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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Schweden

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Schweden (Geschichte)

Härte verfuhr, bereicherten den Staat bedeutend. Dies aber, besonders die Wegnahme der Kirchenglocken, erbitterte die Dalekarlier, die sich dreimal empörten. Auch hatte er gegen den Adel in Westgottland und gegen das von Dacke mißleitete Volk in Småland, endlich gegen die Lübecker, die auf ihre Handelsvorrechte pochten, zu kämpfen. Aber stark und fest wußte Gustav alle Hindernisse niederzuschlagen, die Ruhe zurückzuführen und den Thron in seinem Geschlecht erblich zu machen. Auch folgte ihm nach seinem Tode ohne Widerrede der älteste Sohn Erich XIV., 1560-68, der durch seine Brüder vom Throne gestoßen wurde. Der Herrschaft bemächtigte sich hierauf Johann III., unter dem das Papsttum von neuem das Haupt erhob. Den sog. Dreikronenkrieg (s. d.) mit Dänemark, der schon 1563 um die Güter des zusammenstürzenden livländ. Ordensstaates (s. Deutsche Ritter, Bd. 5, S. 52 b) ausgebrochen war, wobei S. Esthland an sich gerissen hatte, beendigte er durch den Stettiner Frieden von 1570, worin er Gottland und die alten Ansprüche auf Schonen, Halland und Blekinge an Dänemark überlassen mußte. Seine kirchlichen Pläne waren mißlungen, und er selbst war mit dem Reichsrat gänzlich zerfallen, als er 1592 starb und ihm sein kath. Sohn Sigismund folgte, der 1587 zum König der Polen erwählt worden war. Da das Volk ihn wegen seines Eifers für die kath. Kirche haßte, so gelang es seinem ehrgeizigen Oheim Karl, einem eifrigen Protestanten, leicht genug, Sigismund 1599 zu entthronen und 1604 unter dem Namen Karl IX. den schwed. Thron zu besteigen. Dieser befestigte die luth. Kirche, unterdrückte die Aristokratie, begründete den Bergbau und machte viele treffliche Einrichtungen. In seinen Fehden mit Rußland, Polen und Dänemark hatte er anfangs kein Glück; zuletzt aber war er sogar nahe daran, seinen jüngern Sohn zum Zaren von Rußland zu erheben. Diese Kriege endete nach seinem Tode, 1611, glücklich sein großer Sohn Gustav II. Adolf. Mit der Sicherheit des Reichs suchte dieser die Beschützung der prot. Lehre zu verbinden. Auf die Bekämpfung Polens und Rußlands verwendete er die ersten 19 Jahre seiner Regierung. Nachdem er sich gegen Polen, Russen und auch gegen die feindlichen Dänen siegreich behauptet und S. zur ersten nordischen Macht erhoben hatte, begann er im Dreißigjährigen Krieg (s. d.) den Kampf mit der habsburg. Macht, die in Deutschland den Protestantismus zu unterdrücken drohte. Sein Siegeslauf, der ihm die Führung in Deutschland in die Hand legte, endete durch seinen Tod, den er 6. (16.) Nov. 1632 zu Lützen fand. Auch in den innern Verhältnissen des Reichs war seine Thätigkeit von anhaltender Wirkung. Gustav Adolf errichtete Kollegien, Gymnasien, die Universität zu Dorpat, schenkte der zu Upsala alle seine Familiengüter, belebte den Bergbau und den Handel u. s. w. Die Aristokratie bildete sich durch die im Kriege erlangte Stellung sowie durch die in Deutschland gewonnenen Reichtümer zu einer überwiegenden Macht im Staate aus. Noch mehr geschah dies, als die minderjährige Königin Christine ihrem Vater auf den Thron folgte, unter einer vormundschaftlichen Regierung, an deren Spitze Axel Oxenstjerna stand. Als Christine 1644 die Regierung selbst übernahm, umgab sie sich mit einem glänzenden Hofstaat und leistete dem Adel durch Schenkungen der Domänen u. s. w. noch weitern Vorschub. Torstensons Siege hatten 1645 den Frieden zu Brömsebro zur Folge, in dem Dänemark an S. Jämtland und Herjeådalen nebst den Inseln Gottland und Ösel, Halland aber auf 30 Jahre überließ und die Befreiung der schwed. Schiffe vom Sundzoll bewilligte. Durch den Westfälischen Frieden erwarb S. die deutschen Herzogtümer Bremen, Verden, Vorpommern, einen Teil Hinterpommerns und Wismar nebst der deutschen Reichsstandschaft.

Die Neigung zum Katholicismus sowie innere Schwierigkeiten im Reich bewogen die Königin Christine 1654, die Regierung an ihren Vetter, den Pfalzgrafen von Zweibrücken, abzutreten, der unter dem Namen Karl X. (s. d.) Gustav den Thron bestieg. Seine kühnen Unternehmungen gegen Polen, Rußland und Dänemark setzten die Welt in Erstaunen (s. Schwedisch-Polnisch-Brandenburgisch-Dänischer Krieg von 1655 bis 1660), und seine Eroberungen von letzterm Reiche sind die einzigen, die S. noch geblieben sind. Er starb 1660, und ihm folgte sein unmündiger Sohn Karl XI. (s. d.). Die Regierung übernahmen die verwitwete Königin Hedwig Eleonore und die fünf höchsten Reichsbeamten nebst dem Reichsrat. Karl Gustav hatte im Roeskilder Frieden mit Dänemark (1658) Throndhjem und Bornholm, Blekinge, Schonen, Halland und Bohuslän erworben. Die vormundschaftliche Regierung schloß 1660 mit Polen den Frieden zu Oliva, wodurch ganz Livland bis zur Düna bei S. verblieb, mit Dänemark den zu Kopenhagen, in dem sie Throndhjem und Bornholm zurückgab, und 1661 auf der Grundlage des Stolbowaer Friedens einen Vergleich mit Rußland. Durch die Hoffnung auf große Subsidien ließen sich die Vormünder 1672 zu einem Bündnis mit Ludwig XIV. von Frankreich verleiten, wodurch S. sich bald in unglückliche Kriege gegen Dänemark, Brandenburg und andere Mächte verwickelt sah. Doch verlor S. im Frieden von St. Germain und Lund 1679 nur den größten Teil seiner pommerschen Besitzungen jenseit der Oder. Die Finanzen des Staates waren durch die Schuld der vormundschaftlichen Regierung in eine sehr schlechte Lage geraten; die Einkünfte reichten nicht mehr hin zur Bestreitung der Ausgaben. Darum fand jetzt endlich das Verlangen des Volks nach einer Zurücknahme (Reduktion) der der Krone entrissenen Güter Gehör, die aber durch die Art, wie man sie ausführte, ungerecht und verhaßt wurde. Durch Gustav Wasas Reduktion waren ungefähr 12000 Hufen, welche die Geistlichen sich zu verschaffen gewußt hatten, wieder an das Reich gekommen, durch die, welche Karl XI. 1680 vornahm, gewann der Staat 15 Grafschaften, 26 Baronien und eine große Menge adliger Güter und Kronhufen, die der Adel seit Erich XIV. teils als Geschenke, teils angeblich käuflich an sich gebracht hatte. S. war seit Gustavs I. Tode, 119 Jahre, in beinahe unaufhörliche Kriege verwickelt gewesen; jetzt bedürfte und erhielt es Ruhe, die Karl XI. zur bessern Entwicklung der innern Verhältnisse, zur Reformierung der Verwaltung und zur Neuschaffung des Heers und der Flotte benutzte. Unter seinem Sohne und Nachfolger Karl XII. (s. d.), 1697-1718, begann der Nordische Krieg (s. d.), der, trotz anfänglicher glänzender Erfolge, die Nation von der Großmachtstellung herabstürzte, auf die sie Gustav Adolf erhoben hatte. Im Frieden zu Stockholm mußte S. 1719 Bremen und Verden an Hannover und 1720 Stettin und Vorpommern bis an die Peene an Preußen, im Nystader Frieden