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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Salpeterer - Salpetersäure
dem Deutschen Arzneibuch wie solgt dargestellt:
3 Teile Salpetersäure werden mit 5 Teilen Weingeist
vorsichtig überschichtct und zwei Tage, ohne nmzu-
sckütteln, beiseite gestellt. Die Mischung wird dann
destilliert und in einer Vorlage aufgefangen, die
5 Teile Weingeist enthält. Die Destillation wird
unterbrochen, wenn gelbe Dämpfe in der Netorte
auftreten sollten. Das Destillat wird mit gebrannter
Magnesia neutralisiert und nach 24 Stunden aus
dem Wasserbade rektifiziert. S. wird als Gesckmackv-
korrigens sowie als Zusatz zu diuretischen Mitteln
benutzt. Als S. wird auch der Salpetersäureütbyl'
cster, Athylnitrat, (^I^O^O?, bezeichuet, eine in
Wasser unlösliche Flüssigkeit, die bei 86" siedet (spec.
Gewickt 1,n). Man erhält sie durch Destillation
von Alkohol mit reiner, von salpetriger Saure be-
sreiter Salpetersäure unter Znsatz von Harnstoff.
Salpeterer, polit. Genossenschaft im Hotzew
Wald (1710-54) und religiöse Sekte (1831-33).
Die unter ziemlich ausgedehnter Selbstverwaltung
lebenden Bauern der österr. Grafschaft Hauenstein,
zum Teil St. Blasien zinspflichtige Gotteshausleute,
erhoben sich, nachdem St. Blasien 1719 seine in der
vorangegangenen Kriegszeit vergessenen Rechte wie-
der in vollem Umfang hatte znr Geltung bringen
wollen, unter der Führung des Salperersieders
Albiez. Nach dem plötzlichen Tode dcs verhafteten
Albiez (1727) verweigerten die Waldleute dem neuen
Abt von St. Blasien die Huldigung als Cigenleute,
wurden aber durch österr. Militär zu deren Leistung
gezwungen. Auch die spätern Erhebungen (1738,
1745 und 1754) wurden bald unterdrückt. Neue
Schwierigkeiten erwuchsen der bad. Negierung aus
der Anhänglichkeit der Waldlcute an die österr. Rc-
gieruug, namentlich aber aus deren Widerwillen
gegen die deutschkath. Bestrebungen Wessenbcrgs
(s. d.) schon 1816, noch mehr aber im Anfang der
dreißigervJahre. Genährt wurde die Widersetzlich-
keit der (^. oder Ägidler (nach ibrem Fübrer Llgi-
dius Riedmatter von Kuchelbach seit 1815) durch
Anfeuerung von Einsiedeln, Maria-Stein und Lu-
zern her, namentlich aber durch die unsichere Haltung
der bad. Negierung. Ende der dreißiger Jahre verlief
jedoch auch diese Bewegung im Sande. - Vgl.
Maier, Polit. Geschichte der 'S. (Freib. i. Br. 1837) -,
H. Hansjakob, Die S., eine polit.-religiöse Sekte auf
dem südöstl. Schwarzwald (Waldshut 1867). Die
Bewegung des 18. Acchrh. ^h ^ U. Stocker den
Hintergrund zu seinem Noman "Die S." ^Walds-
Salpeterfraß, s. Mauerfraß. lhut 1892).
Salpetergas, soviel wie Stickoryd (s. d.).
Salpetergeift, versüßter, s. Salpetcräther.
Salpeterluft, alte Bezeichnung für Stickstoff.
Salpetcrpapier, Asthmapapier, lHart^
nitr^ta, wird erhalten durch Tränken von Filtrier-
papier mit einer Lösung von Kalisalpeter und dar-
auffolgendes Trocknen. Die beim Anzünden des
S. sich entwickelnden Gase dienen, eingeatmet, als
Mittel gegen asthmatische Beschwerden.
Salpeterplantagen, s. Salpeter. ^(s. d.).
Salpetersalzsäure, soviel wie Königswasser
Salpetersäure (lat. ^eiäum nitricum), II^O.
oder^O^OII, eine der wichtigsten Mineralsäuren.
Sie kommt in der Natur nie frei, sondern nur in
Gestalt salpetersaurer Salze vor, so als salpeter-
saures Ammoninm spurenwcise im Negcnwasser,
besonders nach Gewittern, ferner als salpctcrsaurcs
Natrium im Natron- oder (Chilesalpeter und alv
salpetersaurcs Kalium und Calcium in der Acker-
krume, in den Wänden der Ställe, im Boden in den
Puszten Ungarns und reichlich in den Niederungen
des Gauges und anderer Flüsse Indiens. Bei ihrer
Darstellung aus Natronsalpeter geht die S. als eine
farblose Flüssigkeit vom spec. Gewicht 1,55 über, die
bei etwa 86° unter teilweiser Zersetzung siedet. An
feuchter Lust verbreitet sie weiße Nebel. Auch beim
Aufbewahren, namentlich am Licht, zersetzt sie sich
allmählich unter Bildung von Sauerstoff und Stick-
stosfoioryd, welch letzteres der Säure eine gelbe bis
rote Farbe erteilt. Die S. wirkt im höchsten Grade
ätzend und ist stark sauer. Eine Säure vom spec.
Gewicht 1,32, in 100 Teilen 50 - 52 Proz. S. ent-
baltend, führte früber den Namen Scheide Wasser.
Eine Säure, die etwa 68 Proz. U^0g enthält (spec.
Gewicht 1,4i4), siedet konstant bei 122-123". Sie
ist die gewöhnliche S. des Handels.
Fabrikmäßig stellt man die S. durch Zersetzen von
Natronsalpeter mittels Schwefelsäure dar:
5^0, ^ ".304 ^ N3.N304 ^ IIN0,.
Der Salpeter wird in einem gußeisernen Kessel
mit Schwefelsäure Übergossen; dann wird das Ge-
menge in dein verschlossenen Gefäß durch eine ge-
eignete Feuerung erhitzt. Die S. destilliert durch
ein mit Lehm ausgefüttertes eisernes Nohr ab und
wird durch einen gläsernen Vorstoß in eine Reihe
von tbönernen Vorlagen geleitet, welche durch am
obern Teile angebrachte thönerne Röhren mit ein-
ander verbunden sind. In ihnen sammelt sich eine
zum Verkauf hiulänglich starke Säure; die letzten
Vorlagen enthalten etwas Wasser, um die letzten
Reste der Säure zu kondensieren, und liefern daher
eine schwächere Säure. An Stelle der eisernen Kessel
werden in neuerer Zeit auch horizontal liegende
eiserne, an den Grundflächen durch Sandsteinplattcn
verschlossene Cylinder verwendet, die möglichst gleich-
förmig von der Feuerung umspült werden. Die
Konzentration der Schwefelsäure richtet sich nach
der zu gewinnenden S. Zur Darstellung der ge-
wöbnlichen Handelssäure vom spec. Gewicht 1,4,
enthaltend etwa 65 Proz. II^Oz, verwmdet man
Schwefelsäure von 60° I).; um stärkere Säure vom
spec. Gewicht 1,5 bis 1,52 (92-9? Proz. UNO^) zu
erhalten, verwendet man Schwefelsäure von 66" V.
und getrockneten Salpeter. Das als Nebenprodukt
gebildete Natriumbisulfat wird zur Darstellung von
Schwefelsäure oder Salzsäure benutzt.
Die stärkere Säure ist gewöhnlich durch Stickstoff-
dioxyd (^l)-;) gelb gefärbt. Zur Durchführung der
Reaktion 2XaX0, > Il^Oz -^X^ -j- 211^0,
ist eine höhere Temperatur erforderlich, bei der ein
größerer Teil der gebildeten S. zersetzt wird.
Eine solche Säure führt den Namen rote rau-
chende S. (^ciäum nitricuin lainang), bat das
spec. Gewickt 1,52 bis 1,525 und zeichnet sich durch
besonders starkes Orydationsvcrmö'gen aus. Um
eine solche Säure zu entfärben, erwärmt man sie in
gläfcrnen Ballons im Wasserbad auf 80-90°, bis
alles Stickstofsdioxyd entwichen ist.
In neuerer Zeit sind verschiedene verbesserte Kon-
densationsapparate für die Fabrikation der S. kon-
struiert worden, welche die Darstellung einer kon-
zentriertern und reinern Säure unter vollständigerer
Vermeidung von Verlusten ermöglichen, so die Ap-
parate von Hirsch, die der Chemischen Fabrik Gries-
heim und die von Lunge-Rohrmann. Nach letzterm
Verfahren werden die Säuredämpfe mit Hilfe von
Preßluft in ein System von thönerncn oder gläser-
nen Röhren geleitet, in welchem die verflüssigte
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