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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Schlosser (Friedr. Christoph) - Schlosserschulen
stellung von Erzeugnissen der Schlosserei. Die S.
gingen im 14. Jahrh, als Kleinschmiede aus
dem Handwerk der Schmiede hervor. 1882 gab es
in Deutschland 93 Schlossereibetricbe ohne, 14 230
mit 1-5, und 976 mit mehr als 5 Gcbilfcn. Der
1886 gegründete Verband deutscher Schlosserinnun-
gen (Sitz seit 1894 in Hamburg, vorher in Berlin;
Organ: "Deutsche Schlosserzeitung" daselbst) zählt
100 Innungen mit 4000 Mitgliedern. (S. Schlosser-
schulen, Schlosser- und Schmiedearbeiten.)
Schlosser, Friedr. Christoph, Geschichtschreiber,
geb. 17. Nov. 1776 zu Iever, studierte 1794-97 in
Göttingcn besonders Theologie, wurde 1798 Haus-
lehrer, zuerst bei dem Grafen von Ventinck-Rhoon,
dann in Othmarschen bei Altona und 1800 in Frank-
furt a. M., setzte in dieser Zeit auch seine pbilos. und
geschichtlichen Studien eifrig fort und veröffentlichte
die Schriften "Abülard und Dulcin" (Gotha 1807),
das "Leben Vezas und des Peter Martyr Vermili"
(Heidelb. 1809). Inzwischen war S. 1808 Lehrer an
der Schule zu Icver geworden, legte aber 1809 dieses
Amt nieder und ging nach Frankfurt a. M. zurück,
wo er eine Stelle als Kollaborator am Gymnasium
erhielt und eine "Geschichte der bilderstürmendcn
Kaiser des Oströmischcn Reichs" (Franks. 1812) aus-
arbeitete, die den Fürst-Primas Dalberg veranlaßte,
S. 1812 zum Professor der Geschichte' und Philo-
sophie am Lyceum zu Frankfurt zu ernennen. Als
dieses 1814 einging, wurde S. Stadtbibliothekar.
1817 folgte er dem Rufe als Professor der Geschichte
an der Universität Heidelberg, wo er 23. Sept. 1861
starb. 1878 wurde ihm in Icver ein Denkmal ge-
setzt. Unter seinen größern Arbeiten erwarb ihm
zuerst die "Weltgeschichte in zusammenhängender
Erzählung" (4 Tle. in 9 Von., Franks. 1817-41)
den Ruf eines ernsten und scharfsichtigen Forschers.
Diesem Werke folgte als Ergebnis seiner Pariser
Forschungen die "Geschichte des 18. Jahrb." (2 Bde.,
Heidelb. 1823; 2. Aufl., besonders die Entwicklung
der Litteratur und Knltur ausführlich berücksichti-
gend, u. d. T. "Geschichte des 18. und 19. Jahrh, bis
zum Sturze des franz. Kaiserreichs", 6 Bde., 1836
-50; 5. Aufl., 8 Bde., ebd. 1866-68). In der
"UniverscüWor. Übersicht der Geschichte der Alten
Welt und ihrer Kultur" (3 Vde. in 9 Abteil., Franks.
1826-34) verband er zum erstenmal die polit. mit
der litterar. Geschichte. Er schrieb ferner: "Zur Beur-
teilung Napoleons und seiner neuesten Tadler und
Lobrcdner" (3 Abteil., Franks. 1832-35). Um die
Ergebnisse seiner Forschungen in einem Gesamtbilde
auch weitcrn Kreisen zugänglich zu machen, veranstal-
tete er die Herausgabe einer "Weltgeschichte für das
deutsche Volk" (19 Bde., Frankf. 1842-54; 4. Ausg.,
neu bearbeitet und fortgesetzt von Jäger und Wolfs,
Verl. 1884-88), die sein Schüler Kricgk aus den
frühern Werken S.s bearbeitete und zu der S. selbst
das 15., 16. und 17. Jahrh, beifügte. Von seinen klei-
nern Schriften sind noch die Studien über Dante (Lpz.
und Heidelb.1855), die Übersetzung des pädagogischen
Handbuchs desVincenzvonVeauvais mit einer treff-
lichen Einleitung (2 Bde., Frankf. 1819) und die
Beiträge zu dem von ihm mit Vercht herausgegebe-
nen "Archiv für Geschichte und Litteratur" (5 Bde.,
ebd. 1830 - 35) hervorzuheben. S. wurzelte ganz
in der Aufklärung des 18. Jahrh.; ein Feind der
Dogmen, ein feuriger Verehrer der Vernunft und
des Sittengesetzes im Sinne Kants, dcr ihn tief
beeinflußte, wurde er von einem allgemein mensch-
üch-philos. und ethischen Interesse dazu geführt, die
Geschichte der Menschheit als ein einheitliches Gan-
zes aufzufassen, konnte freilich diesen großen Ge-
danken in seiner Weltgeschichte, die sich vielfach wie-
der in Staatengeschichte zersplittert, nur unvollkom-
men durchführen. Eine eigenartige Sphäre des
polit. Denkens und Handelns erkannte er nicht an,
und da sein Moralmaßstab etwas eng und rigoros
war, so mangelte seinen Nichtersprüchen die Gerech-
tigkeit und das unbefangene Verständnis. In der
Wissenschaft wurde seine Richtung von Gervinus
l s. d.) weitergebildet, und Häusser und Treitschke
schlugen später die Brücke von ihr zu der Nankeschen
Schule. - Vgl. Gervinus, Friedrich Christoph S.
(Lpz. 1861); Löbell (anonym), Briefe über den Ne-
krolog S.s (Chemn. 1862); Weber, Friedrich Chri-
stoph S., der Historiker (Lpz.1876);Erdmannsdörffer,
Gedächtnisrede zu der Feier von S.s 100jährigem
Geburtstag (Hcidelb. 1876); O.Lorenz,F. Chr. S.
(Wien 1878); ders., Die Geschichtswissenschaft in
Hauptrichtungen und Aufgaben (Berl. 1886).
Schlosser, Joh. Georg, Schriftsteller, geb. 9. Dez.
1739 zu Frankfurt a. M., Goethes Jugendfreund,
studierte in Gießen, Jena und Altdorf die Rechts-
wissenschaften, trat in die Dienste des Prinzen Fried-
rich von Württemberg zu Treptow a. d. R., ging
1769 als Advokat nach Frankfurt, dann nach Karls-
ruhe, wurde 1773 Oberamtmann in Emmendingen
und vermählte sich 1. Nov. 1773 mit Goethes
Schwester Cornelia (gest. 8. Juni 1777), 1778 mit
der Tante der Brüder Friedrich Heinrich und Georg
Iacobi, Johanna Fahlmer (gest.31.Okt. 1821).
(Vgl. Goethes Briefe an Johanna Fahlmer, hg. von
Urlichs, Lpz. 1875.) S. ward 1787 Geh. Hofrat in
Karlsruhe und 1790 Geheimrat und Direktor des
Hofgerichts. 1794 nahm er seine Entlassung und
privatisierte erst in Ansbach, seit 1796 in Eutin.
1798 wählte ihn seine Vaterstadt zum Syndikus,
wo er 17. Okt. 1799 starb. Sein viel besprochener
"Katechismus der Sittenlehre für das Landvolk"
(1771), sein "Seuthes, oder der Monarch" (Straßb.
1788) und andere Schriften über Gegenstände des
Staats- und bürgerlichen Rechts zeugen von klarem
Verstand und warmem Rechtsgcfühl, sind allerdings
von den Aufklärungsneigungen der damaligen Po-
pularphilosophie stark angekränkelt. Seine "Kleinen
Schriften" erschienen in 6 Bänden (Bas. und Frankf.
a. M. 1779-94). - Vgl. die Biographie S.s von
Nicolovius (Bonn 1844).
Schlosserschulen, Anstalten, die Schlosserge-
hilfen zu Meistern ausbilden sollen. Bis jetzt besteht
nur eine einzige derartige Schule, die Ostern 1894
zu Noßwcin (wachsen) eröffnet worden ist. Sie ist
gegründet worden und wird unterhalten vom Ver-
band der Schlosserinnungen Deutschlands unter
wesentlicher Beihilfe der königlich sächs. Staatsregie-
rung und der Stadt Roßwein. Aufnahmebeoingung
ist ein Alter von wenigstens 17 Jahren, eine drei-
jährige praktische Thätigkeit im Fache und Volks-
schulbildung. Dcr Lehrkurs ist eineinhalbjährig. Das
Schulgeld beträgt für Verbandsangehörige 100 M.
pro Semester; für Nichtverbandsangehörige aus dem
Deutschen Reiche 125 M. und für Reichsausländer
150 M. An der Anstalt wirken 3 Lehrkräfte. Die
Frequenz des ersten Schuljahres betrug 38. Der
theoretische Unterricht dauert drei halbjährige Kurse.
Für den praktischen Unterricht sind wöchentlich 16
Stunden angesetzt. Den gewöhnlichen Fortbildungs-
schulen ähnliche Schlosserinnungsschulen existieren
noch z. V. in Düsseldorf, Stettin, Frankfurt a. O.,