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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Seminar für orientalische Sprachen - Seminolen
ten Hälfte des 17. Jahrh., hauptsachlich angeregt
durch Ratichs und Comcnius' Ideen, nach denen
das Unterrichten als eine Kunst erscheint, die ge-
lernt werden muß. Doch erst durch die Pietisten und
Philanthropinistensind dieselbenverwirklickt worden.
Francke und Basedow bildeten sich ibre Lebrer zu-
nächst selbst aus. 1701 errichtete König Friedrich I.
ein S. bei dem Waisenbause zu Königsberg, und
einem Schüler Franckes, Christian Schienemeier, der
1732 das Waisenhaus auf der Lastadie bei Stettin
gründete, wurde durch Kabinettsbefehl zur Pflicht
gemacht, "ein Seminarium dabei einzurichten, aus
welchem man geschickte Schulmeister und Küster ent-
nehmen könne". Ebenso wurde 1736 mit der Waisen-
anstalt im Kloster zu Bergen ein S. verbunden.
Ferner entstanden im 18. Jahrh. S. zu Rudolstadt
(1747), Berlin (1748, von Decker gegründet und mit
der Realschule verbunden), Hannover (1751), Wolfcn-
büttel (1753), Vreslau (ein katholisches 1765 und
ein evangelisches 1767), Karlsruhe (1768), Minden
(1776), desgleichen in Halbcrstadt, Cassel, Cöthcn,
Stettin, Dresden, Altenburg u. a., die jedoch viel-
fach nur Anhängsel an Gymnasien, Realschulen
u. s. w. waren. Erst nach und nach erhoben sich ver-
schiedene derselben zu selbständigen, mit Übungs-
schulen verbundenen Anstalten, neben denen jedoch
noch immer eine Vorbildung von Lehrern durch
einzelne Lehrer und Geistliche in sog. Normalschulen
ls. d.) nötig war. Für die Hebung der S. haben be-
sonders Felbiger durch die mustergültigen Einrich-
tungen in Sagan, Deuter in Friedrichsstadt-Dres-
den, Zerrenner in Magdeburg, Harnism in Weihen-
fels, Diesterweg in Mors (1820) und Berlin (1832
-17) beigetragen. Die Zahl der vom Staate unter-
haltenen S. beträgt gegenwärtig in Deutschland 200,
wovon aus Preußen 115 mit nahezu 10000 Semi-
naristen kommen. Dazu sind in neuester Zeit noch
eine Anzahl Lehrerinnenseminare (in Preußen
9 öffentliche und 25 private) gekommen.
Die S. sind teils reine Ertcrnate (besonders in
Österreich, Italien, Schweden), teils Internate, teils
gemischte Anstalten. Darüber, welche Einrichtung
die empfehlenswertere sei, sind die Ansichten geteilt;
jedenfalls kommen dabei die Umstände in jedem ein-
zelnen Falle in Betracht. Die Dauer des Seminar-
kursus ist verschieden; in Sachsen betrügt sie 6, in
Preußen (ohne den Präparandenkursus) 3 Jahre.
Schon deshalb müssen auch die Lehrplüne verschie-
den sein. In Preußen wurde das Ziel der Seminar-
bildung durch das erste der drei Regulative des
Ministers von Raumer vom 1. Okt. 1851 sehr ein-
geschränkt; die Allgemeinen Bestimmungen vom
15. Okt. 1872 haben hierin wieder das rechte Maß
gefunden. In Bayern sind im Normativ für Bil-
dung der Schullchrer vom 29. Sept. 1866 mit Zu-
satz vom 7. Sept. 1886, in Sacksen im Gesetz vom
22. Aug. 1873, in Österreich im Organisationsstantt
vom 31. Juli 1886 genauere Bestimmungen über
die Organisation der S. enthalten. Im allgemeinen
ist jetzt überall die Ansicht durchgcdrungen, daß die
Ausbildung, welche die S. gewähren, teils allge-
mein wissenschaftlich, teils theoretisckchadagogisch,
teils praktisch sein muß. Wegen der letztern ist es
notwendig, daß mit jedem S. eine Übungsschule
verbunden ist. Ebenso bricht sich der Gedanke mcbr
und mehr Bahn, daß auch die Vorbereitung zum
hohem Schulamt neben einer wissenschaftlichen eine
praktische sein müsse; neben der vorbereitenden
Thätigkeit der Probejahre steht die Wirkung päda-
gogischer S., die an einzelnen nichtpreuß. Hoch-
schulen entstanden sind (so in Jena, Leipzig,
Gießen u. a.), in Preußen sich (im ganzen 12)
als königl. pädagogische S. in Univcrsitäts- und
andern Städten finden, während infolge der Mini-
sterialverfügung vom 15. März 1890 35 päda-
gogische S. auch in Verbindung mit Gymnasien
und Realgymnasien und unter Leitung der betreffen-
Direktoren zur Ausbildung der Schulamtskandida-
ten gegründet worden sind. - Vgl. Schneider und
Bremen, Das Volksschulwesen des preuß. Staates
(3 Bde., Verl. 1886-87); Sanders' Artikel Volks-
schullehrerseminar in der "Encyklopädie des ge-
samten Erziehungs- und Unterrichtswesens", von
K. A. Schmid und W. Schrader, Bd. 10 (2. Aufl.,
Lpz.1888); Deutsche Echulgesetzsammlung (hg. von
Scdillmann, Nerl. 1872, von Keller begonnen);
Brzoska, Die Notwendigkeit pädagogischer S. auf
der Universität (neu hg. von Rein, Lpz. 1887); P.
Voß, Die Pädagogische Vorbildung zum hohem
Lebramt in Preußen und Sachsen (1889).
Seminar für orientalische Sprachen, eine
27. Okt. 1887 eröffnete, der Berliner Universität
angegliederte und der gemeinsamen Verwaltung
des preuß. Unterrichtsministeriums und des deut-
schen Reichskanzleramtes unterstehende Lehranstalt,
deren jährliche Unterhaltungskosten zur Hälfte vom
Reichstag, zur Hälfte vom preuß. Landtag bewilligt
werden. Aufgabe des Seminars ist, junge Juristen
für den Dolmetscherdienst bei den kaiserl. Botschaf-
ten, Gesandtschaften und Konsulaten in orient. Län-
dern vorzubereiten, außerdem auch allen Kolonial-
dienst-Aspiranten, Offizieren, Missionaren, Tech-
nikern, Ärzten, Kaufleuten u. s. w. den nötigen Un-
terricht als Vorbereitung für eine Bethätigung in
afiat. und afrik. Ländern zu gewähren. Die im
Seminar gelehrten Sprachen sind: Chinesisch, Ia-
paniscb, Hindustani, Guzerati, Arabisch, Persisch,
Türtisch, Suaheli, Russisch und Neugriechisch. Außer-
dem werden auch die Realien der betreffenden Sprach-
gebiete, insbesondere Religion, Sitten und Ge-
bräuche, Geographie, Statistik, neuere Geschichte,
tropische Hygieine u. s. w. behandelt. In dem sprach-
lichen Unterricht Wirten immer je zwei Docenten,
ein deutscher Lehrer und ein einheimischer Lektor,
zusammen. 1889 wurde eine Diplomprüfung einge-
führt. Diejenigen jungen Juristen, welche diese Prü-
fung sowie die Rcferendarprüfung bestanden haben,
können sich an den Reichskanzler mit einer Bitte um
Anstellung im Dolmetscherdienst wenden. Die Dauer
des Studiums beträgt im Durchschnitt 2-3 Jahre.
Direktor der Anstalt'ist Professor Sachau.
Seminolen (eigentlich Simanole, d.h.Flücht-
linge), eins der sog. Floridavölker in Nordamerika,
ein Zweig des Maskokistammes, hatten ihre Wohn-
sitze am (5hattahootcheeflusse in Georgiaund gehörten
zu der Konföderation der Creek (s. d.). Infolge von
Streitigkeiten trennten sich die S. vom Hauptsramme
und ließen sich von 1750 an in Florida nieder. Die
letzten Überreste der in Georgia Zurückgebliebenen
solgten 1808 nach. Die Oberherrschaft der Ver-
einigten Staaten von Amerika erkannten sie nur
widerwillig 1823 an. 1832 sollten sie in das In-
dianergebiet westlich vom Mississippi verpflanzt
werden, widersetzten sich aber und führten uuter
Oseeola 1835-42 einen grausamen Grenzkrieg. Sie
unterlagen schließlich und wurden von 1839 an ins
Indiancrgebiet geschafft. In Florida blieben nur
wenige Hunderte, welche aber 1858 auch über den