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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Sachsen, Königreich (Geschichte)

Treffurt und den sächs. Anteil der Grafschaft Mansfeld an das Königreich Westfalen abtrat. In den sodann folgenden Napoleonischen Kriegen blieb Friedrich August dem Franzosenkaiser treu. So wurde 1809 ein sächs. Truppenkontingent von 19000 Mann und 5300 Pferden aufgestellt, von denen 12750 Mann als Bestandteil des 9. franz. Armeekorps unter Marschall Bernadotte ruhmreichen Anteil nahmen an der Schlacht bei Wagram (5. und 6. Juli), in der die Sachsen ein Drittel ihrer Mannschaften verloren. Im Frieden zu Schönbrunn 14. Okt. 1809 trat dann Österreich Westgalizien, einen Bezirk um Krakau und den Zamosker Kreis in Ostgalizien (zusammen 50000 qkm mit 1½ Mill. E.) an das Herzogtum Warschau ab, an S. einige böhm. Enklaven in der Lausitz, deren Besitzstand aber erst 1845 endgültig geregelt ward. Die Einkünfte der aufgelösten Deutschen Ordensballei Thüringen wurden den Universitäten und den Fürstenschulen (s. d.) überlassen. In dem russ. Feldzug 1812 kämpften 21000 Sachsen als 7. Armeekorps unter Reynier mit den Österreichern gegen die Russen in Polen; dem Napoleonischen Hauptheer folgten drei Reiterregimenter (Kürassierbrigade unter General von Thielmann), die sich besonders in der Schlacht an der Moskwa auszeichneten. Diese Truppen sowie die später nachgesandten zwei sächs. Infanterieregimenter (zum 9. Korps) gingen auf dem Rückzuge, besonders an der Beresina (28. Nov.), bis auf wenige Reste zu Grunde. Bei dem Vordringen der Verbündeten flüchtete der König (25. Febr. 1813) von Dresden nach Plauen, das Land ratlos dem Zufalle überlassend; im März verfügte er die Trennung seiner Truppen von den französischen, er selbst begab sich aber nach Regensburg (30. März). Russen und Preußen besetzten das Land, doch alle Versuche zum Anschlusse an die Alliierten schlugen fehl. Mitte April begab sich Friedrich August nach Prag und schloß 20. April mit Österreich eine geheime Übereinkunft, worin er sich dessen Vermittelung anschloß. Als jedoch Napoleon nach der Schlacht bei Lützen drohend eine bestimmte Erklärung verlangte, kehrte der König 12. Mai nach Dresden zurück, befahl Torgau den Franzosen zu öffnen und ließ seine Truppen (20000 Mann Infanterie und 4000 Kavallerie) zu Napoleon stoßen. Während der Schlacht bei Dresden (s. d.), 26. und 27. Aug., blieb der König in der Stadt; am 6. Sept. wurden die Sachsen bei Dennewitz nahezu aufgerieben. Als dann Napoleon Dresden 7. Okt. verließ, folgte der König diesem nach Leipzig und ward hier, nachdem am zweiten Tage der Völkerschlacht bei Leipzig (s. d.), 18. Okt., der größte Teil seiner Truppen zu den Alliierten übergegangen war, von diesen zum Gefangenen gemacht. Dresden kapitulierte 11. Nov., Torgau und Wittenberg im Jan. 1814. Das Land wurde von einem russ. Gouvernement unter Repnin, seit 3. Nov. 1814 von einem preußischen verwaltet. Ein sächs. Korps zog mit gegen Frankreich, nahm aber nur an der Einschließung von Mainz teil; auch ein sächs. Freiwilligenkorps (Banner) wurde errichtet. Auf dem Wiener Kongreß ward, nachdem die von Preußen und Rußland geforderte gänzliche Überlassung S.s an Preußen (gegen eine Entschädigung der Dynastie anderwärts) an dem Widerstand der andern Großmächte gescheitert war, an Preußen nur drei Fünfteile von S. gegeben. Der König mußte sich mit den ihm verbleibenden zwei Fünfteilen (271,7 Quadratmeilen = 14993 qkm mit 1182744 E.) begnügen. Am 18. Mai 1815 unterzeichnete er den Frieden mit Preußen, trat 27. Mai dem Bunde gegen Napoleon bei und nahm teil an dem Abschluß der Deutschen Bundesakte. S. verlor außer dem Cottbuser Kreis die Niederlausitz und den östl. Teil der Oberlausitz mit Görlitz und Lauban, den Kurkreis mit Barby, Teile des Meißener und des Leipziger Kreises, die Stifter Merseburg und Naumburg-Zeitz, Mansfeld, den Thüringer und Neustädter Kreis, Querfurt und das Hennebergische, im ganzen 20230 qkm mit 864305 E. Preußen übernahm einen Teil der sächs. Staatsschuld.

Nach dem Frieden wurde für die Hebung der tief erschütterten Finanzen mit solchem Erfolge gesorgt, daß die Staatspapiere schon 1818 über dem Nennwert standen. Als oberste beratende und beaufsichtigende Behörde entstand (1817) der Geheime Rat an Stelle des Geheimen Konsiliums; 1818 wurden die Reformierten den Lutheranern und Katholiken gleichgestellt und ein kath. Vikariat und Konsistorium errichtet. Die erwarteten Reformen der veralteten Verfassung jedoch blieben aus, da der Kabinettsminister Graf Detlev von Einsiedet sich jeder tiefergreifenden Veränderung widersetzte. Alles, was erlangt wurde, war die Vereinigung der Oberlausitzer Stände und der Reste der Stiftslandtage von Merseburg und Naumburg mit den erbländischen (1817), eine Erweiterung der ständischen Vertretung der Ritterschaft (1821) und die Verschmelzung der meißnischen Stiftsregierung mit der erbländischen. König Friedrich August I. starb 5. Mai 1827. Sein Bruder Anton (s. d.) ließ dem Kabinettsminister von Einsiedel seinen vollen Einfluß. Der Oppositionsgeist entwickelte sich daher, genährt durch das Beispiel der süddeutschen Verfassungen, in der Tagespresse wie in den Ständen und äußerte sich besonders bei der Jubelfeier der Augsburger Konfession 25. Juni 1830 in Dresden und Leipzig. Infolge der Pariser Julirevolution 1830 kam es in Leipzig und Dresden während des September zu Unruhen, die sich zunächst gegen die verrottete Stadtverwaltung richteten, bald aber größere Bedeutung gewannen. Um die Aufregung zu beschwichtigen, entließ König Anton den Minister Einsiedel, berief 13. Sept. den populären Prinzen Friedrich August zum Mitregenten, ordnete die Einsetzung einer Immediatkommission zur Beratung von Reformen an und gestattete die Errichtung einer Bürgerwehr (Kommunalgarde).

Am 4. Sept. 1831 wurde die mit den alten Ständen vereinbarte neue Verfassung, die eine Volksvertretung in zwei Kammern mit starkem Übergewicht des Grundbesitzes einführte, als Landesgesetz verkündigt. Mit dem 7. Nov. traten dann an die Stelle des Geheimen Rats und des Geheimen Kabinetts sechs verantwortliche Fachministerien, deren wichtigstes Bernhard von Lindenau als Minister des Innern übernahm. Erst damit war die Staatseinheit begründet. Eine allgemeine Städteordnung nach preuß. Vorbild und ein Gesetz über Ablösungen und Gemeinheitsteilungen, das letztere unterstützt durch eine Landrentenbank und ergänzt durch die Aufhebung des Dienstzwangs der Bauernsöhne (1833), folgten der Verfassung nach. 1833 traten zum erstenmal die neuen Kammern des Königreichs zusammen. Unter ihrer Mitwirkung erfuhren die Verwaltung, die staatswirtschaftlichen und socialen Verhältnisse eine völlige Umgestaltung. Die Geschäfte der "Landesregierung", der oberlausitzischen Oberamtsregierung und der Kreishaupt-^[folgende Seite]