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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Sachsen, Königreich (Geschichte)

und Brena gründeten, nach deren Erlöschen ihre Besitzungen größtenteils an das Hauptland zurückfielen. Otto benutzte den reichen Ertrag der Freiberger Silbergruben zum Ankauf von Grundbesitz und zur Befestigung von mehrern Städten, wie Freiberg, Leipzig u. a., in denen durch das Steigen des Wohlstandes, durch Erteilung von Markt-, Zoll- und Münzgerechtigkeit sowie durch die das Land durchschneidenden großen Handelsstraßen nach Böhmen, Polen und der Ostsee ein regerer Verkehr erwachte. Die Umkehrung des Erbfolgerechts zwischen seinen beiden Söhnen Albrecht und Dietrich brachte ihn in Fehde mit ersterm und in Gefangenschaft, aus der ihn erst das Gebot des Kaisers befreite. Heinrichs VI. Absicht, nach Albrechts des Stolzen kinderlosem Tode 1195 das silberreiche Land als erledigtes Reichslehn einzuziehen, vereitelte der frühe Tod des Kaisers 1197, und Dietrich der Bedrängte setzte sich nach seiner Rückkehr aus Palästina in den Besitz desselben (1195-1221). Er war treuer Anhänger des Staufischen Hauses und trug durch die Unterwerfung Leipzigs 1217 wesentlich dazu bei, daß die meißnischen Städte niemals zu dem Grade der Selbständigkeit gelangten, wie die Gemeinden in Niederdeutschland und im Südwesten. Sein Sohn Heinrich der Erlauchte (1221-88) erwarb 1243 als Pfand für die Mitgift Margaretas, der Tochter Kaiser Friedrichs II., bei deren Verlobung mit seinem Sohne Albrecht das Pleißnerland (s. d.) und erhob bei dem Erlöschen des thüring. Mannsstammes 1247 Ansprüche auf dieses Land. Nach langem Kampfe erhielt er 1264 durch Vertrag das eigentliche Thüringen mit der Wartburg und die Pfalz S. Als kleine Entschädigung für seine österr. Ansprüche erwarb er 1251 Sayda und Purschenstein. Doch überließ er schon 1265 Thüringen, die Pfalz S. und das Pleißnerland seinem ältesten Sohne Albrecht, dem zweiten, Dietrich, das Osterland und Landsberg; einem Sohne dritter Ehe, Friedrich dem Kleinen, setzte er später Dresden und etliche andere Städte aus. Die Lausitz und Meißen erbte nach Heinrichs Tode Friedrich Tutta, der Sohn Dietrichs von Landsberg (1291). Unter Heinrich machte die Besiedelung und Germanisierung des Erzgebirges rasche Fortschritte, die Städte, wie Leipzig, Pirna, Freiberg, blühten auf.

Albrecht führte den Beinamen des Entarteten von seinem Verhalten gegen seine Gemahlin Margareta, die 1270 vor ihm von der Wartburg entfloh, sowie gegen deren Söhne Friedrich und Diezmann, die er zu Gunsten seines Sohnes zweiter Ehe, Apitz, ihres Erbes zu berauben trachtete. Die Könige Adolf (von Nassau) und Albrecht I. suchten diese Wirren zu benutzen, um ihre Hausmacht auf Kosten der Wettiner zu vergrößern; erst durch das glückliche Gefecht bei Lucka 31. Mai 1307 retteten die Brüder Friedrich der Freidige und Diezmann ihr Erbe, und nachdem letzterer bald darauf gestorben war, belehnte König Heinrich VII. (von Luxemburg) Friedrich förmlich mit Meißen und Thüringen, 18. Dez. 1310. Die Niederlausitz mußte Diezmann 1303 dem Markgrafen von Brandenburg abtreten (s. Albrecht der Entartete und Friedrich der Gebissene), dagegen behaupteten die Wettiner das Pleißnerland als Pfand und verwandelten es allmählich in erblichen Besitz. Friedrichs Sohn Friedrich der Ernsthafte (1324-49) zwang durch die Grafenfehde die thüring. Grafen zur Anerkennung seiner landesherrlichen Gewalt, erweiterte auch seine Besitzungen durch die Erwerbung der Grafschaft Orlamünde, den Rückkauf von Landsberg und die Schirmvogtei über Mühlhausen und Nordhausen. Seine Söhne Friedrich der Strenge, Balthasar und Wilhelm I. regierten gemeinschaftlich, bis es nach des ältesten Tode 1381 zu einer Teilung kam. Die Söhne Friedrichs, von denen nur Friedrich der Streitbare volljährig war, erhielten das Osterland, Balthasar Thüringen und Wilhelm I. Meißen; Freiberg und die Bergwerke blieben gemeinschaftlich. Durch die Erwerbung der Pflege Coburg, die Friedrich der Strenge mit Katharina von Henneberg 1353, und des Amtes Hildburghausen, das Balthasar erheiratete, faßte das Haus Wettin auch in Franken Fuß; gleichzeitig wurden bedeutende Erwerbungen im Vogtlande gemacht und die Vögte von Weida, Gera und Schleiz unterworfen. Auch Leisnig wurde durch Kauf erworben, und durch die Erbverbrüderung mit Hessen vom 8. Juli 1375 noch weitere Aussichten auf Vergrößerungen gewonnen. Besonders kräftig trat dann die osterländische Linie durch Friedrich den Streitbaren hervor. Er regierte mit seinem Bruder Wilhelm II. gemeinschaftlich, als ihnen durch den Tod ihres Oheims Wilhelm I., der dem Hause die Burggrafschaft Dohna, Pirna und Colditz erworben hatte, 1407 die Hälfte der Mark Meißen zufiel. Aber kaum hatten sie durch die Stiftung der Universität zu Leipzig 1409 den aus Prag ausgewanderten deutschen Lehrern und Studenten eine Freistatt gewährt, als auch sie zu einer Teilung schritten. 1423 erwarb Friedrich der Streitbare das Kurfürstentum Sachsen-Wittenberg. In den nächsten Jahren litten die Lande aufs schwerste unter den Zügen der Hussiten, namentlich 1429 und 1431.

Friedrichs I. Nachfolger Kurfürst Friedrich II. der Sanftmütige (1428-64) erwarb nach dem Aussterben der Burggrafen von Meißen 1426 den größten Teil ihrer Besitzungen mit Frauenstein, 1429 auch die Burggrafschaft Altenburg. Nach dem Ausgange der thüring. Linie mit Friedrich dem Friedfertigen 1440 teilte Friedrich die Lande mit seinem Bruder Wilhelm III. dem Tapfern, wobei dieser Thüringen erhielt. Der verheerende Bruderkrieg, der darüber 1445 ausbrach, wurde 1451 durch den Vertrag von Pforta bei Naumburg geendigt, hatte aber 1455 den Prinzenraub (s. d.) zur Folge. Im Vertrage von Eger 25. April 1459 wurde Friedrichs Sohn Albrecht mit Georg Podiebrads Tochter Zedena (Sidonie) verlobt, aber auch die böhm. Oberlehnshoheit über das meißnische Vogtland sowie über eine ganze Reihe meißnischer Orte und Herrschaften anerkannt, die für die meisten bis 1806 fortbestand. In diese Zeiten fällt die Entstehung der von den Landesherren zur Bewilligung von Steuern berufenen Landtage. Die ersten Versammlungen dieser Art hatten schon 1350 in Leipzig, 1376 und 1385 in Meißen getagt; doch erst auf dem Landtage zu Leipzig 1438 waren alle Stände sämtlicher wettinischer Länder vertreten. Auch Friedrichs Söhne, Kurfürst Ernst (1464-86) und Herzog Albrecht der Beherzte, teilten nach dem Tode ihres Oheims Wilhelm III., der 1482 ohne männliche Erben starb, 1485 zu Leipzig die gesamten Familienländer.

Diese Teilung, seit welcher die wettinischen Länder nie wieder vollständig vereinigt worden sind, begründete die Spaltung des Hauses Wettin in die Ernestinische Linie (s. d.) und Albertinische Linie (s. d.). In der Ernestinischen Linie folgte auf