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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Seiches; Seid; Seida; Seidau; Seide

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Seiches - Seide

miteinander einschließen und dessen Scheitel im Auge nahe der hintern Grenzfläche der Linse liegt. Je kleiner der Gegenstand ist oder je weiter er vom Auge absteht, desto kleiner wird der S. Dieser bestimmt also nur die scheinbare Größe der Gegenstände, während zur Angabe ihrer wahren Größe auch ihre Entfernung von: Auge erforderlich ist. Der S. darf nicht unter eine gewisse Größe sinken, wenn das Objekt noch sichtbar sein soll. (S. Grenzen der Sichtbarkeit.)

Seiches (frz., spr. ßäsch), s. Genfer See.

Seid, eigentlich Sejjid (arab., "Herr"), mit dem Suffix der ersten Person Sejjidi, vulgär Sidi, in mohammed. Ländern die für selbständige Männer gebrauchte Anrede. Besonders nennt man S. Leute, die ihren Stammbaum auf den Propheten zurückführen. (S. Scherif.)

Seid, Stifter der Seiditen (s. d.).

Seida, Stadt in Syrien, s. Saida.

Seidau, Dorf bei Bautzen (s.d., Bd. 2, S. 545a).

Seide, der glänzende, feine und weiche, dabei außerordentlich feste Faden, den die Raupe des Seidenspinners erzeugt, indem sie sich zur Verpuppung einspinnt (s. Seidenraupe und Tafel: Seidenraupe und Seidenzucht). Nach vollendetem Wachstum treibt die Raupe vor der Verpuppung aus zwei auf der Unterlippe jederseits mit je einer Öffnung mündenden Spinndrüsen ein Sekret heraus, welches, an der Luft erstarrend, zwei sich miteinander vereinigende Fäden bildet (eine Abbildung derselben s. Gespinstfasern, Fig. 5). Aus dem so entstandenen Faden, der hauptsächlich aus Fibroin (s. d.) besteht, bildet sie eine dichte, eiförmige, zuweilen mehr walzenförmige Hülle, Cocon oder Galette. Die Gesamtlänge des Fadens, aus dem dieses Gespinst zusammengesetzt ist, beträgt über 3000 m, die nutzbare Fadenlänge jedoch nur 3-600, in seltenen Fällen bis zu 900 m, da weder das äußere Fadengewirr noch der innerste pergamentartige Teil zur Herstellung guter S. verwendbar ist. Nachdem die Puppen in den Cocons (s. Fig. 16 der genannten Tafel) getötet sind, werden die letztern sortiert. Die festesten, seidenreichsten der zum Abhaspeln tauglichen Cocons liefern das stärkste und schönste Material, die Organsin- oder Orsoyseide, aus welcher meist die Kette der seidenen Gewebe hergestellt wird (Kettenseide); aus den von mittlerer Güte wird die Trama- oder Einschlagseide, aus den geringsten die Pelseide gewonnen. Die sog. Doppelcocons (Fig. 15), in denen zwei Raupen sich gemeinschaftlich eingesponnen haben, deren Fäden durcheinander gewirrt liegen, ferner die Cocons, welche infolge der Fäulnis der in ihnen gestorbenen Puppe braune Flecke zeigen, diejenigen, welche bei der Aufbewahrung schimmlig geworden, von Insekten angefressen oder sonst schadhaft sind, sowie die von dem ausgeschlüpften Schmetterling durchbohrten (nicht durchbissenen) Cocons (Fig. 19), endlich die Choquettes, d. h. die Cocons kranker Raupen, sind für bessere Fabrikate nicht zu verwenden. Der einfache Coconfaden von 0,013 bis 0,026 mm Dicke und von weißer bis hochgelber Farbe, von dem 2570-3650 m ein Gramm wiegen, ist infolge seiner Zusammensetzung aus zwei runden Fäden nicht völlig kreiscylindrisch, sondern merklich abgeplattet; derselbe läßt sich, angespannt, um 15-20 Proz. seiner natürlichen Länge ausdehnen. Die Reißlänge beträgt im Mittel 32 km. Um die die Fadenwindungen des Cocons verklebende leimartige Substanz aufzuweichen, legt man dieselben in heißes Wasser, worauf man sie mittels Reisigbesen umrührt und schlägt, so daß die lockern äußern Windungen mit dem Fadenanfang an den Besen hängen bleiben; statt der letztern werden nach neuern Verfahren mechanisch bewegte Bürsten angewendet. Die hängen gebliebene Fadenmasse bildet die Florett- oder Flockseide, Bassinat, Bourrette oder Frison (ital. Bavella, verdeutscht Basel), die mit den übrigen Abfällen zu Florettgarnen verarbeitet wird. Die von der Florettseide befreiten Cocons (Fig. 17), deren Fadenanfang gefunden ist, bringt man in einen am Haspel befindlichen Trog mit warmem Wasser, worin sie während des Abwickelns schwimmen.

Die Arbeit des Haspelns (öfters, obwohl unrichtig, Spinnen genannt) geschieht auf der in der nachstehenden Abbildung veranschaulichten Maschine, der Seidenhaspel. Durch das Glasauge b ^[img] geführt, vereinigen sich die Fäden der in dem Trog a schwimmenden Cocons (nach der Art der herzustellenden S. je 3-20) zu den Fäden cc, die sich kreuzen, worauf sie, durch die Glasaugen d geleitet, zu dem Laufstock i gelangen, dessen schwingende Bewegung die schraubenförmige Aufwicklung des Fadens auf den Haspel k bewirkt; der letztere erhält seinen Antrieb von einer Riemenscheibe und ist zur Regulierung der Umdrehungsgeschwindigkeit mit Ausrückung und Bremse versehen. Die bis zur Puppe (Fig. 18) abgehaspelte S. heißt Rohseide oder nach dem ital. grezza Grezseide (frz. Grège). Für die meisten Verwendungsarten, wie die Weberei, Strumpfwirkerei, Spitzenfabrikation, Posamentierarbeit, zum Stricken, Sticken, Häkeln u. s. w., muß die S. gezwirnt, d. h. es müssen zwei oder mehr Fäden durch Zusammendrehen vereinigt werden; aber auch in solchen Fällen, wo einfache Rohseidenfäden zur Verwendung kommen, erhalten diese eine mehr oder minder starke Drehung, wodurch sie an Rundung, Zusammenhang und Dichtigkeit gewinnen. Da nämlich in der Rohseide die Coconfäden gerade ausgestreckt nebeneinander liegen, nur zusammengehalten durch ihren natürlichen Klebstoff, welcher bei dem später stattfindenden Kochen oder Entschälen der S. (s. unten) aufgelöst und entfernt wird, so würde alsdann ohne vorgängige Drehung der Faden sich in lauter lose Fädchen spalten und somit unbrauchbar werden. Das Zwirnen, Filieren oder Moulinieren der S. zerfällt in die Operationen des Spulens, Drehens, Doublierens und Zwirnens im eigentlichen Sinne. Die erste derselben, das Abwinden der Rohseidensträhne auf hölzerne Spulen,