Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Diese Seite ist noch nicht korrigiert worden und enthält Fehler.

273
Sanitätswesen
zu dem Sanitätspersonal der Friedcnsarmee das
ebenso gegliederte Personal des Vcurlaubtenstandes
und der Freiwilligen Krankenpflege (s. d.) hinzu.
Tie oberste Leitung des S. liegt in Preußen,
Bayern und Württemberg der Medizinalabteilung
des Kriegsministeriums ob, an deren Spitze als
Chef dieser Abteilung und Chef des Sanitätskorps
in Preußen und Bayern der Generalstabsarzt (s. d.)
der Armee, in Württemberg der Korpsgeneralarzt
steht. In Sachsen fällt die Oberleitung der den:
Korpsgeneralarzt unterstellten ^anitätsdircktion zu.
An der Spitze des Sanitätsdienstes eines Armee-
korps steht der Korpsgeneralarzt (s. Generalarzt),
einer Division der Divisionsarzt (s. d.). Tie aus-
führenden Organe gliedern sich in Regiments-
(Oberstabs-), Bataillons- und Abteilungs- (Stabs-)
und Hilfsarzte. Diese sind teils Assistenzärzte erster
und zweiter Klasse (mit Offiziersrang), teils Unter-
ärzte und Einjährig-freiwillige 'Arzte (mit Unter-
ofsiziersrang). Jeder Kommandantur ist ein Stabs-
oder Oberstabsarzt als Garnisonarzt beigegeben.
Für die persönlichen Verhältnisse der Mitglieder
des Sanitätskorps ist zur Zeit die Verordnung über
die Organisation des Sanitätskorps vom 6. Febr.
1873, für den Dienstbetrieb im Frieden die Friedens-
Eanitätsordnung vom 16. Mai 1831, sür die Be-
urteilung der militär. Dienstfäbigkeit und die Aus-
stellung von Zeugnissen die Dienstanweisung vom
1. Febr. 1894 maßgebend.
Die Krankenbehandlung geschieht teils (bei
Leichtkranken) bei der Truppe selbst in den Mann-
schaftszimmern oder in besondern Revierkranken-
stubcn, teils in den Garnisonlazaretten (s. d.), zu de-
nen im Bedarfsfälle Hilfslazarette hinzutreten. In
kleinen Garnisonen, die kein eigenes Lazarett haben,
werden die Militärkranken vertragsmäßig in Kran-
kenhäusern behandelt. Im Frieden versehen die
Truppenärzte zugleich den Lazarettdienst.
Die meisten größern Staaten haben ihr S. dem
deutscheu nachgebildet, jedoch mit mannigfachen Ab-
weichungen im einzelnen:
In Österreich -Ung arn wird der Lazarettdienst
nicht von den Truppenärzten, sondern von dazu be-
stimmten Mitgliedern des militärärztlicken Osfizier-
korps wahrgenommen. Wissenschaftliches Hilfs-
organ des Kriegsministeriums sür Sanitätsange-
legcnhciten ist das Militärsanitätskomitee, bestehend
aus dem Chef des militärärztlichen Offizierkorps als
Vorsitzendem mit ordentlichen und außerordentlichen
Mitgliedern. Das Sanitätshilfspersonal (Lazarett-
gehilfcn n. s. w.) ist in eine besondere ^anitätstruppe
mit 26 Sanitätsabteilungen zusammengefaßt.
In Frankreich ist im Frieden das Sanitäts-
unterpersonal der Truppen von demjenigen der La-
zarette gesondert. Die Sanitätsmannschaften der
sämtlichen Lazarette sind in 25 Sektionen eingeteilt,
die nicht zum Sanitätskorps, sondern zu den'Ii-mipeg
ä'adniiQiLti-ation gehören. Auch dort besteht cin
<^0init6 congnitgM äs 83>nt6.
In Italien gehört zu jedem Armeekorps eine
Sanitätscompagnie von 153 Mann für den Dienst
in den Militärlazaretten.
InRußlaud istmitderHanpt-Militärmedizinal-
verwaltung im Kriegsministerinm zur Beantwortung
wissenschaftlicher Fragen der Gelehrte Militärmedi-
zinalausschuß verbunden; außerdem besteht daselbst
ein besonderer Hospitalausschuß. In jedem Militär-
bezirk ist eine Vezirksmcdizinalverwaltung mit einem
Arzt als Chef vorhanden.
BrockhauZ' Konversations-Lexikon. 14. Aufl. XIV.
II. Das Sanitätswesen im Kriege. Im Kriegs-
sanitätsdienst wird das eigentliche Sanitätspersonal
der Armee durch die Freiwillige Krankenpflege (s. d.)
unterstützt. (Vgl. auch Genfer Konvention.)
Für die deutsche Armee ist der Kriegssanitäts-
dienst durch die Kriegssanitätsordnung vom
10. Jan. 1878 geregelt. Hiernach wird der gesamte
Sanitätsdienst auf dem Kriegsschauplatze
sd. h. bei der mobilen Armee) von dem Chef des
Feldsanitätswesens geleitet. Nach dessen Anwei-
sungen geschieht die Leitung bei jeder selbständigen
Armee durch einen Armeegeneralarzt; bei jedem
Armeekorps durch einen Korpsgcneralarzt, dem
in der Regel ein Konsultierender Chirurg (s. d.) bci-
gegeben wird; bei jeder Infanterie- oder Reserve-
division durch einen Divisionsarzt; bei jeder Etappen-
inspcktion durch einen Etappengeneralarzt mit so
vielen Feldlazarettdirektoren, als der Zahl der
Armeekorps entspricht, welche zu einer Armee ver-
einigt sind. Bei der Besatzungsarmee steht an
der Spitze des Sanitätsdienstes der Chef des Mi-
litärmedizinalwesens oder (falls dieser zum Chef des
Feldsanitätswesens ernannt ist) ein Generalarzt als
sein Vertreter; unter diesem bei jedem stellvertreten-
den Generalkommando ein stellvertretender General-
arzt mit Chirurgischen Konsulentcn (s. d.) und in
größern Städten ein Reservelazarettdirektor.
Die ausführenden Organe bei der mobilen Ar-
mee sind die Truppenärzte mit den Lazarettgehilfen
und Hilfskrankenträgern und die Feldsanitätsforma-
tioncn (s. d.). Mit Hilfe des Sanitätspersonals der
Truppen und des ^anitätsmaterials (Sanitäts-
wagen, Krankentragen, Vandagentornister oder
Medizin- und Vandagenkasten sowie Lazarettgehil-
fentaschen, Fig. 4, 8, 11 u. 12 der Tafel) können
Krankenstuben, Ortslazarctte und anf dem Gefechts-
felde Truppenverbandplätze eingerichtet werden. Bei
größcrn Gefechten treten Sanitä tsdetache-
ments (s. d.) in Thätigkeit und legen Hauptver-
bandplätze (s. d.) an. Zur weitern Pflege der Ver-
wnndeten, denen auf den Verbandplätzen die erste
Hilfe geleistet ist, sowie aller Kranken, die nicht bei
den Truppen verbleiben können, sind zunächst die
Feldlazarette (s. d.) bestimmt, deren Einrichtungen
demnächst von dem Kriegslazarettpersonal über-
nommen werden, während die Feldlazarette selbst
mit allem nickt unmittelbar im Gebrauch befind-
lichen Material sich wieder ihrem Armeekorps sür
weitere Bedarfsfälle anschließen. Die von dem
Kriegslazarettpersonal übernommenen Lazarettan-
stalten führen den Namen stehende Kriegslazarette
(s. d.) und stellen im Gegensatz zu den ^anitäts-
detacbements und Feldlazaretten, welche im Inter-
esse der Truppen bewegliche Sanitätsanstalten
bleiben müssen, vorzugsweise den ständigen Teil
der Krankenpflege im Felde dar. Von den Etappen-
ärzten werden nach Bedarf Etappenlazarette ein-
gerichtet, in denen Kranke von durchrückendeu
Truppenteilen und Krankentransporten sowie den
unter der Etappeninspcktion stehenden Truppen
in dringenden Fällen Aufnahme finden. Für an-
gemesfene Verteilung und Weiterbeförderung der
transportfähigen Verwundeten und Kranken forgen
die aus Ärzten, Verwaltungs- und Nnterpersonal
bestehenden Krankentransportkommissionen (s. d.)
mit Hilfe der Sanitätszüge (s. d.) und Krankenzüge.
An den Etappenorten dienen Krankensammelstelien
in Verbindung mit Erfrischungs-, Verband- und
Übernachtungsstellen dazu, auf dem Transport be-
13