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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Schiff (Fahrzeug)

fahrer und Handelsmarine). Erstere werden in S. für den Küstenkrieg und S. für den Kreuzerkrieg geteilt. Zum Küstenkrieg dienen Hochsee-Panzerschiffe und Küsten-Panzerschiffe als Schlachtschiffe, ferner Kreuzer und Avisos als Aufklärungsschiffe, ferner Torpedobootszerstörer und Torpedoboote beim Torpedokampf. Im Kreuzerkrieg werden Panzerkreuzer, geschützte Kreuzer und kleinere gewöhnliche Kreuzer und Kanonenboote verwendet. Die Bezeichnungen Fregatten (s. d.) und Korvetten (s. d.) kommen nur noch bei Schulschiffen und in einzelnen Marinen auch bei Kreuzern alter Art vor.

Die Tafel: Schiffstypen I: Kriegsschiffe, veranschaulicht die hauptsächlichsten Kriegsschiffstypen der deutschen Reichs- und einzelne der österr. und franz. Marine. Fig. 1 ist ein Brustwehrturmschiff neuester Art mit drei Panzertürmen zu je zwei 26 cm-Geschützen; Geschütze und Kuppeln sind auf einer Drehscheibe drehbar. Die Schnellladekanonen stehen in den Decksaufbauten; das S. hat Gürtelpanzer und Panzerdeck von Nickelstahl. Fig. 2 ist ein Batterieschiff ältester Art; viele schwere Geschütze mit kleinem Bestreichungswinkel, Gürtelpanzer und Panzer bestehen aus Compoundplatten. Fig. 3 ist ein Kasemattschiff älterer Art; nur die Eckgeschütze haben großen Bestreichungswinkel für Bug- und Heckfeuer, Gürtel und Kasematte hat Walzeisenpanzer. Fig. 4 ist ein modernes Barbetteturmschiff mit zwei Panzertürmen und Gürtelpanzer sowie Panzerdeck aus Nickelstahl; der vordere Turm hat zwei, der hintere ein 24 cm-Geschütz. Fig. 5 ist ein Kasemattschiff neuerer Art (früher Panzerkorvette genannt) mit günstiger Geschützaufstellung; sechs Geschütze in der Panzerkasematte, zwei oben darüber mit sehr großem Bestreichungswinkel, es können je vier schwere Geschütze nach vorn, nach jeder Seite, nach hinten feuern. Fig. 6 ist ein mit Panzerdeck, Korkgürtel und Kofferdamm in der Wasserlinie geschützter Kreuzer; sechs Geschütze in Schwalbennestern mit großem Schußfeld und acht Geschütze in der Breitseite, starke Maschinen, große Geschwindigkeit, großer Kohlenvorrat. Fig. 7 ist die kaiserliche Jacht mit Wohnräumen für die kaiserl. Familie; große Geschwindigkeit (22 Seemeilen), dient im Kriege als Aviso für größere Kommandostäbe und führt dann 15 Schnellfeuerkanonen. Fig. 8 ist ein Panzerkanonenboot mit einem langen 21 cm-Geschütz; Panzergürtel und Panzerdeck, gute Geschwindigkeit (16 Seemeilen). Fig. 9 ist ein alter Kreuzer III. Klasse; ungeschütztes eisernes S., Geschütze alter Art in der Breitseite auf Oberdeck, kleine Geschwindigkeit (14 Seemeilen), geringer Kohlenvorrat. Die S. Fig. 1-9 gehören der deutschen Kriegsflotte an. Fig. 10 ist ein österr. Kasemattschiff mit sechs 24 cm-Geschützen; Kasematte und Gürtel gepanzert. Fig. 11, ein österr. Panzerkreuzer, ist ein S. gemischten Systems; je ein 24-cm-Geschütz in Barbetteturm, vier 15-cm-Kanonen in Kasemattepforten, vier 15 cm in Ausbautürmchen, 20 leichte Geschütze, Gürtel, Barbettetürme und deren Unterbau stark, Panzerdeck leicht gepanzert, große Geschwindigkeit (19 Seemeilen), zwei armierte Gefechtsmasten, Rammsteven, sechs Torpedolancierrohre. Fig. 12 ist ein franz. Glattdeckskreuzer I. Klasse, mit Panzerdeck, Korkgürtel und Kofferdamm geschützt; acht Kanonen in Schwalbennestern mit großem Schußfeld, große Geschwindigkeit (19 Seemeilen). Fig. 2, 3, 8 und 9 sind Einschrauben-, die übrigen Doppelschraubenschiffe.

Ein S. mit drei Masten, an deren jedem sich Stengen, Bramstengen und Rahen befinden, heißt ein Vollschiff (s. Tafel: Schiffstypen II: Handelsschiffe, Fig. 3). S. mit zwei vollen und einem Mast, an dem sich keine Rahen, sondern nur Gaffelsegel befinden, nennt man Barken (Fig. 4), solche mit zwei vollen Masten Briggs (Fig. 5) und mit einem vollen und einem oder zwei Barkmasten Schoner (Fig. 6). Kutter (Fig. 7) und Jacht (Fig. 8) sind einmastige S., die nur Küstenfahrt treiben und die man gewöhnlich mit dem Namen "Fahrzeuge" bezeichnet.

Nach der Art der Fortbewegung teilt man die S. in Segel- und Dampfschiffe ein; letztere sind Rad- oder Schraubendampfer. Man verwendet die Raddampfer nur noch für Flüsse oder kurze Seefahrten, für längere Reisen jedoch vorzugsweise den Schraubendampfer (Taf. II, Fig. 1 u. 2; Längenschnitt und Ansicht des Ober- und Hauptdecks eines Doppelschrauben-Schnelldampfers giebt Tafel: Dampfschiffe I, Bd. 4, S. 746), da die den Wellenbewegungen weniger ausgesetzte Schraube sich besser bewährt und bei Kriegsschiffen vor feindlichen Geschossen geschützt liegt. (S. auch Schnelldampfer.) Eine dritte Art der Fortbewegung ist die der hydraulischen Reaktion (s. Hydraulischer Propeller).

Die Kunst, den einzelnen Teilen eines S. die gehörige Gestalt und Verbindung zu einem zweckmäßigen Ganzen zu geben, nennt man Schiffbaukunst (s. d.). Der zum Schiffbau eingerichtete Platz heißt Werft (s. d.) und der Platz, wo ein einzelnes S. gebaut wird, eine Helling (s. d.) oder ein Dock (s. d.). Der Kiel (s. d.) eines zu erbauenden S. wird auf die Stapelklötze (s. Stapel) gelegt und erhält zunächst die Spanten (s. d.) und bei eifernen S. die Querschotten (s. d.) zwischen den Spanten aufgesetzt. Dann werden die Decke eingebaut, die Planken (s. d.) oder eiserne Außenhaut angebracht und das hölzerne S. durch Kalfatern (s. d.), das eiserne durch Vernieten und Bodenanstrich wasserdicht gemacht, auch die Planken gekupfert (s. Kupfern). Hiernach findet der Stapellauf statt. Die Schiffsmaschine, Panzerplatten der Panzerschiffe, Bemastung und Ausrüstung werden später angebracht. Zum Ausbessern der S. unter Wasser werden jetzt überall Docks benutzt, wenn die Reparaturen nicht so geringfügiger Art sind, daß sie durch Taucher, deren sich auf jedem größern Kriegsschiffe mindestens einer befindet, ausgeführt werden können.

Während man in frühern Zeiten als Material zum Schiffbau ausschließlich Holz, dann Eisen verwendete, benutzt man neuerdings immer mehr Stahl dazu, der im Verhältnis zu seiner Stärke leichter als Holz und Eisen ist, bei gleichen Dimensionen mehr Ladungsraum giebt, haltbarer ist und sich leichter reparieren läßt. Dagegen sinken die eisernen und stählernen S. bei größern Verletzungen leichter als hölzerne, und die Lecke lassen sich provisorisch nicht so gut stopfen wie bei diesen. Um das Sinken bei Beschädigungen des Bodens zu verhindern, giebt man den eisernen und stählernen S., namentlich den gepanzerten, einen Doppelboden (s. d.), Wallgänge (s. d.), Korkgürtel und Kofferdämme (s. d.), Längsschotten und Querschotten (s. d.). Gesunkene S., die nicht zu tief liegen, versucht man durch Schließen aller Öffnungen, Auspumpen des innern Raums und Unterbringen von Ketten zu heben.

Der deutsche Schiffbau beschäftigt etwa 500^[vermutlich so zu lesen, im Faksimile beschnitten] Werften mit etwa 25000 Arbeitern, von denen