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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Scherffsche Milch - Scherr
29. Infanterieregiments befördert, wurde 1882 Chef
des Stabes des 11. Armeekorps, 1883 Generalmajor,
1881 Commandeur der 41. Infanteriebrigade, 1888
Generallieutenant und Commandeur der 33. Divi-
sion. In gleicher Eigenschaft ward er 1889 zur 18. Di-
vision versetzt. Im Febr. 1891 nabm er seinen Ab-
schied. S. hat auch auf dem Gebiet der Militärlittera-
tur Bedeutendes geleistet', es erschienen von ihm:
"Die Gymnastik und die Fechtkunst in der Armee"
(Berl. 1858), "Anleitung zum Betrieb der Gymnastik
und der Fechtkunst in der Armee" (ebd. 1861), "Zur
Taktik der Gegenwart mit besonderer Rücksicht auf
die Zündnadelinfanterie" (ebd. 1863), "Studien zur
neuen Infanterietaktik" (4 .hefte, ebd. 1872 - 74),
"Die Infanterie auf dem Exerzierplatz" (ebd. 1875),
"Die Lehre von der Truppenverwcudung" (2 Bde.,
ebd. 1876-80; 2. Aufl. u. d. T. "Von der Krieg-
führung", 1883), "Taktische Grundsätze" (ebd. 1879),
"TelbrückundBernhardi" (ebd. 1892), "Reqlementa-
rische Studien" (ebd. 1891: 1. Folge, ebd. 1892),
"Praktische Taktik und taktische Theorie" (ebd. 1893),
"Unsere heutige Infantcrietaktik im Spiegel der
Augustkämpfe 1870 um Metz" (ebd. 1893), "Kriegs-
lebren in kriegsgeschichtlichcn Beispielen der Neu-
zeit" (Bd. 1: "Betrachtunacn über die Schlackt von
Colombey-Nouilly", ebd?1894; Bd. 2: "Betrach-
tungen über die Schlacht von Vionville", ebd. 1894;
Bd. 3: "Betrachtungen über die Schlacht von Grave-
lotte-St. Privat", ebd. 1895).
Scherfffche Milch, s. Auffütterung der Kinder.
Scherflein, s. Scherf.
Scherflocken, s. Appretur (Bd. 1, S. 763 a).
Scherg, Fisch, s. Stör.
Schergenbach, linker Zufluh des Inns, ent-
springt im Massiv des Piz Muttlcr (3299 m), durck-
fließt das zum Unterengadin gehörende Hocktbal
Samnaun und mündet durch eine tiefe Felskluft bei
dem Schergen- oder Schalklhof, 1 km unterhalb Alt-
Finstcrmünz an der Grenze von Graubünden und
Scheria, Insel, s. Phaiaken. sTirol.
Scheri'a (Schari'a), auch Scher (Gesetz, ge-
wöhnlich mit dem Prädikat scherif, edel), im Gegen-
satz einerseits zu dem einzelnen Völkern des Islams
eigentümlichen alten Gewohnheitsrecht ('Lldat oder
'Iirf), andererseits zu den in neuerer Zeit unter
fremdem Einfluß entstandenen oder aus die Macht-
vollkommenheit der jeweiligen Zerrscher gegründe-
ten Gesetzen (Kanün), das aus den kanonischen
Gesetzqucllen (s. Fikh) abgeleitete religiöse Gesetz der
Mohammedaner, welches die 'Ulemä studieren und
vertreten und auf welckes die Muftis ihre Rcchts-
gutachtcn, die Kadhis ihre Nechtssprüche gründen.
Scheriat el-Kebire, arab. Name des Jordans
(s. d.) in Palästina. Scheriat el - Menadire,
arab. Name des Iarmuk (s. d.) in Palästina.
Scherif (arab., "erhaben", "edel"), bei den Mo-
hammedanern Titel der Nachkommen Mohammeds;
streng genommen sind nur die Abkömmlinge Hasans,
des Enkels des Propheten, S. und werden von den
Abkömmlingen des Husejn, die den Titel Seüid süh-
ren, unterschieden. Der jetzige Sprachgebrauch dehnt
jedoch den Titel S. auf alle vom Propheten sich her-
leitenden Linien aus, deren Angehörige, die man in
den niedrigsten Lebensstellungen trifft, das Reckt auf
besondere Ehrerbietung und den Gebrauch des grü-
nen Turbans beanspruchen. Ihre Listen werden in
größern Städten durch besondere Würdenträger, die
Nakib el-Eschraf (s.d.), geführt. Ganz vorzüglick wird
der erste religiöse Würdenträger in Mekka S. ge-
Vrockhaus' Konversations-Lexikon. 14. Aufl. XIV.
nannt' er wird aus den von Hasan abstammenden
Familien Arabiens durch den türk. Sultan ernannt.
Er besitzt den größten Einfluß auf die Angelegen-
heiten des Hedschas, neben ihm übt der türk. Statt-
balter (Wali) eine lediglich nominelle Macht aus. -
Über Bedeutung und Geschichte dieser Würde vgl.
Ch. Didicr, 8eMir cli62 Ie Fi'anä-e1i8rilä61a,Nekk6
(Par. 1857; deutsche Übersetzung von .HeleneLobedan,
Lpz. 1862); Maltzan, Reisen in Arabien, Bd. 1
(Braunschw. 1873), 8. Kap.; Snouck Hurgronje,
Mekka, Bd. 1 (Haag 1888).
Scherrf Pascha, ägypt. Staatsmann, wurde
nach der von der nationalen Partei 9. Sept. 1881
veranstalteten Soldatenemeute (s. Ägypten, Vd. 1,
S. 25 la) vom Chediv Tewfik zum Präsidenten des
neuen Kabinetts ernannt. Da dieNotabelnversamm-
lung von 1882 ein förmliches Vudgetrecht nach europ.
Muster verlangte und die engl. und franz. Finanz-
kontrollcurc dagegen Einsprache erhoben, so trat S.P.
2. Febr. 1882 von seinem Posten zurück und überließ
die Besetzung des neuen Kabinetts der nationalen
Partei. Als diese aber unter Arabi Pascha bis zur
Auflehnung gegen den Chediv vorging, übertrug
dieser 27. Aug. 1882 S. P. abermals das Präsidium
und das Auswärtige. Nach Niederwerfung des Auf-
standes durch die Engländer beanspruchten indes
letztere ein fast unumschränktes Protektorat, worauf
S. P. im Jan. 1884seine Entlassung nahmund Nubar
Pascka (s. d.) an seine Stelle trat. S^ P. starb auf
einer Reise nach Karlsbad 20. April 1887 in Graz.
Schermaschine, in derTuckfabrikation eine
Appreturmafchine (f. Appretur, Bd. 1, S. 763 a); in
der Weberei (s. d.) foviel wie Kettcnschcrmaschine;
auck eine Maschine der Filzhutfabrikation
(s. 5il;fabrikation, Bd. 6, S. 793 d).
Schermaus, s. Wühlmaus.
Schermefser, die schraubenförmig gewundenen
Messer des Schercylinders (s. Appretur, Bd. 1,
S. 763 a); auch soviel wie Rasiermesser.
Scherr, Johs., Kultur- und Literarhistoriker
und Novellist, geb. 3. Okt. 1817 auf Hohenrechberg,
studierte 1837-40 in Tübingen Philosophie und
Geschichte und leitete dann mit seinem Bruder Tho-
mas eine Erziebungsanstalt in Winterthur. 1843
zog er nach Stuttgart, wo er mit seiner Schrist
"Württemberg im I. 1843" in die polit. Bewegung
eintrat. 1848 wurde S. auch in die württemb. Ab-
geordnetenkammer und in den Landesausschuß der
württemb. Volt^oereine gewählt; er war einer der
Fübrer der demokratischen Partei Süddeutschlands
und auss eifrigste sür die Reichsverfassung von 1849
thätig. Nach Niederwerfung der Reichsverfassungs-
partei mußte er nach der Schweiz flüchten und
wurde in contumaciam zu 15 Jahren Zuchthaus
verurteilt. Er habilitierte sich an der Hochschule zu
Zürich, siedelte 1852 wieder nach Winterthur über
und ging 1860 abermals nach Zürich, wo er Pro-
fessor der Geschichte am Eidgenössischen Polytechni-
kum wurde und 21. Nov. 1886 starb. Seiner Über-
zeugung nach Republikaner, pflegte S. als Histo-
riker mit besonderer Vorliebe die kulturhistor. Ele-
mente; in seiner "Geschichte deutscher Kultur und
Sitte" (1853; 9. Aufl., Lpz. 1887) suchte er die na-
tionale Entwicklung nach dieser Seite hin zum ersten-
mal, freilich ohne wissenschaftliche Vertiefung, zu-
sammenzufassen. Von seinen kulturgeschichtlichen
Werken sind hervorzuheben: "Schiller und seineZeit"
(1859; 6. Aufl., Lpz. 1876), "Geschichte der deutschen
Frauenwelt" (4. Aufl., 2 Bde., ebd. 1879), "Geschichte
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