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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Schwerin (an der Warthe) - Schwerin (Kurt Christoph, Graf von)
sich auf Eisengießerei, Maschinen- und Wagenbau-
anstalten sowie Fabrikation von Cement, Farben
und Firnis, Seife, Musikinstrumenten, Möbeln,
Kachelöfen und Korkwaren. Bedeutend ist die Tisch-
lerei, ferner Ziegeleien und Sägewerke. S. ist Sitz
der Unfallversicherung der land- und forstwirtschaft-
lichen Arbeiter des Grohherzogtums Mecklenburg-
Schwerin. Die Umgebung der Stadt ist durch die
Seen landschaftlich sehr fchön, besonders durch den
Schloßgarten, der sich weithin erstreckt, und dessen
ältester Teil 1708 von Herzog Wilhelm im franz.
Stil angelegt ist. S. ist ein uralter Ort und wurde
1161 von Heinrich dem Löwen erobert und 1166
zur Stadt erhoben. - Vgl. Beschreibung von S.
(Wism. 1857); Fromm, Chronik der Haupt- und
Residenzstadt S. (Schwer. 1863); Führer durch S.
und Umgebung (ebd. 1875); Wörls Führer durch
S. (2. Aufl., Würzb. 1888); Quade, Chronik der
Haupt- und Residenzstadt S. (Schwer. 1892).
Schwerin an der Warthe. 1) Kreis im preuß.
Reg.-Vez. Posen, hat 650,69 ci^m und (1890) 22355
(10^662 männl., 11693 weibl.) E., 2 Städte, 40 Land-
gemeinden und 21 Gutsbezirke. - 2) Kreisstadt
im Kreis S., am Einfluß der Obra in die Warthe
und an der Nebenlinie Bentschcn-Meseritz (im Bau)
der Preuß. Staatsbahnen, Sitz des Landratsamtes
und eines Amtsgerichts (Landgerickt Meseritz), hat
(1890) 6560 E., darunter 2421 Katholiken und 243
Isracliten, Postamt erster Klasse, evang. und kath.
Kirche, Synagoge, höhere Knabenschule; Fabriken
für Cigarren und Stärke, Dampfmahl- und Säge-
mühle, Ackerbau, Viehzucht, Handel und Schiffahrt.
Schwerin, eins der ältesten Adelsgcfchlechter
Pommerns, hatte schon im 12. Jahrh, im Mecklen-
burgischen geblüht, wo es im Anfang des 16. Jahrh,
auöstarb. Von Pommern aus verbreitete es sich nach
Mecklenburg, der Mark, Preußen, Polen, Schweden,
Kurland und Bayern. Gegenwärtig blühen zwölf
verschiedene Linien: vier gräfliche in Preußen, zwei
gräfliche (zu Huvbn, seit 1766, und zu Stegeberg, seit
1776) und eine (seit 1778) frciberrliche in Schweden,
eine (seit 1813) freiherrliche in Bay crn und vier Linien
im einfachen Adelsstande, darunter die Linie Reh-
berg; soweit indessen die Mitglieder der letztgenann-
ten Linie Besitzer des gräfl. Zicten-Schwerinschen
Fide'ikommisses sind, führen sie seit 1859 den Namen
Orasen von Zieten-Schwerin. Als gemein-
samer Abnherr der in Deutschland bestehenden gräfl.
Häuser ist Hans von S. (gest. gegen 1556) anzu-
sehen. Dessen Urenkel Otto vonS. (geb. 8. März
1616, gest. 4. Nov. 1679) zeichnete sich in kurbran-
denb. Staatsdiensten aus, wurde 1648 in den
Reichsfreiherrenstand erhoben, 1654 mit dem Erb-
kämmereramt der Kurmark Brandenburg beliehen
und stand seit 1658 als Oberpräsidcnt an der Spitze
der gesamten Verwaltung des brandend.-preuß.
Staates und Hofs. Als vertrauter Freund des
Großen Kurfürsten und seiner Gemahlin, leitete S.
auch die Erziehung der beiden ältesten Prinzen
Karl Emil und Friedrich. Sein Sohn Freiherr
Otto vonS. (geb. 1615, gest. 1705) wurde als kur-
brandenb. Geh. Staatsministcr 1700 zum Reichs-
grafen erhoben. Von seinen beiden Söhnen stiftete
Graf Friedrich Wilhelm von S. (geb. 1678,
gest. 1727) als Geh. Staatsrat und Oberhofmeister
der K önigin von Preußen die Linie Walsleben und
Wildenh^fs, deren gegenwärtiges Haupt Graf
Otto von ^. ist, geb. 19. Febr. 1855, Majoratsherr
der Herrschaften Walsleben im Kreise Ruppin und
Wildenhoss im Kreife Preußisch - Enlau, und Graf
Otto von S. (geb. 1684, gest. 1755) die Linie zu
Wolfshagen in der Mark und Mecklenburg, an
deren Spitze jetzt Graf Otto, geb. 26. Aug. 1822,
steht. Die Linie zu Schwerinsburg in Pom-
mern wurde von Hans Bogislaw von S., einem
Nachkommen Christophs, des ältesten Sohnes des
obenerwähnten Hans von S., gestiftet. Hans Bogi-
slaw von S. (geb. 10. Juni 1683, gest. 23. Aug.
1747), Geh. Oberfinanzrat, OberforstmePn der Kur-
mark und Landjügermeifter, fowie der berübmte
Feldmarfchall Kurt Christoph von Schwerin (s. d.)
wurden 1740 von Friedrich II. in den Grafenstand
erhoben und ihnen 1741 die Erbküchenmeisterwürde
von Altvorpommern, die feit 1853 mit dem Besitz
von Schwcrinsburg verknüpft ist, erneuert und be-
stätigt. Ein Urenkel Hans Bogislaws war Graf
Maximilian von Schwerin (s. d.). Der Sohn Hans
Bogiflaws, Graf Wilhelm Friedrich Karl von
S. (geb. 11. Dez. 1739, gest. 17. Aug. 1802), wurde
als Adjutant des Königs in der Schlacht bei Zorn-
dorf von den Russen gefangen und nach Petersburg
geführt. Bei der Thronbesteigung Peters III. 1762
wurde er zu diesem geschickt, um ihn zum Frieden
zu bewegen. 1795 führte er als Generallieutenant
die preuß. Truppen gegen Polen, wurde aber überall
gefchlagen und deshalb kriegsgerichtlich zum Ver-
lust seines Regiments und einjähriger Gefangen-
fchaft verurteilt. Als Friedrich Wilhelm III. zur Re-
gierung gelangte, fuchte S. vergeblich um Revision
seines Prozesses nach. - Die Linie zu Wendisch-
Wilmersdorf (eine ältere, von Preußen 1762 ge-
grafte, war bereits 1789 wieder erlofchen) wurde
durch Henning Bernd, einen Nachkommen von Hen-
ning, dem zweiten Sohne des obenerwähnten Ahn-
herrn Hans, gestiftet und erlangte 2. Jan. 1787 den
preuß. Grafenstand. Haupt diefer Linie ist jetzt
Friedrich Graf von S., geb. 16. Mai 1856, Erb-
berr auf Wendisch-Wilmersdorf im Kreise Teltow.
Einem jüngern Zweige diefer Linie steht das Fide'i-
kommiß Vohrau in Schlesien zu. - Vgl. Gollmert,
Wilhelm und Leonhard von S., Geschichte des Ge-
schlechts von S. (3 Bde., Verl. 1878); Schwebet,
Die Herren und Grafen von S. (ebd. 1885).
Schwerin, Kurt Christoph, Graf von, preuß.
Generalfeldmarfchall, geb. 26. Okt. 1684 zu Löwitz
bei Anklam, trat 1700 als Fähnrich in Holland.
Dienste und focht in den Schlachten von Ramillics
und Malplaquet. Er nahm 1706 mecklenb. Dienste,
stieg 1708 zum Obersten auf und wurde 1711 mit
geheimen Aufträgen an Karl XII. nach Bender ge-
schickt, wo er sich ein volles Jahr aufhielt. Nach
seiner Rückkehr ernannte ihn der Herzog 1718 zum
Generalmajor. Als solcher schlug er 1719 das kayerl.
Kommissionshecr (13 000 Hannoveraner), das die
Streitigkeiten zwischen dem Herzog und seinen Land-
ständcn beilegen sollte. Als aber ein Teil von Vor-
pommern, wo S.s Güter lagen, an Preußen fiel,
trat er 1720 in preuß. Dienste. Friedrich Wilhelm I.
ernannte ihn 1730 zum Gouverneur von Peitz und
1731 zum Generallieutenant und schenkte ihm sein
besonderes Vertrauen bei Beratung aller militär.
Angelegenheiten. 1739 wurde er zum General der
Infanterie befördert. Bei der Thronbesteigung
Friedrichs II. zum Feldmarfchall und in den Grafen-
stand erhoben, gewann er im ersten Schlesischen
Kriege durch kräftigen Angriff nock die fast schon
verlorene Schlacht bei Mollwitz (10. April 1741).
Nach dem Frieden ernannte ihn Friedrich zum Gou-