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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Schaumzirpe - Schawli
durch Einpumpen von Kohlensäure oder durch Im-
prägnierung von flüssiger Kohlensäure dargestellten
schäumenden Weine unterscheiden sich in ihrem Ge-
schmack sehr von den eigentlichen S. Im allgemei-
nen gilt der deutsche Schaumwein dem französischen
gegenüber als minderwertig. Für viele Sorten mag
dies richtig sein. Das vorhandene Vorurteil ver-
langt aber auch für die besten deutschen Sorten einen
billigen Preis und zwingt die Fabrikanten, bis zu
einem gewissen Grade auf eine billigere Herstellung
Bedacht zu nehmen.
In den Handel gelangt der Champagner in Körben
verpackt. Die Produktion hat sich in der letzten Zeit
sehr gcboben. Frankreich verbrauchte z. B. 1892/93
im Lande selbst 4,5 Mill. Flaschen und exportierte
16,6 Mill. Flaschen. Für 1894 wird der Wert der
exportierten S. zu 53,7 Mill. Frs. angegeben.
Deutschland führte 1892: 19130 Doppelcentner ein
und exportierte im selben Jahre 18100 Doppel-
centner (1 Flasche Schaumwein wiegt mit Glas etwa
1,41<F). Für 1894 erreicht die deutsche Einfuhr den
Wert von über 4 Mill. M., die Ausfuhr nahezu
2 Mill. M. In dem Zeitraum von 1859 bis 1892
sind in Frankreich nach dem Auslande 493121430
Flaschen und nach dem Innern von Frankreich
99159280 Flaschen zur Versendung gelangt.
Vgl. Hamm, Das Weinbuch (3. Aufl. bearb. von
Vabo, Lpz. 1886); von Regner, Die Bereitung der
S. (Wien 1879); Maumene, 'Iraits tnooi-icius et
prari^ue äu travaii 663 vin8 (4. Aufl., Par. 1892);
Antonio da! Piaz, Die Champagnerfäbrikation
(Wien 1892); Greßler, Anleitung zur Anfertigung
moussierender Getränke mittels selbstentwickelter
oder flüfsiger Kohlensäure (3. Aufl., Halle 1891);
Zawodny, Weinbau und Kellerwirtschast in Frank-
reich (Innsbr. 1894).
Schaumzirpe (^nropboi-Ä Fpumaria ^., s. Ta-
fel: Insekten IV, Fig. 6), Schaumcikade,
eine auf Wiesen gemeine, 5 - 6mm lange Klein-
zirpe von veränderlicher, bald bräunlicher, bald
grünlicher Färbung. Die Larven erzeugen den sog.
Kuckucksspeichel (s. d.).
Schauri, Wort aus der Sprache der Suabeli,
im Osten von Afrika, dem Palaver (s. d.) im Westen
entsprechend, gewöhnlich soviel wie Verhandlung,
Beratung der Häuptlinge entweder unter sich oder
mit Fremden; ferner aber auch foviel wie An-
gelegcnbeit, Streit und Krieg.
Schauseite, s. Facade.
Schauspiel, im weitcrn Sinne Drama (s. d.)
überhaupt, im engern eine Mittelgattung des
Dramas, die, ernste und tragische Konflikte ver-
söhnlich abschließend, zwischen Tragödie und Ko-
mödie steht. Aktionen.
Schauspielerdrama, s. Haupt- und Staats-
Schaufpielhaus, s. Theater.
Schauspielkunst, die Kunst der theatralischen
Darstellung. Sie ist die notwendige Ergänzung und
Vollendung der dramat. Dichtung. Die Dichtung
schließt sich in die Grenze der innern Vorstellung ein
und arbeitet nur für die Phantasie, wäbrend der volle
Umfang der Kunst und des künstlerischen Genusses
verlangt, daß die innere Wirklichkeit in sinnlich sicht-
und hörbare Vergegenwärtigung übergebe, daß das
Hhantasiebild zur That werde durcb Attion und De-
klamation. Daher ist die S. nicht bloß reproduktive,
sondern produktive Kunst. Der echte Schauspieler
bringt zu den vom Dichter ausgesprochenen Ge-
danken und Leidenschaften auch etwas wesentlich
Neues, die eigene Perfönlichkeit. Diese kann er aus-
bilden, läutern, aber nicht überwinden und dem
Phantasiebilde des Dichters in allen Bedingungen
völlig gemäß gestalten. Seine Kunst besteht darin,
den Abstand zwischen dem Darstellungsmateria!
(seiner eigenen Persönlichkeit) und dem darzustellen-
den Ideal (der Gestalt des Dichters) möglichst aus-
zugleichen. In Auffassung und Niedergabe soll er
sich der Nolle so anschmiegen, daß der Zuschauer
mit der Nolle deren Träger verwachsen und die
Gestalt der Dichtung selbst zu sehen glaube. Die
Alten erleichterten dem Schauspieler diese Objek-
tivität durch typische Masken, die neuere Forde-
rung sckärferer Charakteristik und Individualisie-
rung verlangt lebendige Mimik. Deklamation (s. d.)
und Mimik ls. d.) sind die Hauptmittcl der neuern
S. - Vgl. Thürnagel, Theorie der S. (Hcidclb.
1836); Rötscher, Die Kunst der dramat. Darstellung
(2. Aufl., Verl. 1884).
Geschichtliches. In der S. spiegeln sich auch
alle Stilwandlungcn des Dramas, zum Teil noch
schärfer als im Drama selbst. Dem Wesen des an-
tiken Dramas gemäß war die S. der Alten durchaus
plastisch; Maske und Kothurn behinderten die Frei-
heit der Individualität, der Schauspieler war kaum
mebr als eine lebendige Statue. Wie die gesamte
moderne Kunst zum Charakteristischen und Indivi-
duellen neigt, so ist auch in der S. alles porträt-
artiger, physiognomisch durchgebildeter. Allein auch
innerbalb dieser Grenzen findet sich derselbe Gegen-
satz zwischen roman. und german. Völkern, wie in der
Dichtung. Vci Italienern und Franzosen zeigt sich
in der hoben Tragödie noch immer etwas Getrage-
nes, Recitierendes im Vortrage, plastische Gemessen-
beit im Spiel, in neuester Zeit sreilich auch viel grelle
Manieriertheit. Die englische S. zur Zeit Shake-
speares trug offenbar ganz wie die Dramen dieses
Dichters einen individualisierenden Zug. Mit dem
franz. Drama war in Deutschland auch die franzö-
sische S. eingedrungen. Ekhof stürzte sie mit seinem
Dringen auf größere Naturwahrhcit, während gleich-
zeitig Messing praktisch und theoretisch denselben Um-
schwung im Drama vollzog. Den Höhepunkt der
Schule bezeichnete F. L.Schröder (s.d.). Den platten
Naturalismus, der sich zum Teil schon bei Iffland
geltend mackte, griff die Weimarische Schule unter
Goetbe und Schiller an, die nicht davon freizusprechen
ist, im Eifer der Opposition oft das Ideale auf Kosten
der Individualisierung übertrieben zu haben, und die
deshalb besonders durch Tieck, der an der Richtung
Schröders und Flecks festhielt, bekämpft wurde.
Einen Höhepunkt des genialen Naturalismus scheint
Ludw. Devrient bezeichnet zu haben. Jetzt herrscht,
wie in aller modernen Kunst, in der S. viel stillofes
Sckwanken. An einzelnen Hoftheatern herrfcht der
deklamatorische Ton im ernsten Drama vor; die
Laubesche Schule vertritt das entgegengesetzte Prin-
cip oft bis zur Nüchternheit. - Vgl. Virch, Dra-
matik oder Darstellung der Vühnenkunst (2. Ausg.,
Stuttg. 1856); Ed. Dcvrient, Geschichte der deutschen
S. l,5 Bde., Lpz. 1848-74); Gene'e, Lehr- und Wan-
derjabre des deutschen Schauspiels (Berl. 1882); D.
Cook, On tdo Ltk^o. 8tuäi68 ol tkslUi'ical iiiLtor^
anä tliö 3cwi-'8 ai't (2 Bde., Lond. 1883).
S. 98Mi).
Schannne, Abfall von Blattgold.
Schawli. 1) Kreis im nördl. Teil des russ.
Gouvernements Kowno, im Gebiet der Windau,