Humanisten angeregt; hier zumal hat er seine friedlichen kirchlichen und socialen Ansichten niedergelegt. Es folgt 1548‒56 eine Zeit vorwiegend dramat. Dichtung. Seine meist novellistischen Komödien und die biblischen oder histor. Tragödien sind in Akte geteilt, haben Prolog und moralische Schlußdeutung; dazu kommen lehrhafte Spiele und Fastnachtspiele. Die Tragödien glücken S. am wenigsten; von dramat. Aufbau hat er kaum eine Ahnung, und tragische Konflikte, heroische Gestalten faßt er so wenig, daß er z. B. in der Tragödie vom «Hürnen Seufrid» (in den «Neudrucken Deutscher Litteraturwerke», Nr. 29, Halle 1880) den Helden als abschreckendes Beispiel eines ungeratenen Sohnes behandelt. Dagegen sind seine ausgelassenen Fastnachtspiele (7 Bdchn., hg. von Goetze, ebd. 1880‒87) und seine Fabeln und Schwänke (hg. von Goetze, ebd. 1893‒94), die Scenen aus dem Bürger- und Bauernleben mit ausgezeichneter Charakteristik der Personen, glücklichen Details, derbem Witz und belebtem Dialog schildern, die Krone der gesamten Dichtung des