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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Schrauben
Fig. 1.
Fig. 2.
Druck (Druckschrauben, Preßschrauben), zum '
genauen Einstellen von Maschinenteilen (Stell-
schrauben), zur Übertragung einer Bewegung
(Bewegungsschrauben) Anwendung finden.
Jede Schraube besteht aus Schraubenspindel
oder Schraube im engern Sinne (auch Schrauben-
bolzen genannt) und der Schraubenmutter,
welche die Spindel drehbar umschließt. Die wesent-
lichste Eigentümlichkeit der S. bilden die Sckrau-
bengewinde, Einschnitte mit dazwischen liegen-
den Rändern, nach einer Schraubenlinie am Um-
fange der cylindrischen Schraubenspindcl und an
der Innenfläche der Schraubenmutter angeordnet
und sich derartig ergänzend, daß die Ränder der
Schraubenspindel in die Einschnitte der schrauben-
mutter eingreifen und umgekehrt. Jeden einzelnen
Umgang des Gewindes nennt man einen Gang.
Ist das Profil des Schraubcngcwindes ein Dreieck,
so erhält man eine scharfgängige Schraube,
wie sie in Fig. 1 abgebildet ist; hat es dagegen qua-
dratischen Querschnitt, so ist das erzeugte Gewinde
ein flachgängiges (f. Fig. 2); trapezförmige
(halbierte) und runde Gewinde kommen selten
vor. Die Entfernung, um welche das Gewinde einer
Schraube auf einem
vollen Umgänge längs
der Sckraube fortrückt,
wird die Steigung,
Steigböhe oder
Ganghöbc genannt.
Ist die Schraube nur
mit einem einzigen fort-
laufenden Gewinde ver-
fehen, so beißt sie ein-
gangig oder einfach; mehrgängig oder mebr -
fach heißt eine Schraube, wenn sie mebrere parallel
nebeneinander liegende, fortlaufende Gewinde be-
sitzt. Der Unterschied zwischen dem Halbmesser des
Schraubenkerns und der Schraubenspindel beißt die
Gewinde tiefe oder Gang tiefe. Je nachdem
das Gewinde, von vorn gefehen,
nach rechts oder nacb links auf-
steigt, ist die Schraube rechts-
gängig oder links gängig; in
der Regel werden rechtsgängige S.
angewendet. Als Feinheit einer
Schraube bezeichnet man das Ver-
hältnis der höhe oder Breite ihrer
Gänge zu einer bestimmten Länge der Sträube.
Die Wirkung der Befestigungsschrauben
(s. Fig. 3) beruht auf der in den Gewinden statt-
findenden Reibung und darin, daß die Gewinde der S.
zwar eine Drehung der Mutter auf der Spindel unter
ganz allmählicher Vorwärtsbewegung ermöglichen,
eine unmittelbare Verfchicbung in der Ächsenrichtung
aber unmöglich machen. Je weniger steil das Ge-
winde ist, desto größer ist die von der Schraube
gebotene Sicherheit gegen selbstthätige Lösung der
Verbindung unter stattfindendem Drucke. Der Bol-
zen der Schraube trägt an seinem glatten Ende den
Schraubenkopf, der ebenso wie die an der Ge-
windcseite aufgeschraubte Mutter meist sechseckige
Grundrißform hat; seltener ist er viereckig, nur zu-
weilen kreisförmig oder achteckig. Die Schrauben-
mutter wird, nachdem der Bolzen durch die zu
verbindenden Mctallkörper hindurch geschoben ist,
auf denfelben ausgeschraubt und dann festgezogen.
Echraubenkopf und Schraubenmutter von demselben
Gewinde haben gewöhnlich gleiche Grundrihform;
doch findet man auch sechseckige Muttern auf S.
mit viereckigem Kopf. Wird das Hohlgewinde statt
in die Mutter in einen der beiden zu verbindenden
Mctallkörper geschnitten, so ist die Schraube eine
Kopfschraube, während die gewöhnliche Form
Fig. 3 den Namen Mutterschraube führt. In
besondern Füllen wird der Kopf der Schraube durch
einen Keil oder auf andere Weise ersetzt; zuweilen
wird der Bolzen ganz eingeschraubt und der Kopf
fällt dann weg (Stift schrauben). Das Festziehen
und Lösen der Schraubenmuttern bei Befestigungs-
schrauben geschieht mit Hilfe der Schrauben-
schlüssel ss. d.).
Um bei der vielseitigen Verwendung der S. ein-
heitlicke Größenvcrhältnisse zu bewahren, hat man
bestimmte Schraub cnsy steme eingeführt. In
Europa ist das System von Whitworth allgemein
verbreitet; es nimmt für die scharfgängige Schraube
einen Kantcnwinkel von 55° an und teilt die Ge-
windestärken nach engl. Zollen ein. Das in Ame-
rika gebräuchlicke System ist das von Selters,
welches gleichfalls das engl. Maß, aber einen Kan-
tcnwinkel von 60° hat. Die neuerlich in Deutsch-
land gemachten Versuche, ein Schraubcnsystem mit
Mctcrmaß einzuführen, haben
bis jetzt noch keinen durchgreifen-
den Erfolg gehabt. Die Uhr-
mach e r s ch r a u b c n haben eigene
Systeme, und zwar ist das
schwciz. Latardgc winde das
verbreitetste.
Zu Holzschrauben, d. h.
S. zur Befestigung in Holz, ver-
wendet man fast uur Kopf-
schrauben, wie die in Fig. 4 ab-
gebildete. Der Bolzen ist hier
schwach konisch. Das Einschrau-
Fig. 3.
Fig. 4.
ben und Herausziehen geschieht mit dem Schrau-
benzieber (s. d.).
Zur Verhütung der Lösung der Befestigungs-
schrauben werden verschiedenartige Scyrauben-
sicherungen angewendet. Vielfach wird dicht
über der fest angezogenen Mutter ein Loch in
den Schraubenbolzcn gebohrt, welcher dann einen
kleincn konischen Vorsteck st ist, Splint oder
Spliehstist, aufnimmt. Bei starken S. zieht man
indes der Splintsickerung diejenige mittels Keils
vor. Sehr gebräuchlich ist auch die Anwendung einer
Kontermutter, Gegenmutter, Doppel- oder
Stellmutter, d. i. eincr zweiten Mutter, die man
auf demselben Bolzen fest an die erste anschraubt,
wodurch eine Lockerung dieser verhindert wird.
Stellschrauben, welche zum Festlegen einer
bestimmten Stellung zweier Flüchen oder Körper
gegeneinander dienen, müssen in den meisten Fällen
leicht lösbar sein. Wo sie von Hand befestigt wer-
den, wendet man vielfach Flügelschrauben an,
dercn Kopf zwei das Anfassen erleichternde Lappen
lMlgcl) trägt, so daß sie von Hand leicht drehbar
sind. Für ähnliche Zwecke sind auch Flügelmut-
tern in Gebrauch; diese sind konisch und ebenfalls
scitlick mit zwci flügelartigcn Lappen versehen.
Während die Befestigungsschrauben mit wenigen
Ausnahmen scharfgüngig geschnitten werden, giebt
man den Bc Wegungsschrauben in der Regel
flackcs, bci Messing oder Rotgußmctall rundes Ge-
winde. Ihre Wirkung beruht darauf, daß bei der
Drehung der Schraube in der Mutter oder der
Mutter um die Schraube auch eine allmähliche Fort-