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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Schottland

zuschütteln, mißlang und endete mit seiner Gefangenschaft (1296); ein neuer Freiheitsheld erstand in William Wallace, auch er erlag und starb in London als Hochverräter (1305). An seine Stelle trat der Enkel von Baliols Mitprätendenten, Robert Bruce, der sich März 1306 zu Scone krönen ließ. Er mußte zwar vor Eduard I. weichen, eroberte sich aber 1314 seine Krone mit dem glänzenden Sieg bei Bannockburn über Eduard II. zurück. Jedoch erst im Vertrage von Northampton 1328 erhielt er die volle Anerkennung Englands.

Robert I. starb 1329. Der Regent für seinen unmündigen Sohn David II. wurde 1333 bei Halidon-Hill von Edward Baliol, dem mit engl. Hilfe erscheinenden Sohn des John Baliol, geschlagen. Edward ließ sich zum König krönen, stützte sich aber lediglich auf den Oberlehnsherrn Eduard III. von England. König David II. mußte nach Frankreich flüchtig werden, nach seiner Rückkehr (1341) machte er einen Angriff auf England, geriet aber in Gefangenschaft (1346) und wurde erst nach Edward Baliols Vertreibung 1356 freigelassen, mit der Abmachung, daß nach seinem erbelosen Ausgang die Krone an das engl. Königshaus der Plantagenets fallen sollte. Als er 1371 starb, war jedoch bei dem Widerstand der Schotten die Durchführung dieses Vertrags unmöglich, das Erbe kam an das Haus der Stuarts (s. d.), das 1315 durch Parlamentsbeschluß als das nächstberechtigte anerkannt war. Ein Enkel Robert Bruces wurde 1371 als Robert II. (1371-96) und erster Stuart auf den Thron erhoben. Solange dieses Haus herrschte, hat es fortwährend fast immer mit dem gleichen Mißerfolg für die Errichtung einer wirklichen königl. Gewalt gegen die mächtigen Clanhäuptlinge kämpfen müssen. Durch die Clanverfassung erhielt nämlich der Grundherr volle Gewalt über seine Hintersassen, die königl. Oberlehnsherrlichkeit wurde kaum geachtet, und das geringe städtische Bürgertum konnte kein Gegengewicht geben. Zwar hatte Robert Bruce 15 Städtevertreter in das Parlament berufen, aber die Macht hatten auch hier die grundbesitzenden Lords und der meist ihren Familien entstammende Klerus. Wie die meisten seiner Vorgänger betrachtete auch Robert II. die Bundesgenossenschaft mit Frankreich als ersten Grundsatz seiner Politik und lag dauernd für Frankreich gegen England im Felde. Sein Sohn Robert III. (1396-1406) war ein Schwächling, unter dem die wildesten Geschlechterfehden tobten und für den sein herrschsüchtiger Bruder, der Herzog von Albany, die Regierung leitete. Der vor Albanys Nachstellungen geflüchtete Thronerbe Jakob fiel in die Hand der Engländer, die ihn noch 18 Jahre nach dem Tode seines Vaters gefangen hielten und Albany gewähren ließen. Mühsam kämpfte der 1424 zum Thron gelangende Jakob I. (s. d.) gegen die unter seinem Oheim eingerissene Zügellosigkeit und fiel schließlich einer Verschwörung zum Opfer (1437). Unter seinem unmündigen Sohn Jakob II. (1437-60) kämpften die Räte Crichton und Livingston gegeneinander, dann zusammen gegen die Douglas um die Macht; den Kampf gegen letztere führte der mündig gewordene König zur Entscheidung. Er selbst fiel im Kampfe mit den Engländern (1460), und wieder hatte das Reich während der Unmündigkeit seines Sohnes Jakobs III. (1460-88) Wirren und Kämpfe zu erdulden. Der junge König fiel gleich seinem Großvater durch eine Adelsverschwörung (1488). Ein ritterliches Gepränge zog unter seinem Sohne Jakob IV. (1488-1513) beim Hofe ein. Nach erfolglosen Feldzügen kam es zu einem Frieden mit England, den die Ehe Jakobs mit Heinrichs Tochter Margarete (1502) befestigte. Der Krieg Heinrichs VIII. gegen Frankreich riß aber S. wieder mit sich; der in England einfallende Jakob IV. kam selbst in der Entscheidungsschlacht bei Flodden (1513) um. Aufs neue entbrannte der Parteienstreit um die Regentschaft für den unmündigen Jakob V. (1513-42). Abwechselnd war seine Mutter Margarete oder ein Vetter Jakobs IV., der Herzog von Albany, an der Spitze. Als Jakob V. 1528 mündig geworden war, ließ er sich durch seinen Berater Kardinal Beaton zu dauernd feindseliger Haltung gegen Heinrich VIII. und zu engstem Anschluß an Frankreich drängen. Diese Einwirkung verstärkten noch des Königs Gemahlinnen, von denen die erste eine Tochter Franz' I. von Frankreich war, während die zweite, Maria, aus dem Hause der Guise stammte. Kurz nach einer vernichtenden Niederlage, die er durch die Engländer bei Solway Moß erlitt, starb Jakob V. 1542.

Die schott. Geschichte bietet bis hierher wohl romantisch fesselnde Einzelzüge, von höherm geschichtlichem Standpunkt aus aber nur ein ermüdendes Einerlei von Fehden, Verschwörungen, Grenzkämpfen ohne größere polit. Bedeutung. Erst mit dem Augenblick erhoben sich die Dinge auch in S. zu höherer allgemeiner Bedeutung, als das Land von dem großen, Europa erfüllenden Glaubenskampf ergriffen wurde, in dem die schott. Königin, Jakobs V. einzige Tochter Maria Stuart (1542-87), eine bedeutsame Rolle spielte.

Die schott. Könige hatten den sehr selbständigen Klerus ihres Landes gewöhnlich als Verbündeten gegenüber der Übermacht des Adels angesehen und daher seinen Einfluß und seinen Reichtum nach Kräften gefördert, so daß die Kirche zu Anfang des 16. Jahrh. fast die Hälfte des ganzen schott. Grundeigentums befaß. In geistlicher und wissenschaftlicher Hinsicht aber herrschte in ihr tiefster Verfall. Als daher mit Patrick Hamilton und vor allem dem glaubenseifrigen fanatischen John Knox (s. d.), dem Schüler Calvins, die neue Lehre in S. eindrang, fand sie den Boden auf das beste vorbereitet, vor allem gewann sie zahlreiche Anhänger in den Reihen des schott. Adels. Noch günstiger wurden die Aussichten für eine Reformation, als 1542 der protestantisch gesinnte James Hamilton, Graf von Arran, zum präsumtiven Thronerben und Regenten für die jugendliche Maria ernannt wurde. Er trat vorübergehend für den Plan ein, Maria mit dem Sohne Heinrichs VIII., dem spätern König Eduard VI., zu vermählen; doch scheiterte dieser an Heinrichs Forderungen. Es kam zum Bruch (1543) und zum Kriege, den nach Heinrichs VIII. Tod der Protektor Somerset wieder aufnahm. Aber sein Sieg bei Pinkie Cleugh (1547) trieb die Schotten nur noch mehr zum engsten Anschluß an Frankreich, Maria wurde dorthin gebracht, am franz. Hof erzogen und schließlich 1558 dem Dauphin Franz, dem spätern Franz II., vermählt. Arran wurde veranlaßt, 1554 seine Würde niederzulegen, und an seine Stelle trat die Königin-Mutter Maria von Guise. Diese suchte mit Ketzergesetzen und Glaubensgerichten dem wachsenden Protestantismus entgegen zu treten, aber 1559 erhob sich der prot. Adel gegen sie, Elisabeth von England schickte Hilfe zu Land und See, und während die Regentin in Edinburgh