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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Semissis - Semler
445082 Rubel Produktion, darunter 12 Vier- und
Branntweinbrennereien, 42 Gerbereien, 31 Ölmüh-
len. Das 1867 errichtete Gebiet zerfällt in sechs Kreise:
Dscharkcnt, Prschewalsk (Karakol), Kopal, Sergiopol,
Pisckpek und Wjernyj. Die Hauptstadt ist Wjernyj.
3eini38is, ursprünglich rö'm. Kupfermünze,
welche die Hälfte des As (s. d.) gleick sechs Unzen
betrug, später, seit Kaiser Konstantin (330), die
Hälfte des Goldsolidus (s. d.).
Semitische Schrift, s. Schrift.
Semitische Sprachen und Völker, eine Reihe
von ursprünglich Vorderasiat. Sprachen und Völkern,
die zum Teil heute noch leben, zum Teil aber sckon
seit Jahrhunderten und Jahrtausenden ausgestorben
sind. Durch Eroberung und Kolonisation sind sie
dauernd oder vorübergehend auch auf Teile Afrikas
und Europas ausgebreitet worden. Der seit Ende
des vorigen Jahrhunderts in die Wissenschaft ein-
geführte Name "semitisch" rührt daher, daß die
1 Mos. 10,21 fg. als Nachkommen Sems genannten
alten Völker im großen und ganzen mit den jene
Sprachen redenden Völkern zusammenfallen. Die
femit. Sprachen bilden unter sich ein abgeschlossenes
gencaiog. Ganzes, einen besondern Sprachstamm,
ebenso wie z. V. die indogerman. Sprachen unter
sich einen solchen bilden.
Das charakteristische Kennzeichen der semit. Spra-
chen ist der sog. Trilitteralismus, d. b. die Eigen-
tümlichkeit, daß die Begriffswurzeln (s. Wurzel ^in
der Sprachwissenschaft^) aus drei Konsonanten be-
stehen. Nur in den drei Konsonanten ruht die Be-
deutung , die begleitenden Vokale sind für die Be-
deutung der Wurzel selbst ganz gleichgültig. Wäh-
rend also im Deutschen z. B. in laben, leben, loben
der Vokal für die Bcdentung der Wurzel sebr in Be-
tracht kommt, so ist es in den semit. Sprachen ganz
gleich, ob man inaiak, mKlik, malk. mßwk oder
anders spreche, immer enthält die Konsonantensolge
m - 1 - K nur den Begriff "besitzen, herrschen",
durch die Veränderung der Vokale werden von die-
sem Begriff nur verschiedene Redeteile ausgeprägt:
herrschte, herrfchend, Herrscher, herrschen. Bei dcm
fundamentalen Gegensatz der semit. Wurzeln zu
denen anderer Sprachstämme scheint zunächst jede
verwandtschaftliche Anknüpfung der femit. Sprachen
an andere durchaus ausgeschlossen und undenkbar.
Indes bricht sich die Überzeugung immer mehr Vabn,
daß der eben geschilderte Zustand kein ursprünglicher
ist. Man kann vielmehr unter der jetzt zu Tage liegen-
den Schicht der dreikonsonantigen Wurzeln deutlich
eine ältere Schicht von kürzern Wurzeln erkennen,
die von denen anderer Sprachstämme nicht princi-
piell verschieden waren. Aus diesen vorsemit. Wur-
zeln hat sich sicher erst der eigentümliche semit. Tri-
littcralismus entwickelt. Es ist somit die Möglich-
keit nicht von vornherein ausgeschlossen, verwandt-
schaftliche Beziehungen zwischen den semit. Sprachen
und andern ^prachstämmen nachzuweisen. Nament-
lich scheint es, als ob die Hamitischcn Sprachen (s. d.)
den semitischen besonders nahestünden, denn die per-
sönlichen Fürwörter, dieFlexionszusüftc und Stamm-
bildungsmittel beim Verbum, das Zeichen des Fe-
mininums sind in beiden Cprachstämmen fast gleich.
1) Das Ostsemitische, enthalten in der Sprache
der assyrischen und babylonischen Keil-
inschriften (s. Vabylonien, Bd. 2, S. 233^); es
scheint zu Christi Zeit bereits vollständig ausge-
storben zu sein.
2) Das Nordsemitischc (Aramäische, s.Aramäa).
3) Das Mittelsemitische oder Kauaaniiische.
Hierber gehören nur die Sprachen des vom Ara-
mäischen ursprünglich nicht eingenommenen syr.
Küstenstreifens am Mittelländischen Meer, d.h. das
Hebräische (f. Hebräische Sprache) und Phöni-
ziscke (s. Phönizien).
4) Das Südsemitische. Hierher gehört a. in
erster Linie die arabische Sprache (s. Arabische
Sprache und Litteratur); d. die südarabischen
Dialekte. Sie sind uns erhalten in der Sprache der
zahlreickcn himjarischen, sabäischcn und minäischen
Inschriften (f. Himjariten); heutzutage haben sich
nnr an einigen Stellen der Südküste geringe Reste
der südarab. Sprache erhalten; c. die sog. äthio-
pische oder Geez spräche (s. Atbiopische Sprache,
Schrift und Litteratur). - Vgl. Th. Nöldeke, Die
femit. Sprachen (Lpz. 1887).
Semitismus, Bezeichnung für das ausschließ-
lich vom etbnolog. Standpunkt aus betrachtete
Judentum. Der S. begreift daher nur die Iuden-
schaft als Volksstamm, aber nicht auch als Glaubens-
gcnossenscbaft, wie dies beiderVezcichnung Juden-
tum der Fall ist, während Mosaismus sich vor-
zugsweise auf die religiösen und religiös-polit. Ver-
hältnisse bezieht (s. Antisemitismus).
Semitist, Sprachforscher auf dem Gebiete der
semit. Sprachen (s. Semitische Sprachen und Völker).
Semj, Fluß in Rußland, s. Sejm.
Semkenfahrt, Moorkanal, s. Tabelle beim Ar-
tikel Fehn- und Moorkolonien (Bd. 6, S. 629).
Semler, Joh. Ealomo, einer der Begründer der
neuern kritischen Theologie, geb. 18. Dez. 1725 zu
Saalfeld, studierte in Halle, wurde 1751 Professor der
Geschichte in Altdorf und 1752 Professor der Theo-
logie in Halle und starb daselbst 14. März 1791.
S. war mebr Kritiker und Sammler als Systema-
tiker. Betreffs des Alten Testaments versuchte er
zuerst eine Feststellung des Textes durch rationelle
Klassifikation der Handschriften und forderte eine
histor.-kritische Beurteilung des Kanons. Betreffs
des Neuen Testaments sprach S. den später von
der Tübinger Schnle ausgeführten Gedanken ans,
daß die Entstcbung der neutestamentlichen Schrif-
ten aus dem Wechselverhültnis der verfchiedenen
urchristl. Parteien zu erklären sei, und forderte die
bistor. Auslegung derselben. In der Kirchengeschichte
wies S. hin anf die Unterscheidung des überall
gleichen, ewig bleibenden religiösen Gehalts und
der wechselnden lokalen Einkleidung; jedoch bleiben
ihm für die Beurteilung früherer Jahrhunderte und
Personen die Verhältnisse der eigenen Zeit allzusehr
Maßstab: für Erscheinungen wie das Mönchtum
und die Mystik fehlt ihm das Verständnis.
Unter S.s Schriften sind anzuführen: "kommen-
wtio äs äÄemoniacis" (Halle 1760; 4. Aufl. 1779),
"Umständliche Untersuchung der dämonischen Leute"
scbd. 1762) und "Versuch emer biblischen Dämono-
logie" (ebd. 1776), "Zßißcta, c^Ma liistoi'iao sccie-
8ia8tica6" (3 Bde., ebd. 1767-69), die unvollende-
ten "(^0mm6ntai ii Iiigtorici (16 anti^uo ckr^tiHno-
runi 5ww" (2 Bde., ebd. 1771-72), "Abhandlung
von freyer Untersuchung des Kanons" (4 Bde.,
ebd. 1771 - 75), "Versnch christl. Jahrbücher oder
ausführliche Tabellen über die Kirchengeschichte bis
aufs I. 1500" (2 Bde., ebd. 1783 - 86), "0d-
86lVati0N68 N0VÄ6, HuiIiU8 1i18t01'iü, dn^tiÄIlOrUIII
U8HU6 kä ^0N3tantinuni ma^imin i1w8tr3.tur" (ebd.
1784). - Vgl. S.s Lebensbeschreibung von ihm