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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Samodershez - Samos
anlaßten jedoch bald (9. Sept. 1888) die WM
cines neuen Gegenkönigs Mataafa als Malietoa II.,
welcher sich in den Besitz von Apia zu setzen wußte
und sich dort verschanzte. Die alten Unruhen be-
gannen aufs neue. Der deutsche Konsul Knappe
forderte, gestützt auf die Anwesenheit zweier Kriegs-
schiffe, Einstellung der Feindseligkeiten und Aus-
lieferung der Waffen; bei einer Landung deutscher
Truppen der Kreuzerkorvctte Olga wurden die-
selben jedoch 28. Dez. 1888 von Samoanern, unter
Führung eines Amerikaners Klein, in überzahl an-
gegriffen und das deutsche Konsulat in der Nacht
vom 8. zum 9. Jan. 1889 in Brand gesetzt. Auf
Grund einer mißzuverstehenden Depesche aus Berlin
erklärte Knappe unter Protest der andern Konsuln
19. Jan. 1889 den Kriegszustand. Dies Vorgeben
wurde jedoch von feiten des Fürsten Bismarck nicht
anerkannt und Knappe abberufen. Auch Nordame-
rika rief seinen Konsul und den Kommandanten
seines Kriegsschiffs ab. Deutschland lud die beiden
andern beteiligten Mächte zu einer Konferenz nach
Berlin ein, um sich über die weitere Behandlung
der Samoafrage schlüfsig zu werden. Noch bevor
diese Konferenz begann (29. April 1889), bewirkte
ein 16. März eintretendes furchtbares Naturereig-
nis einen allgemeinen Waffenstillstand. Ein Orkan
brachte bei den ungünstigen Hafenverhältnissen Apias
die drei deutschen Kriegsschiffe (Olga, Adler und
Eber) und drei nordamcrik. Kriegsschiffe zum Stran-
den und mit Ausnahme der Olga zum Scheitern', von
deutscher Seite ertranken 5 Offiziere und 90 Mann,
auf amerik. Seite waren die Verluste noch größer.
Die im Dez. 1889 veröffentlichten Beschlüsse der
Samoakonferenzvom14.Iuni1889erklärtendie
Infelgruppe für unabhängig und neutral, beschränkte
die Eingeborenen im Verkaufe ihrer Ländereien und
setzte die Ernennung eines Oberrichters und die
des Präsidenten des Kommunalrats von Apia durch
die drei Vertragsmächte oder durch den König von
Schweden fest. Im Aug. 1889 wurde der gefangene
Malietoa Laupepa wieder zurückgebracht, heißte
10. Dez. 1889 zu Apia wieder feine Flagge und
wurde 1890 von den drei Vcrtragsmächten an-
erkannt. Doch schon Juli 1893 begann der Kampf ^
zwischen ihm und seinem Nebenbuhler Mataafa von
neuem. Zwar gelang es Malietoa mit deutfcher
und engl. Hilfe seinen Gegner zu besiegen, worauf
diefer als Gefangener auf den Marfballinfeln
interniert wurde, aber schon im Sommer 1891 ent-
standen neue Unruhen, da eine Partei den jungen >
Tamascse, den Sohn des 1891 gestorbenen Gegen-
tönigs gleichen Namens, zum König erhob. Wieder
mußten ein deutsches und ein engl. Kriegsschiff ein-
greifen, deren Befehlshabern sich im September die
Aufständischen unterwarfen. Diese fortwährenden
Ruhestörungen erwiesen die Unhaltbarkeit der be-
stehenden Zustände und die Notwendigkeit eines
träftiqen einheitlichen Regiments, das naturgemäß
den Deutschen hätte zufallen müssen, da die von
ihnen vertretenen Handels- und Plantageninteresscn
die der beiden andern Mächte bei weitem überwiegen
(s. oben). Trotzdem wurde ein befriedigendes Ab-
kommen bis jetzt (Mai 1895) namentlich durch die
Handelseifersucht der austral. Kolonien Groß-
britanniens gehindert, die das Verlangen stellten,
die Verwaltung der S. solle der Kolonie Ncnscc-
^cm1) übertragen werden; dagegen erwies sich die
Negierung der Vereinigten Staaten den deutschen
Ansprüchen geneigter.
Vgl. Jung, Der Weltteil Australien (4 Bde., Lpz.
1883); B. von Werner, Ein deutsches Kriegsschiff
in der Südsee (3. Aufl., ebd. 1890).
Samodershez (spr. hamode'rsch-, russ., genauer
LamoäLrZec), Selbstherrscher, die Übersetzung des
grch. Autokrator, Titel der russ. Kaiser, zuerst seitens
der Geistlichkeit Iwan III. beigelegt, wird seit
Anfang des 17. Jahrh..beständig gebraucht.
Samogitien, poln. ^muä^, bei den Deutschen
Schmudien oder Schamaiten (vom litauischen
öemaitis, d. h. Niederländer) genannt, der an
der Ostsee liegende Teil Litauens (s. d.), ein sehr
fruchtbarer, von Seen bedeckter Landstrich. Die Ein-
wohner, erst im 16. Jahrh, völlig zum Christentum
bekehrt, haben die litauische Volkstümlichkeit am
reinsten bewahrt. Hauptstadt war Rossieny, Haupt-
hafen Polangen. S. wurde um 1380 vom Deut-
schen Ritterorden unterworfen, 1411 im ersten Thor-
ner Frieden an Polen abgetreten und blieb als li-
tauische Woiwodfchaft in dessen Besitz. Der auf
dem linken Ufer des Niemen belegene Landesteil
wurde bei der dritten Teilung Polens 1795 preu-
ßisch und gehörte bis zum Tilsiter Frieden 1807 zu
Neuostpreuhen.- Vgl. Krumbholtz, Samaiten und
der Deutsche Orden bis zum Frieden am Melnosee
(Königsb. 1890).
Samojeden, russ. Z^mo^ä^, Zamo^ä^, oder,
wie sie sich selbst nennen, Chasawa, Volk ural-
altaiscken Stammes im nordwestl. Asien und nord-
östl. Europa, zerfällt in die Iurakfamojeden
am Eismeer zwischen dem Mesen und dem Ienissei,
in die Tawgisamojeden zwischen dem Ienissei
und der Chatanga, und in die Ostjaksamo jeden
südlich von den obengenannten, in den Wäldern und
Sumpfgebieten der russ. Gouvernements Tobolsk
und Ienisseist. Ihre Gesamtzahl wird auf 15400
geschätzt, wovon 5400 auf das Gouvernement Ar-
ckangelsk kommen. Sie treiben Fischfang und Renn-
tierzucht und sind vom Christentum noch wenig be-
rührt. Die Ursitze der S. waren wahrscheinlich im
Süden, da sich am Sajanischen Gebirge sowie im
Ouellengebiet des Ienissei und des Ob noch einige
nunmehr türkisierte Stämme finden, wie die So-
joten, Kamassinen, Koibalin u. s. w. - Vgl. die
Werke Castre'ns (s. d.), der besonders auch eine
"Grammatik der samojedischen Sprache" (Petersb.
1854) und ein "Wörterverzeichnis" (ebd. 1855) ver-
öffentlichte, und Sommier, IIn estate in 8idiria lra
OLtiacciii^ÄinoMi etc. (Flor. 1886).
Samojedenhalbinsel, s. Ialmal.
Samokolv, Stadt in Bulgarien, s. Samakov.
Samory, s. Wassulu.
Samos (von den Türken Susam-Adassi oder
Beylik-Sissam genannt), Insel nahe der West-
küste Kleinasiens, durch einen 1 - 2 km breiten
Kanal von dem Vorgebirge Mykale getrennt, wird
von einem von Osten nach Westen streichenden pa-
läozoischen, im Kcrkiberge 1440 in erreichenden Ge-
birgszug durchzogen, an welchem sich, besonders an
der Südseite, fruchtbare Ebenen anschließen. Die
größte ift die im östlichern Teile der Südküste, in
welcher im Altertum die Stadt S. mit der Burg
Astypaläa und mit dem berühmten Tempel der Hera
lag. Die Reste sind gering; besonderes Interesse
bat die Wasserleitung des Eupalinos. S. hat auf
468 hkin (1894) 48666 griech.-orthodoxe E., außer-
dem bewohnen 13500 Samier die kleinastat. Küste.
Unter den 614 Ausländern sind 565 Griechen. S.
ist ein Fürstentum, der Psorte trvbu^ (^00000